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Landesrechnungshof rügt Land: Klassenziel nicht erreicht!

26. Februar 2013 | Kategorie: Politik Rheinland-Pfalz, Regional

Es gibt viel zu tun für die neue Landesregierung: Das Land muss aus der Talsohle herauskommen. Foto: Ahme

 

Mainz. Wäre das Land ein Schüler, hätte es heute das Klassenziel nicht erreicht. „Setzen, sechs!“ hat der Landesrechnungshof in seinem Jahresbericht feststellen müssen. Die Landesregierung hat ihre Hausaufgaben nicht gemacht und wird jetzt im Zeugnis abgestraft.

Und Hiobsbotschaften, die der Bericht nennt, gibt es einige. So steigen die Kreditaufnahmen und Gesamtverschuldung trotz der bislang höchsten Einnahmen des Landes ungebremst weiter.

Fakt ist, dass sich die seit Jahren erheblich angespannte Haushaltslage des Landes 2011 nochmals verschärft hat: Das Defizit der laufenden Rechnung erreichte mit 845 Mio. Euro einen neuen Höchststand.

Zum Ausgleich des Haushalts des Landes und der Landesbetriebe wurden neue Schulden von 2,2 Mrd. Euro aufgenommen. Dies war die bisher höchste Kreditaufnahme in einem Jahr. Die Gesamtverschuldung stieg auf fast 35 Mrd. Euro.

Jeder siebte Euro, den das Land ausgegeben hat, wurde über neue Kredite finanziert. Die ProKopf Verschuldung lag in Rheinland-Pfalz mit 7.274 Euro um 30 Prozent über dem Durchschnitt der anderen Flächenländer (5.576 Euro). Die Zinsausgaben des Landes von 254 Euro/Einwohner überschritten den Durchschnittswert der anderen Flächenländer (204 Euro/Einwohner) um 24,5 Prozent.

Die verfassungsrechtliche Kreditobergrenze wurde im Haushaltsvollzug 2011 um 589 Mio. Euro überschritten.

Bis zum Ende des Finanzplanungszeitraums im Jahr 2016 erwartet die Landesregierung einen Anstieg der Verschuldung auf 41Mrd Euro.

Die Gesamtverschuldung des Landes hätte sich damit im Vergleich zu 2002 nahezu verdoppelt.

FDP entrüstet sich: „Rot-Grün lebt auf Kosten unserer Kinder“

„Der rheinland-pfälzische Landesrechnungshof rechnet nicht nur die Ausgaben der rot-grünen Landesregierung nach, er rechnet mit dieser ab.“ So umschrieb der Vorsitzende der FDP Rheinland-Pfalz, Dr. Volker Wissing, den Jahresbericht. Trotz Rekordsteuereinnahmen hätten SPD und Grüne das Kunststück vollbracht, die höchste Neuverschuldung in der Geschichte des Landes Rheinland-Pfalz zu beschließen.

„Der Bericht des Landesrechnungshofes ist ein Dokument des Versagens der rot-grünen Landesregierung“, so Wissing. Diese gebe lieber Geld aus und erhöhe Steuern und Abgaben, statt ihre Ausgaben in den Griff zu bekommen. Ein Fehlbetrag von nahezu einer Milliarde Euro für das Haushaltsjahr 2011, zeichne das Bild einer Koalition, für die verantwortungsbewusste Haushaltsführung ein Fremdwort sei. „SPD und Grüne sind angetreten, den Wohlstand, den andere erwirtschaften, mit vollen Händen auszugeben, einen eigenen Beitrag für mehr Wohlstand leisten sie aber nicht“, so Wissing. „Rheinland-Pfalz verdankt der SPD einen bankrotten Freizeitpark und ein riesiges Finanzdesaster“, stellte Wissing fest.

Umso schmerzlicher sei der wirtschaftspolitische Totalausfall der grünen Wirtschaftsministerin und das wirtschaftspolitische Desinteresse der Ministerpräsidentin. „Die eine macht Politik gegen die Wirtschaft, der anderen ist diese ziemlich gleichgültig. So kann kein Wachstum entstehen“, sagte der FDP-Vorsitzende. Die rot-grüne Koalition mache Kinder arm, indem sie das Geld künftiger Generationen ausgebe. Rot-Grün führe das Land Rheinland-Pfalz geradewegs in eine Krise. Am Ende fehle das Geld für Kommunen, die Schulen und Hochschulen, die Polizei, die Justiz und die gesamte öffentliche Infrastruktur. Der Bericht des Landesrechnungshofes sei eine schallende Ohrfeige für die wirtschafts-, finanz- und haushaltspolitische Bilanz der rot-grünen Landesregierung. Rheinland-Pfalz sei noch nie so schlecht regiert worden.

