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Interview mit Fred-Holger-Ludwig: „Wie geht es weiter mit Bad Bergzabern, Herr Bürgermeister?“

30. Januar 2015 | Kategorie: Kreis Südliche Weinstraße, Politik regional, Regional

Bürgermeister Dr. Fred-Holger Ludwig: „Ich will, dass die Stadt vorwärts kommt.“
Foto: pfalz-express.de/Licht

Bad Bergzabern – Seit August letzten Jahres lenkt Dr. Fred-Holger Ludwig (CDU) die Geschicke der Kurstadt. Und er hat viel vor. Mit dem Pfalz-Express sprach der Bürgermeister über seine Pläne und Visionen.

Herr Dr. Ludwig, wie geht es Ihnen nach dem ersten halben Jahr im Amt?

„Mir geht es sehr gut. Natürlich gab es in den ersten Wochen viel Neuland, viel Einarbeitungszeit. Es zeigt sich immer wieder, dass eine Stadt in der Größe Bad Bergzaberns viele Herausforderungen mit sich bringt. Ich will, dass die Stadt vorwärts kommt.“

Was sind Ihre wichtigsten Ansatzpunkte?

„Kurz zusammengefasst ist das die Belebung der Innenstadt, die Attraktivität für alle Generationen.  Zusammen mit meinen Beigeordneten Wichmann, Rodrian und Scheder hab ich diesbezüglich Prioritäten gesetzt: Das Viertel im Bereich Post, Möbelhaus Vogel, Pfeiffergelände soll zu einem attraktiven Wohngebiet werden.

Zusammen mit der Liebenau-Stiftung und der LBS Karlsruhe sollen Lebensräume für Jung und Alt entstehen. Es ist ein wirklich begeisterndes Projekt, denn die Generationen brauchen einander gegenseitig.“

Läuft alles so, wie Sie es sich vorstellen?

„Ein Problem in der weiteren Ausgestaltung ist die Schließung des Kreisaltenheims im letzten Jahr. Das Gelände gehört dem Kreis – die Liebenau-Stiftung würde dort einen Neubau für ein Pflegeheim hinstellen. Damit hätten wir eine ideale Kombination – mitten in der Stadt ein Altenheim. Das ist wichtig, damit sich die Bewohner am sozialen Leben beteiligen können.

Mit dem Investor sind wir soweit einig. Was den Grundlagenvertrag angeht – da sind wir im Moment am Arbeiten, aber grundsätzlich gibt es für diese Idee im Stadtrat Übereinstimmung.

Dazu passt auch unser seniorenpolitisches Konzept, zum Beispiel die Abflachung der Bürgersteige. Davon profitieren auch junge Familien mit Kinderwagen oder auch Rollstuhlfahrer.“

Netzwerk der gesunden Städte

Ein weiteres Ziel von Ludwig: Bad Bergzabern soll in das Netzwerk der gesunden Städte aufgenommen werden, dem bislang 35 Gemeinden und Städte angehören. Das Gesunde-Städte-Netzwerk der Bundesrepublik Deutschland ist ein freiwilliger Zusammenschluss von Kommunen. Um aufgenommen zu werden, müssen neun Kriterien erfüllt sein.

Schafft Bad Bergzabern die Aufnahme in das Gesunde-Städte-Netzwerk ?

„Die Stadt ist dafür prädestiniert. Es fängt beim Klima an (höchstes Prädikat heilklimatischer Kurort). Wir haben die drei Ws: Wein, Wald, Wasser. Wir leben hier wohlbehütet von Mutter Natur, die Welt ist noch in Ordnung. Es gibt durch Kliniken und Thermen ein hohes Gesundheitspotenzial.“

Sie wollen zur Verbesserung der Lebens- und Luftqualität die Tunnelumgehung für Bad Bergzabern…

„Das ist richtig. Ich bitte auch alle südpfälzer Abgeordneten, sich dafür stark zu machen.“ (Der Tunnel beginnt ungefährt an der Einfahrt der Straße nach Böllenborn und endet etwa an der Einfahrt der Straße nach Dörrenbach, Anm.d.Red.).

Das Baurecht liegt zwar vor, aber das Land Rheinland-Pfalz hat beim Bund noch keine Einstellung in den Bundeswegeplan gemacht. Es verärgert mich sehr, dass in diesem Punkt Grünstadt/Kirchheim mit einem ähnlichen Projekt vorgezogen wurde. Ich hoffe, dass das Thema in diesem Jahr massiv in die Debatte kommt.“

Auch eine Stadtbahn nach Karlsruhe soll es geben…

„Ja, wir brauchen den Anschluss an die Technologieregion Karlsruhe. Sonst besteht die Gefahr, dass man abgehängt wird. Auch dafür brauchen wir unsere Abgeordneten, die uns diesbezüglich unterstützen können.“

In der Innenstadt stehen viele Geschäfte leer. Was tun Sie dagegen?

