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Wiederinbetriebnahme des Geothermiekraftwerks Landau wird vorbereitet: OB Schlimmer: „Die ganze Stadt wird sich wehren“

1. Juli 2014 | Kategorie: Landau, Regional

Geothermiewerk  Landau: Der Betrieb soll im Spätsommer wieder aufgenommen werden.
Foto: pfalz-express.de/Ahme

Landau – Wie jetzt bekannt wurde, bereitet die geoxGmbH, Betreibergesellschaft des Geothermiekraftwerks Landau, die Wiederinbetriebnahme des Kraftwerks im Spätsommer vor.

Als Ursache für die Bodenveränderungen stehe eine Leckage an einer Dichtung am Bohrlochkopf der Injektionsbohrung (in ca. 3 Meter Tiefe) fest, so die Betreiber.

Das habe das Landesamt für Geologie und Bergbau (LGB) Rheinland Pfalz in Zusammenarbeit mit dem Unternehmen Geysir Europe / geox und den Behörden festgestellt.

Nach den vom LGB gemachtenUntersuchungen bestünde die Leckage in der Reinjektionsbohrung bereits seit mehreren Jahren. „Dieser Umstand begünstigte aller Voraussicht nach die Hebungen in Landau im Bereich des Geothermiekraftwerks.“

Die fragwürdige Leckageüberwachung durch die vormaligen Betreiber habe die geox veranlasst, die Betriebsführungsverträge mit dem Betreiber im ersten Quartal 2014 zu kündigen, so das Statement von Daltrup.

Ein Gutachten einer anerkannten Prüfstelle über die Betriebsführung der letzten Jahre habe festgestellt, dass Teile der Anlage in der Vergangenheit nicht ordnungsgemäß gewartet worden seien. Die Folgen der Leckage (Bodenveränderungen) wären laut Gutachten vermeidbar gewesen, stellt Daltrup weiter fest.

Die EnergieSüdwest AG, an der die Stadt Landau 50 % Anteile hält, bleibe auch in Zukunft Gesellschafter des Geothermiekraftwerks.

Die Geysir Europe könne ihre Option auf die 10 % Anteilsbesitz der EnergieSüdwest jedoch jederzeit ausüben, betont Daltrup: „In Absprache mit dem LGB arbeitet die geox an der Wiederinbetriebnahme des Kraftwerks. Ziel ist es, entstandene Schäden in der Bohrung zuverlässig zu beheben und die Sicherheit für den weiteren Betrieb zu erhöhen. Dazu kommt zum einen eine verbesserte Überwachungs-und Meldetechnik zum Einsatz und zum anderenSicherheitssysteme gegen Leckagen, die künftig Probleme mit dem Thermalwasserkreislauf vermeiden werden“.

Die Ermittlung des genauen Schadensumfangs sei bereits angelaufen. geox hat die Absicht, weitere Betriebsteile der Anlage zu modernisieren. „Die Instandsetzungsarbeiten haben in enger Zusammenarbeit mit den Behörden bereits begonnen.“

Ebenfalls weiter in Arbeit seien die bereits vor dem Schadenfall von den neuen Eigentümern in Angriff genommenen Lärmschutzwände. Mit ihrer Fertigstellung könne in Kürze gerechnet werden. Zusätzlich sollen noch Grünflächen angelegt und Bäume gepflanzt werden, gibt Daltrup bekannt.

Die Wiederinbetriebnahme sei im Spätsommer 2014 geplant. Die Geysir Europe geht-Stand heute -von einem Reparaturkostenaufwand in Höhe von circa 2 bis 3 Mio. Euro aus.

„Die gemeldeten Schäden im Bereich der Haftpflicht der geox gegenüber Dritten sind von den angezeigten Schadenssummen gering. Sie werden von der Versicherung geprüft. Erkundungsbohrungen zur Aufklärung des Umweltschadens laufen“, erklärt Daltrup.

Die Aufklärung des Umweltschadens habe aber Vorrang vor den weiteren Arbeiten. Dazu gibt es eine schriftliche Anordnung vom 8. Mai 2014 des Bergamts Mainz. Der geox GmbH liegen die Genehmigungen für die Erkundungsbohrungen zur Untersuchung der Verunreinigung von Grundwasser vor.

Seit Juni sind Bohrer auf dem Nachbargelände des Geothermiekraftwerks bereits im Einsatz. An zwei Stellen wird in bis 70 bis 100 m Tiefe eine Kernbohrung durchgeführt, um Boden-und Wasserprobennehmen zu können.

Das Geothermiekraftwerk Landau habe seit Inbetriebnahme (2008 –2013) rund 88.500 MWh (88,5 GWh) Strom ins Netz eingespeist, hieß es. Über die EnergieSüdwest sei die Bevölkerung in Landau mit der lokalen, erneuerbaren EnergiequelleGeothermie versorgt worden.