CDU appelliert an Dreyer, entschlossen zu handeln

„Der heute von Präsident Behnke vorgestellte Jahresbericht 2013 des Rechnungshofes Rheinland-Pfalz stellt der Haushalts- und Finanzpolitik der Landesregierung ein verheerendes Zeugnis aus. Zugleich bestätigt er neuerlich die Warnungen und Feststellungen der CDU-Landtagsfraktion zur katastrophalen Verschuldungslage des Landes“, so der stellvertretende Vorsitzende der CDU-Landtagsfaktion, Dr. Adolf Weiland.

Andere Bundesländer seien längst in den Schuldenabbau eingestiegen.

Doch in Rheinland-Pfalz sei auch im Jahr 2012 der Gesamtschuldenstand trotz hoher Steuereinnahmen und historisch niedriger Zinssätze beträchtlich angestiegen. „Deutlicher kann die Kritik des Landesrechnungshofes kaum ausfallen.

Ministerpräsidentin Dreyer muss jetzt endlich das Steuer herumreißen, wenn sie ihr Scheitern nicht vorprogrammieren will. Der neue Doppelhaushalt des Landes für 2014 und 2015 ist die letzte Chance zu verhindern, dass unser Land im Schuldensumpf versinkt. Schon jetzt ist die finanzielle Handlungsfähigkeit des Landes empfindlich eingeschränkt. Die

Zahlen und die Bewertungen des Rechnungshofes“, so Weiland weiter, „beweisen schlüssig: Rheinland-Pfalz hat kein Einnahmeproblem, sondern ein Ausgabeproblem. Fehlschläge wie am Nürburgring und am Flughafen Hahn, für die jetzt die Rechnung präsentiert wird, haben das Problem noch einmal verschärft.“ Weiland appelliert eindringlich an die Ministerpräsidentin, jetzt entschlossen zu handeln. Er warnt davor, auf neue Steuererhöhungen zu setzen: „Wenn Frau Dreyer jetzt nicht zupackt, dann wird es für unser Land und seine Bürger nur noch schlimmer und schmerzhafter.“

SPD begrüßt Rechnungshofbericht: Behutsame Konsolidierung nötig

„Wir haben 2012 eine deutliche Verbesserung der Haushaltssituation des Landes gegenüber dem Jahr 2011, auf das sich der Bericht des Rechnungshofs primär bezieht, zu verzeichnen. Die Konsolidierungsziele wurden im letzten Jahr bereits übererfüllt, und wir sind damit ein sehr gutes Stück des Weges bis 2020 vorangekommen. Wie von der Landesverfassung vorgeschrieben, werden wir bis dahin den Landeshaushalt ohne strukturelle Neuverschuldung gestalten.

Dennoch ist richtig, dass die Haushaltssituation des Landes weiterhin schwierig ist und am Kurs der Konsolidierung zwingend festgehalten werden muss“, erklärt der haushalts- und finanzpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Thomas Wansch.

Dies gelte auch angesichts der aktuellen Notwendigkeit, einen Nachtragshaushalt für 2013 zu verabschieden, um dem Flughafen Hahn die Grundlage für eine Neustrukturierung zu geben und bildungspolitische Ausgabenstellungen abzusichern.

„Sicher ist die Feststellung des Rechnungshofs zutreffend, dass die Konsolidierung des Landeshaushalts nicht nur über die Einnahmeseite erfolgen kann, wenn auch ihr Adressat nicht ganz klar ist. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass die Steuergesetzgebung der Bundesregierung die Länder massiv belastet und Rheinland-Pfalz jedes Jahr hunderte Millionen Euro kostet. Und es ändert selbstverständlich nichts an der Notwendigkeit, in Deutschland zu einer leistungsgerechteren Steuerpolitik zurück zu finden.

Wir müssen und werden im Land weiter besonders bei den Ausgaben ansetzen. Es liegen noch Jahre großer Anstrengungen vor uns. Die vom Rechnungshof für den Personalbereich des Landes gemachten Aussagen werden wir deshalb neben den weiteren Einzelprüfpunkten seines Berichts besonders prüfen. Denn die Personalkosten sind der höchste Ausgabenblock des Landes. Allerdings haben die Beschäftigten hier bereits wichtige Beiträge zur Konsolidierung erbracht. Der Kurs der Konsolidierung muss weiterhin zukunftsgerecht und sozial ausgewogen gestaltet werden. Zukunftsinvestitionen dürfen nicht vernachlässigt werden, weil die Folgekosten sonst noch höher sein würden. Schwer vorstellbar sei es, dass unter diesem Gesichtspunkt ein massiv verschärfter Stellenabbau im Bildungsbereich, wie vom Rechnungshof gefordert, das richtige Mittel darstelle.

