Dienstag, 23. April 2024

Poker um TV-Rechte der Champions League hart wie nie

3. Mai 2017 | Kategorie: Freizeit & Hobby, Vermischtes
Oliver Kahn im Interview vor einem Champions League Spiel im ZDF. Fotoquelle: Vlad1988 – 152679896 / Shutterstock.com

Oliver Kahn im Interview vor einem Champions League Spiel im ZDF.
Fotoquelle: Vlad1988 – 152679896 / Shutterstock.com

Die Digitalisierung unserer Gesellschaft hat längst den TV-Bereich erreicht. Streamingdienste verlagern durch den Kauf exklusiver TV-Rechte den Fernseh-Konsum mehr und mehr auf mobile Endgeräte.

Das große Geschäft wittern Streaming Media Unternehmen besonders mit quotenträchtigen Großevents wie die Spiele der UEFA Champions League. Und so bieten auch für die anstehende Vergabe der Übertragungsrechte ab 2018 nicht mehr nur konventionelle TV-Sender mit.

Müssen die Zuschauer ab 2018 auf Übertragungen von den Spielen der Champions League im öffentlich-rechtlichen Fernsehen verzichten? Der Kampf um die Übertragungsrechte ist so hart wie noch nie.

Überträgt das ZDF auch 2018 Spiele der Champions League?

Die Champions League ist ein finanzstarkes Event, von dem nicht nur die UEFA profitiert. Buchmacher verzeichnen mit ihren Sportwetten-Angeboten auf die Spiele der Königsklasse regelmäßig Top-Umsätze. Die Preise für Werbespots schnellen in die Höhe und verhelfen den TV-Sendern zu beträchtlichen Einnahmen.

Große Klubs, begnadete Spieler und natürlich herrliche Tore sind die Zutaten, die die Champions League so attraktiv machen. Die folgende Infografik listet die Rekorde der Königsklasse auf:

Der Portugiese Cristiano Ronaldo hat kürzlich seinen 100. Champions League-Treffer erzielt. Auch bei der Anzahl der Spiele liegt er bereits auf Platz 4.

Top-Torjäger und andere Rekorde der Champions League

Title-Tag: Champions League Rekorde. Infografik: eigene Darstellung

Champions League Rekorde.
Infografik: eigene Darstellung

So viele Bieter wie noch nie

Die Zeiten, in denen der Pay-TV-Sender Sky und das ZDF allein um die Übertragungsrechte der Champions League mitboten, sind vorbei. Bei den anstehenden Verhandlungen über die Vergabe der TV-Rechte für den Zeitraum 2018 bis 2021 will vor allem der Streamingdienst DAZN ein Wörtchen mitreden. Aber auch die Deutsche Telekom und Amazon sehen Experten als mögliche Interessenten.

Das US-Unternehmen Discovery betreibt unter anderem die Marke Eurosport. Auch hier wird kräftig an einer Neuaufstellung gearbeitet. Nach dem Kauf der Olympia-Rechte 2016 wurden im Vorjahr erstmals auch Rechte an Live-Spielen der Fußball-Bundesliga erworben. Die Übertragung von Spielen der Champions League könnte ein nächster Schritt sein.

Finale 2013 bescherte dem ZDF einen Quotenkracher

Seit der Saison 2012/13 hält das ZDF die Free-TV-Rechte an der Champions League. Gleich in der ersten Saison kam es im Finale durch das deutsch-deutsche Duell zwischen Bayern München und Borussia Dortmund zu einem Quotenkracher. 21,61 Millionen Zuschauer erlebten am 25. Mai 2013 das Finale live am TV-Bildschirm mit. Es war das Champions-League-Spiel mit den meisten TV-Zuschauern in Deutschland überhaupt und der Rekord hat bis heute Bestand.

Endet 2018 die Übertragung der Champions League im Free-TV?

Ende 2013 wurde der ursprünglich bis 2015 laufende Vertrag um drei Jahre verlängert, sodass bis Sommer 2018 immer mittwochs ein Livespiel mit deutscher Beteiligung im Free-TV zu sehen ist. 54 Millionen Euro lässt sich das ZDF die Übertragung jährlich kosten. Für die neue Rechte-Periode ab Herbst 2018 soll ZDF-Sportchef Thomas Fuhrmann mit einem Budget von bis zu 70 Millionen Euro allein für die Lizenzkosten ausgestattet sein. Ob das reicht, ist fraglich, denn neue Konkurrenten drängen auf den Markt und treiben den Preis in die Höhe.

Einnahmen der UEFA Champions League steigen stetig

Die UEFA sieht diese Entwicklung vermutlich gern. Kein Wunder, sind doch die Einnahmen aus der Champions League von gut 820 Millionen Euro in der Saison 2007/08 auf mehr als zwei Milliarden Euro in der Saison 2015/16 gestiegen. Experten rechnen damit, dass die Einnahmen ab der Saison 2018/19 bei etwa 2,5 Milliarden Euro jährlich liegen werden.