Rund 50.000 Tonnen CO2 seien bisher auf diesem Wege eingespart worden. „Seit über einem halben Jahrzehnt lief das Kraftwerk mit einer sehr hohen Auslastung. Im letzten Jahr 2013 lag die Verfügbarkeit des Kraftwerks bei 98,4% -ein Wert den sonst nur Wasserkraftwerke erreichen“, betont die Betreibergesellschaft.

Ziel sei es, diese Potenziale weiter zu nutzen und die Sicherheit und die Wirtschaftlichkeit des Kraftwerksbetriebs weiter zu erhöhen.

Auch die Bürgerinitiative wird gelobt:  Sie habe aus Sicht der geox einige wertvolle Hinweise gegeben. „So werden Verbesserungsmaßnahmen initiiert, die die Akzeptanz des Kraftwerks erhöhen. Dazu hat die geox mit Vertretern der Bürgerinitiative persönliche, konstruktive Gespräche geführt.“

Oberbürgermeister Schlimmer kann sich nur wundern und nimmt zu diesen Aussagen Stellung:

„Mit Verwunderung nimmt die Stadt die Aussage des Kraftwerksbetreibers zur Kenntnis, die Ursachen der Geländeveränderungen liegen in einer Leckage an einer Dichtung in 3 Metern Tiefe.

Diese Leckage ist seit Wochen bekannt und wurde nach Auskunft des Bergamtes auch kurzfristig behoben. Der Stadt liegen aber sowohl mündliche als auch schriftliche Aussagen des Landesamts vor, dass die Hauptursache für die Geländeveränderungen in eine Leckage in größerer Tiefe (bis zu 500 Metern) liegen muss.“ Dies lasse sich gutachterlich ableiten. Hauptaugenmerk müsse deshalb auf einer Erkundungsbohrung liegen, die die Tiefe der Leckage genauer verortet.

Technische Gründe sprechen gegen eine Erkundung über die bestehende Bohrung: „Die Leckage in drei Metern Tiefe kann, wenn überhaupt nur untergeordnet, etwas mit den festgestellten Bodenveränderungen zu tun haben. Dies ist zumindest der Kenntnisstand der Stadt Landau, aufgrund der bisherigen geotechnisch-fachlichen Aussagen der Fachbehörde. Geländeveränderungen dieser Art mit dieser Ausdehnung können ihre Ursache nach Auskunft des Landesamtes nur in größeren Tiefen haben.

Verwunderlich ist, dass sich der Betreiber nicht dazu äußert, wie die angestrebte Wiederinbetriebnahme im Spätsommer funktionieren soll.“, so Schlimmer.

Nach Kenntnisstand der Stadt ist eine Nutzung der bestehenden Reinjektionsbohrung für eine Wiederinbetriebnahme des Kraftwerks nur dann möglich, wenn die Leckage in der Bohrung – vermutlich in einer Tiefe von bis zu 500 Metern – zusätzlich zu dem bereits gefundenen oberflächennahen Leck – entdeckt und zuverlässig verschlossen ist. Dies sei nach Kenntnis der Stadt bis heute nicht erfolgt.

Es stellt sich in diesem Zusammenhang auch für die Stadt die Frage, ob hierfür eine weitere, dritte Tiefenbohrung geplant ist, wie es die Bürgerinitiative in ihrer Pressemitteilung in den Raum gestellt hat.

Damit könnte zwar die Lecksuche an der bestehenden Bohrung entbehrlich werden, aus Sicht der Stadt wäre es aber unverantwortlich, in der momentanen Situation einer dritten  Bohrung die Genehmigung auszusprechen. Zu viele öffentliche Belange und ungeklärte geologische Fragen stehen hier aus Sicht der Stadt entgegen.

Bis heute hat sich der Boden im unmittelbaren Umfeld des Kraftwerks nicht vollständig beruhigt. Die 14-tägigen Messungen ergeben, dass dort bis heute Absenkungen beobachtet werden können. Keiner weiß, ob diese in naher Zukunft zum Stillstand kommen. Selbst wenn bergrechtliche Bestimmungen eine dritte Bohrung formal nicht ausschließen würden, ist aus Sicht der Stadt jeder Euro aus öffentlichen Töpfen für diese unsichere Technologie nicht tragbar.

Die Stadt Landau fordert weiter, dass sich die Landesregierung hinter die Resolution des Stadtrats stellt, die den Ausstieg aus der Geothermie in Landau fordert. „Sollte eine politische Lösung nicht in Sicht sein, dann wird sich die ganze Stadt gegen ein Wiederanfahren wehren“, kündigte Schlimmer an.  (desa/stadt-landau)

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