Rheinzabern: Die Kröten sind schuld – Neue Info-Tafel am „Teeuwensee“

21. Mai 2018 | Kategorie: Kreis Germersheim

IGS-Schüler mit Lehrerin Sabrina Schäfer (2. v.r.) vor der neuen Info-Tafel.
Fotos: Beil

Rheinzabern – Seit einigen Jahren unterstützen Schüler der IGS Rheinzabern die Anwohner des Rheinzaberner „Teeuwengebiets“ während der Krötenwanderung aus dem Wald zum Teich im Wohngebiet „An den Tongruben“.

Daraus entwickelten sich nicht nur gute Kontakte zwischen Schule und Anwohnern, sondern auch ein Projekt von Schule und Gemeinde, zu dessen Abschluss am 17.5.2018 eine Info-Tafel enthüllt wurde.

Weil das alte Plakat verblichen war, bat die Gemeinde die IGS-Schüler um Ideen für die Gestaltung einer neuen Info-Tafel für das als „Teeuwensee“ bekannte Gewässer. Beigeordneter Roland Milz gab Auskünfte zur Natur, Ortsbürgermeister Gerhard Beil stand mehrere Stunden lang im Unterricht Rede und Antwort, vor allem stellte er den Kontakt zu Emil Teeuwen her, der bis zuletzt im elterlichen Betrieb gearbeitet hatte.

Über die eigentlich biologische Aufgabe hinaus fragten die Schüler bald auch nach der Vorgeschichte des Areals. Und natürlich stießen sie im Internet auf Bilder, die bis dato unbekannt waren. Von 1890 bis 1969 produzierte man im Süden von Rheinzabern Backsteine und Dachziegeln, nicht zuletzt seit 1910 im Falzziegelwerk Teeuwen.

Seit Anfang der 80-er Jahre war gegenüber der damaligen Hauptschule Römerbad, der heutigen IGS, eine exklavenartige Siedlung auf dem ehemaligen Werksgelände von Teeuwen entstanden, weshalb das Gebiet allgemein als „Teeuwengebiet“ bekannt ist.

Ortsbürgermeister Gerhard Beil begrüßt die Gäste.

Ortsbürgermeister Gerhard Beil begrüßte eine stattliche Zahl von Besuchern, darunter eine Reihe von Anwohnern, aber auch Herbert Jäger, der über die Ziegelindustrie in Jockgrim und Rheinzabern promovierte, ehemalige Mitarbeiter, IGS-Schulleiter Axel Weinstein, Lehrerin Sabrina Schäfer, Mitglieder einer Anwohnerinitiative, die die Krötenwanderung begleitet, sowie Nachfahren und Freunde der Firmeninhaber.

Schüler der IGS-Rheinzabern, mittlerweile zum Teil in der MSS 11, stellten auf kurzweilige Art ihre Erkenntnisse vor, ehe zwei Mädchen die Tafel enthüllten. Erstmals zu sehen sind ein Luftbild des Werksgeländes aus dem Jahre 1969, dem letzten Produktionsjahr der Ziegelei, sowie Förderanlagen für den Tonabbau. Dem gegenüber stehen Bilder der heutigen „Idylle“, die jedoch permanent geschützt werden muss.

Als Höhepunkt der Veranstaltung plauderte Emil Teeuwen aus der Werksgeschichte eines einst bedeutenden Betriebes, dessen Niedergang noch heute schmerzt.

Die Teeuwens – sie haben ihre Wurzeln in Holland – waren einst vom Niederrhein ins Römerdorf gekommen, weil die Jockgrimer Ziegelei Ludowici im Rheinland als Konkurrent aufgetreten war und mit Qualitätsprodukten warb, deren Rohstoff schon vor fast 2000 Jahren die römischen Töpfer von Tabernae – Rheinzabern – nutzten.

Emil Teeuwen (3. v.r.) bei seiner lebendigen und zugleich nachdenklichen Ansprache.

Beim Bau der Römerstraße von Basel über Mainz bis Köln und Holland hatten römische Legionäre den Ton entdeckt. Zuerst fertigten Militärziegeleien Backsteine und Dachziegeln für das Kastell Mainz. Danach produzierten zivile Töpfer die berühmte „Terra Sigillata“ und andere Gebrauchs- und Baukeramik.

Emil Teeuwen berichtete von der Wiederaufbauphase nach dem II. Weltkrieg, der Boomzeit des Falzziegelwerkes, als über 100 Beschäftigte bei Teeuwen in Arbeit und Brot standen. Teeuwen-Produkte gingen ins Rhein-Main-Gebiet, nach Franken und Baden, natürlich auch auf viele Dächer im pfälzischen Bereich.

Im Zuge des Strukturwandels im Bauwesen, der ein Ziegeleien-Sterben mit sich brachte, setzte der Niedergang des Betriebs ein. Betonziegeln (Frankfurter Pfannen), Eternitdächer, Ersatz der in teurer Handarbeit zu vermauernden Backsteine durch Beton oder Fertighaus-Industrie ließen die Nachfrage nach Mauer- und Dachziegeln zurückgehen, während gleichzeitig die Tonvorräte zur Neige gingen und die Aufbereitungskosten für den Ton stiegen.

1969 musste das Werk seinen Betrieb einstellen. Zum Glück fanden viele Mitarbeiter bei Daimler in Wörth neue Anstellung.

An das einstige Falzziegelwerk Teeuwen erinnern noch zwei Wohnhäuser sowie der „Teeuwen-See“, der Rest einer von vielen Tongruben, die nach dem Tonabbau wieder verfüllt wurden.

Emil Teeuwen, Ortsbürgermeister Gerhard Beil und IGS-Schulleiter Axel Weinstein.

Das Gewässer diente viele Jahre als Feuerlöschteich. Emil Teeuwen erinnerte sich noch bestens an die früheren Froschkonzerte und so manches feucht-fröhliche Fischerfest mit dem Angelsportverein, der den Teich als sein Vereinsgewässer nutzte.

Für die Anwesenden erschloss sich manch Neues über die Wurzeln ihres Wohnquartiers, das mit dem Dorfgebiet baulich zusammenwächst.

Lang anhaltender Beifall für Schüler und Redner bewiesen, dass die Veranstaltung so manche Informationslücke schließen konnte. Die Werksgeschichte reizt indes zu weiteren Erforschungen. Nicht zuletzt gibt es Infos auf www.dachziegelarchiv.de

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