Die Rechte-Pakete für die Champions League werden alle drei Jahre neu verhandelt. Die Grafik zeigt deutlich, dass die Einnahmen alle drei Jahre um etwa 300 Millionen Euro steigen.

Gesamteinnahmen der UEFA Champions League

In der Saison 2015/16 überstiegen die Einnahmen aus der Champions League erstmals die Marke von zwei Milliarden Euro.

In der Saison 2015/16 überstiegen die Einnahmen aus der Champions League erstmals die Marke von zwei Milliarden Euro.

Aktuelle Bieter um die Übertragungsrechte der Champions League

Eigentlich sollte die Bekanntgabe der übertragenden Sender schon in der ersten Aprilwoche von der UEFA bekannt gegeben werden. Noch herrscht aber Funkstille am Schweizer Verbandssitz Nyon. Experten vermuten den Grund dafür in der Vielfalt der abgegebenen Angebote. Bis zum 3. April mussten die TV-Sender ihre Angebote bei der UEFA einreichen. Ob und wie viel genau geboten wurde, kann bei einigen Interessenten nur vermutet werden. Bei den TV-Sendern ist die Sache jedoch relativ klar:

  • ARD: zeigt kein Interesse und hat kein Angebot abgegeben.
  • ZDF: ist weiterhin an den Free-TV-Rechten interessiert; für die Übertragung eines Mittwochspiels mit deutscher Beteiligung müsste der Sender laut Experten um die 70 Millionen Euro bezahlen.
  • SAT1/Pro7: gibt kein Angebot ab und konzentriert sich mit seiner Sportmarke „ran“ weiterhin auf American Football und Boxen.
  • RTL: hat bereits elf Jahre Erfahrung in der Übertragung von Spielen der Champions League und würde das gern wieder tun; das Angebot dürfte bei etwa 60 Millionen Euro liegen
  • Sky: Ist aktuell der TV-Rechte-Inhaber und will das auch bleiben.
  • Sport1: Champions League übersteigt die finanziellen Möglichkeiten des Senders; wird sich mit der Übertragung der Europa League begnügen, für die nur etwa sechs bis acht Millionen Euro bezahlt werden müssen.
  • Eurosport: Ob nach dem Kauf an den Übertragungsrechten der Olympischen Spiele von 2018 bis 2024 noch in der kommenden Rechte-Periode auch in die Champions League investiert wird, wird von Fachleuten bezweifelt. Inhaber von Eurosport ist das US-Unternehmen Discovery Communications Inc. Finanziell wäre also ein Engagement möglich.
  • Perform Group: 2007 gegründetes globales Sport-Medien-Unternehmen mit Sitz in London. Ist mit dem Streamingdienst DAZN zurzeit auf Einkaufstour. Im Portfolio befinden sich bereits Rechte für die Premier League, La Liga Santander, Serie A, Ligue 1, NBA, NFL, NHL und MLB. Experten rechnen auch mit einem Angebot für die Champions League, das sich auf 150 bis 200 Millionen Euro belaufen soll.
  • Amazon: Geld spielt bei Amazon kaum eine Rolle. Ob und wie viel der Shopping-Riese geboten hat, ist nicht bekannt.
  • Deutsche Telekom: Gilt ebenfalls als möglicher Interessent und soll ebenfalls ein Angebot abgegeben haben.

Endspiele mit deutscher Beteiligung immer im Free-TV

Neben Sky ist auch die Streaming-Plattform DAZN insbesondere am Exklusivmodell „All Pay“ interessiert. Dafür müssten 150 bis 200 Millionen Euro bezahlt werden. Sky kompensierte diese Summe bisher mit der Vergabe von Sub-Rechten an das ZDF für Mittwochsspiele. DAZN wird dagegen kaum ein Interesse daran haben.

Deshalb ist das Horrorszenario für Fans in der Tat, dass für Spiele der Champions League künftig bezahlt werden muss. Zur Übertragung eines Spiels im Free-TV könnte aber auch ein Pay-TV-Sender gezwungen werden. Ein Finale mit deutscher Beteiligung würde unter die nationale Schutzliste für Sport-Großereignisse fallen und müsste dann am Free-TV zu sehen sein.

Was in Deutschland droht, ist in Großbritannien schon Realität

Das folgende Video des Medienmagazins „ZAPP“ zeigt die aktuelle Situation bei der Vergabe der TV-Rechte. Experte Lutz Meier rechnet nicht damit, dass die UEFA auf Übertragungen im Free-TV verzichten will. Sein Argument ist der langfristige Schaden, den die Champions League erleiden könnte, wenn die UEFA die Rechte exklusiv an einen relativ unbekannten Anbieter wie DAZN verkauft.

Dem könnte allerdings entgegengehalten werden, dass die UEFA die Rechte in Großbritannien an die BT Group für die Rekordsumme von 1,38 Milliarden Euro für drei Spielzeiten der Champions und Europa League verkauft hat.

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