Neustadt. Einen Einblick in die Zeit des Zacharias Ursinus verschafft die Ausstellung „Ursinus und die Zeit der Reformation“ ab dem 14. April im Stadtmuseum Villa Böhm. Sie wurde in Zusammenarbeit mit der städtischen Abteilung „Archiv und Museum“ und dem Leiter des Religionspädagogischen Zentrums, Michael Landgraf, entwickelt. Zu sehen ist sie bis 26. Mai 2013.
Es gibt gleich mehrere Anlässe, diese Ausstellung der Öffentlichkeit zu präsentieren: Zum einen bekam die Stadt Neustadt für die Jahre 2013 bis 2017 die Auszeichnung „Reformationsstadt“ verliehen. Außerdem ist das Jahr 2013 als 430. Todesjahr von Zacharias Ursinus. Und zum Dritten will die Stadt Neustadt den 450. Jahrestag der Herausgabe des „Heidelberger Katechismus“ im Jubiläumsjahr feiern.
Zahlreiche in der Villa Böhm ausgestellte Originalschriften aus der Zeit der Reformation zeigen, wie der Neustadter Reformator wirkte, mit wem er zusammenarbeitete, welche Fragen er zu klären suchte und welche Bedeutung Neustadt als Druckort hatte.
Zu sehen sind bei Harnisch gedruckte Ausgaben seiner Vorgänger Martin Luther und Philipp Melanchthon, Johannes Calvin, Theodor Beza und Martin Bucer sowie seiner Heidelberger und Neustadter Kollegen. Darunter sind Schriften des ersten Dekans von Neustadt, Daniel Tossanus, sowie des Dogmatikprofessors Hieronymus Zanchi. Von einigen Professoren sind Porträts in Form von Kupferstichen ausgestellt.
Ein weiterer Schwerpunkt bilden Streitschriften der Zeit über Abendmahlslehre sowie um die Konkordienformel vom 1580, in der sich die Lutheraner untereinander einigten und Ursinus von Neustadt aus eine Gegenschrift verfasste.
Auch können die Neustadter Bibel und eine Gegenschrift bewundert werden. Sie zeigt, welche Bestürzung diese unter den Tübinger Theologen Jacob Andreä und Lukas Osiander hervorrief – und sie zu Äußerungen veranlasste, dass hier eine mit „des Teufels Kot beschmierte Bibel“ vorläge. Ergänzt wird der zeitgeschichtliche Rahmen durch Schriften über Johann Casimir, der zur Rettung der Reformierten nicht nur das Casimirianum schuf, sondern sich auch an Kriegszügen beteiligte. Die zeitgeschichtlichen Dokumente legen dar, welche hervorragende Stellung Neustadt damals als Hort reformierter Lehre in Europa innehatte.
Im Zentrum der Ausstellung stehen die Schriften des Zacharias Ursinus. Ein Höhepunkt ist ein handgeschriebener Brief mit der Unterschrift des Ursinus, der an einen Pfarrer in Emden gesandt wurde. Vom Heidelberger Katechismus werden eine kurze und eine längere Version gezeigt, wie auch der Genfer Katechismus von Johannes Calvin. Ein Nachdruck des Katechismus ist ebenso zu sehen, wie eine in Neustadt gedruckte Besonderheit: Der Heidelberger Katechismus in Reimen.
Da jeder Bürger Neustadts seit 1575 den Katechismus lernen musste, war diese bei Harnisch erschienene Reimausgabe eine große Hilfe. Nach dem Tod des Ursinus im Jahre 1583 führte sein Schüler David Pareus dessen Werk weiter und gab nicht nur eine Werksausgabe, sondern auch die Auslegung des Katechismus heraus. Diese führte mit dazu, dass der von Ursinus verfasste Katechismus im Jahre 1619 bei der Dordrechter Synode von den Reformierten Kirchen weltweit als wichtigste Lehr- und Bekenntnisschrift angenommen in bislang in 40 Sprachen übersetzt wurde. Ergänzt wird die Ausstellung durch Hinweise auf die Wirkung und Auseinandersetzung um den Katechismus und um Ursinus heute.
Auf elf Ausstellungstafeln sind Auszüge aus dem Buch „Ursinus erzählt“ von Michael Landgraf zu sehen. Weitere Tafeln aus den Beständen des Stadtarchivs zeigen den Geburtsort von Ursinus in Wittenberg, Erinnerungen an ihn in Stadt und Stiftskirche und ein nach ihm benanntes College in Pennsylvania, USA.
Eröffnet wird die Ausstellung am Sonntag, 14. April, um 11 Uhr durch Kulturdezernent Marc Weigel. Michael Landgraf wird als Ursinus gewandet in die Ausstellung und in die von ihm verfassten Tafel- und Vitrinentexte einführen. Einen besonderen musikalischen Rahmen bietet das Neustadter Vokalensemble unter der Leitung von Ulrich Loschky, das „Reformierte Gesänge zur Bibel“ mit Werken von Jan Pieterszoon Sweelinck, Louis Bourgeois, Claudin de Sermisy, Tielman Susato und William Billings präsentieren wird. Der Erlös der neu produzierten CD gleichen Namens kommt der Renovierung der Stiftskirche zugute.
Das Stadtmuseum Villa Böhm ist über die Villenstraße 16 b oder Maximilianstraße 25 zu erreichen. Die Ausstellung ist geöffnet: Mittwoch und Freitag 16 bis 18 Uhr sowie Samstag und Sonntag 11 bis 13 Uhr und 15 bis 18 Uhr.
Information zu den Inhalten und Tafeltexten: Michael Landgraf, Stiftstraße 23, 67434 Neustadt, Dienstlich 06321/33559; Privat: 06321/487180, michael.landgraf@evkirchepfalz.de. (red)
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