Ministerrat beschließt Nachtragshaushalt: „Fuß bleibt auf der Bremse“

Derweil hat heute der Ministerrat einen Regierungsentwurf zu einem Nachtragshaushalt für 2013 beschlossen. „Mit dem Nachtragshaushalt reagiert die Landesregierung auf aktuelle gesellschafts- und strukturpolitische Entwicklungen“, sagte Finanzminister Carsten Kühl.

„Bei einem Doppelhaushalt, der für zwei Jahre seine Gültigkeit haben soll, ist es nicht außergewöhnlich, mit einem Nachtragshaushalt auf veränderte Bedingungen zu reagieren“, meinte Kühl.

„Mit rund 57 Millionen Euro wollen wir schon im laufenden Jahr die Voraussetzungen dafür schaffen, dass für 39 Prozent der Kinder unter drei Jahren Betreuungsmöglichkeiten in den Kindergärten geschaffen werden. Dieser Betrag kommt im Wesentlichen den Kommunen zugute.

Gut 30 Millionen Euro gehen an die Hochschulen, da sich die Zahl der Studierenden im Land gegenüber den früheren Prognosen deutlich nach oben entwickelt hat. Wir erwarten vom Bund, dass dieser seinen Verpflichtungen aus dem Hochschulpakt nun entsprechend nachkommt. Weitere acht Millionen benötigen wir, um den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes für den Rechtsanspruch von Asylbewerbern auf Unterhalt nachzukommen“, so Kühl.

Gut die Hälfte der Nachtragssumme werde veranschlagt, um Vorsorge für aktuelle Finanzprobleme am Flughafen Hahn zu treffen. Für mögliche Gesellschafterdarlehen und die Umgestaltung des Liquiditätspools sieht der Nachtragshaushalt circa 120 Millionen Euro vor. „In den kommenden Wochen werden wir die genauen Konditionen gemeinsam mit der Europäischen Kommission zur Sicherung des wichtigen Konversionsprojektes konkretisieren“. Die Landesregierung bekenne sich zum wichtigen Infrastrukturprojekt, so Kühl. Die genaue Höhe der Auszahlungen werde jeweils auf das zur Liquiditätssicherung erforderliche Maß beschränkt.

Mit dem Nachtragshaushalt werde eine höhere Kreditaufnahme als zunächst für das Jahr geplant ermöglicht. „Wir werden dennoch nicht nur die durch die Schuldenbremse definierte neue Verfassungsgrenze einhalten, auch die alte Verfassungsgrenze werden wir beachten, unsere Nettokreditaufnahme wird die Investitionen nicht übersteigen“, sagte Kühl. Er bekräftigte, dass trotz höherer Ausgaben in 2013 an dem in der Finanzplanung festgelegten Konsolidierungspfad „keine Abstriche“ gemacht würden. „Wir werden bereits im Haushaltsjahr 2013 konsequent versuchen, weniger Kredite aufzunehmen, als uns der Nachtragshaushalt erlaubt. Das können wir durch eine sparsame Mittelbewirtschaftung erreichen. Dass wir das können, haben wir bereits für 2012 bewiesen“, sagte Kühl.

„Ein Aufweichen der Schuldenbremse wird es mit mir nicht geben, der Fuß bleibt auf der Bremse. Mit blockierenden Reifen können wir aber kein neu auftauchendes Hindernis umfahren. Es bleibt bei unserem Kurs, nicht blind, sondern klug zu sparen“, sagte der Finanzminister.

Zur Sache: Wer oder was ist der Rechnungshof und wozu dient er?

Zentrale Aufgabe des Rechnungshofs Rheinland-Pfalz ist es, die gesamte Haushalts- und Wirtschaftsführung des Landes Rheinland-Pfalz sowie der Gemeinden und Gemeindeverbände samt ihrer Betriebe auf eine wirtschaftliche, sparsame und bestimmungsgemäße Verwaltung und Verwendung öffentlicher Gelder hin zu überprüfen. Daneben kann der Rechnungshof auch das Landesparlament, die Landesregierung sowie die Ministerien beraten und sich gutachtlich zu Fragen äußern, die für die Haushalts- und Wirtschaftsführung von Bedeutung sind.

Der Landesrechnungshof prüft laut Verfassung und fasst das Ergebnis jährlich in einem Bericht an den Landtag zusammen, den er auch der Landesregierung zuleitet.

Der Jahresbericht 2013 bezieht sich auf die vom Ministerium der Finanzen im Dezember 2012 vorgelegte Haushaltsrechnung 2011 und die vom Rechnungshof im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit und Ordnungsmäßigkeit der Haushalts- und Wirtschaftsführung geprüften Sachverhalte. (desa)

Das Land muss auf die Schuldenbremse treten. Foto: dts

 

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