Dienstag, 14. Mai 2024

Sexueller Missbrauch: Kardinal-Wetter-Platz in Landau soll nicht umbenannt werden – Gedenkort für Betroffene

29. Oktober 2023 | Kategorie: Landau, Regional

Kardinal-Wetter-Platz in Landau.
Foto: (c) Pfarrei Mariä Himmelfahrt Landau

Landau – Der Kardinal-Wetter-Platz in Landau soll weiterhin so heißen. Die Pfarrei Mariä Himmelfahrt will den Namen des ehemaligen Erzbischofs von München und Freising nicht ändern, obwohl er mehrere Missbrauchsfälle vertuscht hat. Stattdessen soll eine Hinweistafel sowohl an seine Verdienste als auch an seine Schuld erinnern und ein Gedenkort für die Opfer werden.

Betroffenenbeirat unterstützt Entscheidung

Das hat der Pfarreirat Anfang Oktober beschlossen, nach Gesprächen mit dem Betroffenenbeirat im Bistum Speyer. Dieser unterstützt die Entscheidung, weil er befürchtet, dass eine Umbenennung des Platzes das Leid der Betroffenen vergessen machen würde. Der Beirat fordert aber auch eine konsequente Aufarbeitung und Prävention von sexualisierter Gewalt in der Kirche.

Gottesdienst mit Vertretern des Beirats

Der Platz befindet sich im Eigentum der Kirche und hat keine postalische Bedeutung. Am Sonntag, 29. Oktober 2023, fand in der Marienkirche ein Gottesdienst mit Vertretern des Beirats statt. Dekan Axel Brecht erklärte der Gemeinde die Hintergründe der Entscheidung. Er sagte, dass die Entscheidung an die Verdienste und das Versagen von Kardinal Wetter erinnere, ohne die schweren Fehler im Umgang mit sexualisierter Gewalt zu verschweigen.

Der Gottesdienst ist auf dem Youtube-Kanal der Pfarrei auf https://www.youtube.com/@marienkirchelandau live gestreamt und steht dort als Video zur Verfügung. 

Bischof lobt „verantwortungsvolle Entscheidung“

Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann lobte die “sensible und verantwortungsvolle Entscheidung” der Pfarrei. Die Entscheidung stelle das Leid der Betroffenen ins Zentrum, ohne die Schuld der Kirche auszulöschen. Er versprach, den Perspektivwechsel hin zum Blickwinkel der Betroffenen weiter voranzutreiben.

Bernd Held, Vorsitzender des Betroffenenbeirats im Bistum Speyer, äußerte sich ebenfalls positiv zu der Entscheidung. Er sagte: “Wenn der Name verschwindet, verschwinden auch die Taten. Damit geht auch der Blick auf und das Gedenken an die Opfer verloren. Das sollte man verhindern. Unser Ziel ist es, dass unsere Kinder und Enkelkinder in einem sicheren Umfeld aufwachsen. Dazu ist Prävention unabdingbar. Doch Prävention setzt Aufarbeitung voraus.”

Kardinal Friedrich Wetter war von 1982 bis 2007 Erzbischof von München und Freising. Er hat laut Gutachten unter anderem der Münchener Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl mehrere Missbrauchsfälle in seinem Bistum vertuscht oder ignoriert. Unter anderem hat er den pädophilen Priester Peter H. wieder in den Dienst genommen, obwohl dieser wegen sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen verurteilt worden war . Ein Gutachten wirft dem früheren Erzbischof 21 Fälle von Fehlverhalten im Umgang mit sexuellem Missbrauch vor. Wetter hat sich nie öffentlich für seine Fehler entschuldigt oder Verantwortung übernommen.

Wetter war auch Ehrenbürger von Landau, hat aber Anfang 2022 auf die Ehrenbürgerschaft verzichtet

Zurzeit werden auf Bistumsebene Grundlinien für die „Gedenk- und Erinnerungskultur“ im Bistum Speyer gemeinsam mit dem Betroffenenbeirat und der Unabhängigen Aufarbeitungskommission (UAK) erarbeitet, die in den Meinungsbildungsprozess in Landau mit eingeflossen sind. (cli)

Meinung

Claudia Licht, Chefredakteurin

Der Kardinal-Wetter-Platz in Landau soll nicht umbenannt werden. Ist das wirklich eine angemessene Lösung? Der ehemalige Erzbischof von München und Freising hat mehrere Missbrauchsfälle vertuscht. Das ist eine Schande für die Kirche und eine Beleidigung für die Opfer. Die Pfarrei Mariä Himmelfahrt will den Namen beibehalten – ohne „Schwarz-Weiß-Denken“ und auch, weil der Betroffenenbeirat im Bistum Speyer das befürwortet. Er glaubt, dass eine Umbenennung das Leid der Betroffenen vergessen machen würde. Das ist schwer nachvollziehbar. Es gibt andere Wege, den Betroffenen zu helfen und ihr Leid anzuerkennen.

Wie kann man eine glaubwürdige Aufarbeitung und Prävention von Missbrauch in der Kirche betreiben, wenn man die Schuldigen nicht zur Rechenschaft zieht und ihn sogar noch mit einem Platz ehrt? Bei Missbrauch von Kindern gibt es ein klares „Schwarz-Weiß“, auch wenn der Vertuscher selbst keinen begangen haben mag. Es ist ein Verbrechen.

Und die Beibehaltung des Namens ist ein Zeichen der Verharmlosung und der Vertuschung – wieder einmal. Hat die Kirche nichts gelernt? 

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