Donnerstag, 25. April 2024

Lauterbourger Bürgermeister Fetsch wegen Nazi-Vergleich zu 2.500 Euro Geldstrafe verurteilt

16. März 2021 | Kategorie: Elsass Oberrhein Metropolregion, Kreis Germersheim, Kreis Südliche Weinstraße, Landau, Regional

Grenzübergang in Lauterbourg im April 2020
Foto: red

Lauterbourg – Deutsche als Rassismus-Opfer? Ein ungewohnter Gedanke. Ein französisches Gericht hat es aber wohl genau so gesehen und Jean-Michel Fetsch, den Bürgermeister von Lauterbourg, am Montag wegen eines Facebook-Posts zu einer Geldstrafe von 2.500 Euro verurteilt.

Fetsch hatte sich im April 2020 so sehr über die plötzlichen und unangekündigten Grenzschließungen von deutscher Seite (eine Nacht-und-Nebel-Aktion ohne Absprache mit den Nachbarländern) und über die Behandlung französischer Pendler geärgert, dass er die Anordnungen des deutschen Innenministeriums mit Maßnahmen der Nazis gegen die Juden verglich, berichtet die elsässische Zeitung „DNA“. Sogar von „Judensternen“ und Uniformen in „feldgrau“ soll die Rede gewesen sein. Viele Lauterbourger Bürger waren schockiert. Ein Bürger leitete den Vorfall an einen Richter und antirassistische Vereinigungen weiter.

Fetsch hatte später die Gründe für seine Wut erklärt: „Die Grenze bei Lauterbourg Ville wurde blockiert. Niemand hatte mich informiert. Ich sah deutsche Polizisten Passanten in unserem Haus überprüfen, sie waren bewaffnet. Dann riefen mich Mitbürger an, um mir mitzuteilen, dass sie von ihrer Arbeit entlassen worden waren, andere durften nicht mehr in der Kantine essen… Sie wurden wie Pestopfer behandelt.“ Damit steht er nicht alleine. Auch andere Bürgermeister aus den Grenzorten waren schockiert, beispielsweise auch Francis Joerger, der damalige Bürgermeister von Scheibenhard. Tatsächlich war es in dieser Zeit zu unschönen Vorfällen gekommen. Französische Bürger wurden beleidigt und ausgegrenzt.

Für die französische Justiz jedoch kein Grund, die Bemerkungen des Bürgermeisters durchgehen zu lassen. „Welche Beziehung besteht zwischen der Entscheidung, Menschen in der Kantine zu trennen, und dem Nationalsozialismus?“, fragte demnach der Richter und erinnerte Fetsch an seine Verantwortung als gewählten Kommunalpolitiker. Fetsch beteuerte, er habe nicht versucht, jemanden zu diskreditieren. „Ich beschuldige nicht die Deutschen. Ich bin vielleicht zu weit gegangen“, soll er laut DNA in der Verhandlung gesagt haben.

„Latente Germanophobie“

Staatsanwalt Alexandre Chevrier betonte, dass Meinungsfreiheit nicht die Freiheit sei, anderen zu schaden. Dies sei „kein einfacher Ausrutscher.“ Fetschs Worte seien Ausdruck seiner Ressentiments. Ein Bürgermeister müsse ein gutes Beispiel geben und das Recht respektieren. Er forderte eine Geldstrafe von 2.000 Euro. Fetsch zeige eine „latente Germanophobie“ durch abwertende und anachronistische Begriffe und erlaube sich empörende, unangemessene Vergleiche, so der Staatsanwalt. Er diffamiere die Deutschen als Profiteure und wage es, die Deutschen mit Nazis zu vergleichen. Dass in Frankreich gegen einen Nazi-Vergleich so entschieden vorgegangen wird, ist mehr als bemerkenswert.

Worte „unangemessen, aber nicht hasserfüllt“

Die Verteidigerin von Fetsch räumte ein, dass die Äußerungen Fetschs ungeschickt gewesen seien, aber nicht hasserfüllt. Fetsch habe nur die deutsche Regierungspolitik kritisieren wollen, nicht die Deutschen an sich. „Aber angesichts seines Alters“ – Fetsch ist 68 – beherrsche er die Spielregeln in den sozialen Netzwerken nicht richtig.

Der Angeklagte, der ein letztes Statement abgeben durfte, sagte, er habe sich für den Post entschuldigt. „Es tut mir ehrlich leid, wenn ich den einen oder anderen meiner Mitbürger beleidigt habe.“ Das Gericht befand ihn dennoch für schuldig, die Deutschen mit den Nazis gleichgesetzt zu haben. Fetsch wurde zu einer Geldstrafe von 2.500 Euro verurteilt. 500 Euro davon muss er an die Organisationen LICRA (Ligue internationale Contre le Racisme et l’Antisémitisme /Internationale Liga gegen Rassismus und Antisemitismus), SOS Racisme Alsace und MRAP (Mouvement contre le racisme et pour l’amitié entre les peuples / Bewegung gegen Rassismus und für Freundschaft zwischen Völkern) als Schadensersatz zahlen.

Auf seiner Facebookseite frohlockt der Lauterbourger Bürgermeister dennoch. Das Ziel des „Denunzianten“ sei eine Geldstrafe von 45.000 Euro und ein Jahr Haft auf Bewährung und damit seine „Unwählbarkeit“ gewesen. Die „Gerechtigkeit“ habe aber obsiegt. Das Gericht habe erkannt, dass er nicht so „rassistisch“ sei, wie es der Anzeiger gerne gehabt hätte. Trotzdem habe derjenige eine „Runde gewonnen.“

Berufung gegen die Entscheidung des Gerichts will Fetsch nicht einlegen. (cli/red/dna)

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