Freitag, 26. April 2024

Bundesverfassungsgericht macht Geheimdienstlern Kopfschmerzen

9. Juli 2022 | Kategorie: Nachrichten, Panorama

Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.
Foto: dts Nachrichtenagentur

Karlsruhe – Innenminister und Verfassungsschützer hadern mit den Konsequenzen eines Karlsruher Urteils.

Das Bundesverfassungsgericht hatte im April das bayerische Verfassungsschutzgesetz in weiten Teilen für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärt. Infolgedessen müssen nun auch in den anderen Ländern und im Bund die Gesetze angepasst werden, wie aus einem internen Bericht hervorgeht, über den der „Spiegel“ berichtet.

Eine nach dem Karlsruher Urteil eingesetzte Bund-Länder-Arbeitsgruppe hat den gut 130 Seiten langen Bericht vorgelegt. Darin räumen die Fachleute ein, bei manchen Fragen ratlos zu sein. Aus der Entscheidung ergäben sich „Herausforderungen von hoher Praxisrelevanz“, die „eher angerissen als abschließend geklärt scheinen“. Bei enger Auslegung des Urteils ergäben sich teils „massiv irritierende Ergebnisse“.

Manche Straftaten könnten nicht verfolgt werden

Demnach wäre es dem Verfassungsschutz nur dann erlaubt, die Strafverfolgungsbehörden einzuschalten, wenn es um besonders schwere Straftaten gehe. Dazu zähle nach dem gängigen Deliktkatalog aber keine gefährliche Körperverletzung, etwa ein Knüppelüberfall von Neonazis auf Asylbewerber. Auch Spionage für fremde Mächte wie Russland sei hiervon nicht abgedeckt.

Wenn die Dienste in diesen Fällen keine Daten an Polizei und Staatsanwaltschaft übermitteln dürften, käme das „einem faktischen Verzicht auf jegliche Strafverfolgung gleich“, heißt es in dem Bericht.

Hinweise auf ausländische Agenten kämen fast immer vom Verfassungsschutz. „Die wiederholt angemahnte bessere Zusammenarbeit deutscher Sicherheitsbehörden wird mit dem Urteil nicht einfacher“, sagte Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU), der aktuell Sprecher der unionsgeführten Länder in der Innenministerkonferenz ist.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hält es für problematisch, dass der Verfassungsschutz künftig nur noch bei einer konkreten Gefahr wie einem bevorstehenden Anschlag Informationen an die Polizei weitergeben darf. „Für uns macht es das schwieriger, weil man Menschen nur schwer in den Kopf schauen kann“, sagte er. Oft erkenne man die Gefahr, die von einer Person ausgehe, erst wenn man die Erkenntnisse aller Behörden nebeneinanderlege.

Nach dem Auffliegen der rechtsextremen Terrorzelle NSU 2011 sei es ein großes Anliegen gewesen, „dass Verfassungsschutz und Polizei ihre Zusammenarbeit intensivieren“, sagte Bayerns Verfassungsschutzchef Burkhard Körner. Nun sei man „gezwungen, einen Schritt zurückzutreten.“ (dts Nachrichtenagentur)

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