Samstag, 27. April 2024

20 Jahre Universitätspartnerschaft – aus einer Bürgerinitiative hervorgegangen

23. Oktober 2012 | Kategorie: Landau, Regional

Machen sich für den polnisch-deutschen Dialog stark: Professor em.Dr. Günther Bals, Professor Dr. Siegmar Schmidt und Hildegard Bals. Fotos: Ahme

Landau. Bürgerinitiativen bringen gesellschaftliches und politisches Leben voran und sie können auch einen Stein ins Rollen bringen.

Seit 20 Jahren pflegen die Universitäten Landau und die polnische Uni Czestochowa eine intensive Partnerschaft, die vom 25. bis 26. Oktober mit etlichen Jubiläumsveranstaltungen gefeiert werden wird.

Im Hauptfokus aller Veranstaltungen wie Kolloquien, Ausstellung und Festvortrag steht dabei die Entwicklung der deutsch-polnischen Beziehungen. Das gegenseitige Kennen- und Verstehen lernen und natürlich auch akademische Interessen bilden die Motivation der Partnerschaft. Sie umfasst den Austausch von Studenten und Dozenten.

Bei einem Pressegespräch mit Professor Dr. Siegmar Schmidt, Dekan des ausrichtenden Fachbereichs 6 Kultur und Sozialwissenschaften, der polnischen Wissenschaftlerin Dr. Jadwiga Hajduk (Uni Czestochowa), Professor em. Dr. Günter Bals und seiner Frau Hildegard, wurden die Grundlagen zu dieser langjährigen Partnerschaft erläutert.

„Die Probleme zwischen Deutschen und Polen haben eine lange Geschichte“, sagte Dr. Hajduk. Auch das Thema ihres Vortrags „Die Kontroverse um die Berliner Europa-Rede des polnischen Außenministers Sikorski“ beschreibt diese Problematik. Der Fall „Erika Steinbach“, die unterschiedlichen Haltungen zu Irak-Krieg oder russisch-deutscher Ölpipeline-Vereinbarung sind nur einige weitere Problem-Punkte in den bilateralen Beziehungen.

„Es ist schon sehr ungewöhnlich, dass eine Universitätspartnerschaft so lange andauert und sich derart intensiv und freundschaftlich gestaltet “,  so Professor Schmidt. Das Besondere ist sicherlich die Tatsache, dass die Kooperation aus einer Bürgerinitiative hervorgegangen ist. Dieses bürgerschaftliche Engagement ermöglichte es in den 80er Jahren zu Hoch-Zeiten der politischen Freiheitsbestrebungen von Solidarnoc etc. zahlreiche Hilfstransporte zu organisieren und Austauschprogramme zu initiieren.

Schmidt: „Die Universitätskooperation sieht sich in der Tradition des Normalisierungsprozesses des historisch eher schwierigen Verhältnisses zwischen Deutschland und Polen“.

Die Bürgerinitiative „Brücke nach Polen“ wurde seinerzeit von Professor em. Dr. Bals und Ehefrau Hildegard 1981 ins Leben gerufen. 1981/82 herrschte Kriegsrecht, es kam zu einer kritischen Versorgungslage der polnischen Bevölkerung. Woraufhin die Westdeutschen humanitäre Hilfe leisteten und Lebensmittelpakete nach Polen schickten. „Das trug dazu bei, dass sich die Ängste der Polen vor den Westdeutschen langsam verringerten“ erzählt Hildegard Bals, die zahlreiche Ehrungen für ihr beispielloses Engagement erhalten hat. In Erinnerung an eigene Kriegserlebnisse, die mit Hunger und Entbehrung verbunden waren, gründete Hildegard Bals mit einigen anderen Landauer Bürgern die Bürgerinitiative. Hinter sich wusste sie 38 Vereine. Es wurden Lebensmittel und Medikamente eingesammelt. „Ich habe immer Wert darauf gelegt, dass die Transporte von Ärzten oder Apothekern begleitet wurden“. Große Firmen wurden auf sie aufmerksam, tausendfach wurden Paletten in dieser Zeit gesponsert und transportiert.

Der akademische Austausch war allerdings erst viel später möglich. Ab 1988, bzw. 1990/91 meldeten sich Professoren der Uni Czestochowa. Durch die Hilfsaktionen und die Initiativen von Professor Bals war Landau dort bekannt geworden. Der akademische Austausch konnte beginnen. Professor Bals wirkte als Gastdozent an der polnischen Uni. Obwohl 1994 die Eremittierung erfolgte, „überredete mich meine Frau dazu, eine Professur in Czestochowa anzunehmen“, so Bals.

Auch heute noch fühlt sich das Ehepaar eng mit Polen verbunden. Am Freitag, 26. 10. wird Professor Bals über diese „Brücke nach Polen“ referieren.

 Jubiläumsveranstaltungen:

Am 25. und 26. Oktober feiern beide Universitäten die Partnerschaft mit Jubiläumsveranstaltungen, zu denen die Öffentlichkeit herzlich eingeladen ist. Am 25. Oktober steht von 13.30 Uhr bis 18 Uhr ein Kolloquium zu den deutsch-polnischen Beziehungen auf dem Programm (Konferenzraum, Campus). Abends eröffnen Oberbürgermeister Hans-Dieter Schlimmer und Prof. Dr. Siegmar Schmidt im Frank-Loebschen-Haus die gemeinsame Ausstellung „landschaftlich“ von Kunststudenten aus Landau und Czestochowa. Ein Festvortrag zu den deutsch-polnischen Beziehungen am 26. Oktober, 18.30 Uhr (Hörsaal II, Campus) beschließt die Jubiläumsfeier. Prof. Dr. Klaus Ziemer, ehemaliger Direktor des Deutschen Historischen Instituts in Warschau, spricht über „Die Vergangenheit in der Gegenwart der deutsch-polnischen Beziehungen“. Informationen: www.uni-koblenz-landau.de/landau/aktuelles in der Rubrik „Termine“. (desa/red)

Dr. Jadwiga Hajduk von der polnischen Uni Czestochowa wird ihre Erkenntnisse zu den gegenwärtigen deutsch-polnischen Beziehungen erläutern. Foto: Ahme

Print Friendly, PDF & Email
Zur Startseite

Abonnieren Sie auch unseren Pfalz-Express-Kanal bei YouTube

Diesen Artikel drucken Diesen Artikel drucken

Kommentare sind geschlossen