Freitag, 26. April 2024

Verein Südstern e. V.: Jugendobdachlosigkeit IST ein Thema in Stadt und Kreis

24. Oktober 2013 | Kategorie: Landau, Regional

Patricia Rebres hat den Scheck mit gebracht: Armin Schowalter (rechts), Marvin Schroeter und Horst Dudszus (links) freuen sich, denn das Geld wird der Arbeit des Vereins zugute kommen.
Foto: Ahme

Landau. Pressegespräch im „Haus“ gestern Abend: Der Verein „Südstern“ in der Weißenburger Straße lud zur Scheckübergabe ein.

Patricia Rebres (Act 4 Aid – Künstler gegen Kinderarmut in Neustadt e.V.) hatte einen Scheck über 2.000 Euro mitgebracht. Er kommt der Arbeit des Vereins „Südstern“ zugute. „Wir bewundern, was Armin Schowalter und sein Team hier leisten und finden das sehr lobenswert“, so Patricia Rebres. Ihr Verein setzt sich vor allem mit Kinderarmut auseinander und ist in Neustadt mit etlichen Vereinen und Institutionen vernetzt.

„Dass Jugendobdachlosigkeit in Landau ein Thema ist, war Vielen nicht bewusst. Uns übrigens auch nicht, ehe die ersten Personen hilfesuchend vor unserer Tür standen“, erzählt Armin Schowalter, Vorsitzender des Südstern. Er nahm gestern Abend mit Horst Dudszus („der guten Seele des Hauses“) und Marvin Schroeter den Scheck entgegen.

Vor gut drei Wochen hat das „Haus“, notfallbedingt vier Menschen aufgenommen, damit diese nicht auf der Strasse schlafen mussten. Mittlerweile seien alle gut versorgt, freut sich Schowalter.

Marvin Schroeter, ein netter junger Mann, 19 Jahre, ist einer von ihnen. Er erzählt ganz offen über das Leben auf der Straße, das er mehrere Wochen lang durchgehalten hat. Er schlief  unter anderem in Sparkassen, manchmal  schlief er auch gar nicht und „lief einfach so herum bis es wieder hell wurde“. Nach dem Ende einer Beziehung stand er im April ohne Wohnraum, ohne Arbeit und ohne Perspektive vor der Tür des „Hauses“. Er fragte ob er 1 bis 2 Nächte bleiben dürfe. Bei der Suppenküche habe man ihm den Tipp gegeben. Er blieb länger… Insgesamt 6 Monate. „Ich hätte anfänglich nicht gedacht, dass er sich so einbringen wird“, so Schowalter, denn Marvin arbeitete fleißig im „Haus“ mit und war sich für keine Arbeit zu schade.

Nach einigen Wochen der Unterstützung bekam er die Chance, sich über eine Leihfirma bei Mercedes in Wörth zu beweisen. Weil er zuerst Geld für die erste Monatsmiete, Kaution und Co ansparen musste, konnte er sich nicht gleich eine Wohnung leisten. Der Schichtbetrieb forderte viel von ihm, aber er biss sich durch. Dann meldete sich ein „HausFreund“ und vermachte ihm eine komplette Wohnungseinrichtung.

Jetzt endlich hat er auch die passende Wohnung dazu gefunden. Vor einigen Tagen ist er eingezogen. Seine Arbeit hat er noch immer. Er dürfte es, wie man so schön sagt, „geschafft“ haben. Schowalter stellt aber schon die Frage, was wohl auf Dauer ohne ein „zu Hause“ aus ihm geworden wäre. „Wohin hätte sich Marvin wenden können?“

Ein anderer Fall, ein anderer junger Mann: Dieser schlief über Monate bei Freunden auf diversen Sofas. Seine Wohngemeinschaft wurde aufgelöst. Eine eigene Bleibe konnte er nicht finden. Da auch er einer geregelten Arbeit nachgeht, dachte das „Haus“-Team, es müsste einfacher sein, eine Wohnung für ihn zu finden. Dem war aber nicht so. Bei etlichen Besichtigungen wurde er wegen seiner Hautfarbe abgelehnt.

Er ist Anfang 20, kommt aus Ghana. Vor einigen Tagen fand er endlich einen Vermieter ohne Vorurteile und kann sich nach anstrengendem Schichtbetrieb in den „eigenen vier Wänden“ wieder richtig erholen.

Der dritte ehemalige Mitbewohner kam im Mai 2012 nach einem harten Winter auf der Strasse, ebenfalls auf Anraten der Suppenküche, ins Haus, um 1 bis 2 Nächte zu bleiben. Rainer, 57 war Geschäftsmann. Er kannte das pralle Leben. Aber er konnte nicht damit fertig werden, alles verloren zu haben. Dementsprechend kräftezehrend seien alle Bemühungen zur alten Stärke zurückzufinden, für ihn gewesen. Nach 500 Tagen war das Ziel erreicht. Auch Rainer verließ das „Haus“ vor einigen Tagen und schaut jetzt optimistischer in die Zukunft.

„Auch unser vierter Gast hat nach einigen Wochen eine Bleibe gefunden“, so Schowalter. „Als erfreulich wertet unser Verein dass der Bauausschuss in Landau über Schaffung von mehr Sozialwohnraum berät.  Unsere Erfahrung bestätigt: Auch in Landau gibt es Menschen, die durch das bestehende soziale Netz fallen und für die es ohne Unterbringungsmöglichkeiten erfahrungsgemäss nur noch steil bergab geht.“

Die Folgen für den Einzelnen seien meist dramatisch, Ordnungswidrigkeiten scheinbar kaum zu umgehen. „Das ist ein Problempotential für die gesamte Gesellschaft“, meint Schowalter. „Unser Verein bietet gerne an, die einschlägigen Erfahrungen bei der Lösungsfindung mit ein zubringen.“

„Uns ist es wichtig, dass das Problem der Obdachlosigkeit als solches erkannt wird und nicht bei Stadt und Kreis gesagt wird, „das gibt es bei uns nicht“ sagt Schowalter. Er schätzt vielmehr, dass es eine gewisse Dunkelziffer geben könnte.

Seine Anregung: Man müsse gemeinsam nach Lösungen suchen, das Ehrenamt stärker mit einbinden und zwei, drei Anlaufstellen wie das „Haus“ schaffen. Kontakt: www.suedstern-ev.de (desa/as)

Print Friendly, PDF & Email
Zur Startseite

Abonnieren Sie auch unseren Pfalz-Express-Kanal bei YouTube

Diesen Artikel drucken Diesen Artikel drucken

Kommentare sind geschlossen