„Der Ladenleerstand in der Innenstadt bedrückt mich wirklich. Der Trend geht leider immer mehr in Richtung Vollversorger/Vollsortimenter. Wir müssen versuchen, Geschäfte zu aktivieren und in die Innenstadt zu holen.  Das Sortiment muss angepasst werden an die Bedürfnisse der Menschen.

Es soll wieder so weit kommen, dass man sagt: „Ich war in Bad Bergzabern einkaufen.“ Es braucht eine gewisse Qualität in den Geschäften. Diesbezüglich habe ich schon viele Gespräche mit unserem Stadtplaner Prof. Dr. Hans Dennhardt geführt. Auch weitere Gespräche mit den Hauseigentümern müssen wir führen, damit die Miete nicht ganz so hoch steigt.

Zusammen mit dem Werbekreis kombinieren wir Ideen für die Stadt – die Wohlfühlatmosphäre muss einfach stimmen. Wir werden Bänke aufstellen, kleine Nischen schaffen mit Rosen und Weinlaub – Rosen sind ja unser Symbol – , den Bach im Kurpark offenlegen, eine Wasserspielfläche für Kinder errichten. Den Tanztee und das wöchentliche Kurkonzert wieder aktivieren. Das können Chöre sein, Bigbands – wir werden die Vereine der Region mit einbeziehen.

Wir haben viele Veranstaltungen im Haus des Gastes, im Schlossinnenhof, das Museum im Engel wird sehr gut angenommen, es gibt Vernissagen und viel Kultur. Aber auch für die Jugendlichen soll für Unterhaltung gesorgt werden, dazu sind wir gerade mit Jugendpflegern intensiv im Gespräch.

Jedenfalls fixieren wir uns nicht nur auf einzelne Säulen: Da die Jugend, dort die Älteren – alles soll eine Konnexität haben. Junge und Alte, Singles und Familien mit Kindern, für Einheimische, Kurgäste und Touristen: Das Gesamtpaket macht es aus.“

Sie haben Bürgerbeteiligung versprochen...

„Am 4. Februar findet die erste Bürgerinformationsveranstaltung statt. Dort kommen alle Themen der Stadt auf den Tisch, positive wie negative. Ich bin dafür, dass Bürger ihre Ideen einbringen, aktiv an der Gestaltung der Stadt mitarbeiten. Man kann nicht verlangen, dass die Stadtspitze die gesamte Ideenpalette beherrscht.

Früher gab es einmal einen Bürgerstammtisch, der ist leider eingeschlafen. Ich stelle mir vor, dass wir die Ideen der Bewohner beispielsweise in einem Verein kanalisieren könnten – für ein lebens- und liebenswürdiges Bad Bergzabern.

Wie steht es um die Finanzen?

Wie viele unserer Kommunen in Rheinland-Pfalz stehen auch wir mit dem Rücken zur Wand und kämpfen in Zukunft um jede freiwillige Leistung, damit wir das kommunale Leben unserer Stadt aufrecht halten können.

Im gesamten Tenor ist es derzeit so, dass wohl keine Einsparungen in größerem Umfang zu realisieren sein werden. So wird es in Zukunft verstärkt darum gehen, die Ausschöpfung der Einnahmemöglichkeiten zu optimieren.

Derzeit haben wir eine Gesamtverschuldung von 15.258.603 Euro, obwohl wir für das Jahr 2014 von einer verhältnismäßig positiven Entwicklung im Vergleich zur Planung ausgehen können. Trotzdem müssen wir alles versuchen, die Entwicklung unserer Stadt weiterhin nach vorne zu bringen, ohne die Schuldenfalle zuschnappen zu lassen.

Thema Schlosshotel: Wie geht es weiter?

„Das stimmt mich traurig. Die Immobilie als solche ist ja sehr schön geworden. Mein Problem ist nicht das Schlosshotel, sondern mein Problem ist das Land – wie es mit uns diesbezüglich umgegangen ist.

Ich habe das immer kritisch beäugt – die Vorgehensweise, nicht das Hotel wohlgemerkt. Wir wurden als Stadt in etwas hineingezwungen, was uns nun 3,2 Millionen Schulden beschert hat.

Das Projekt war früher geplant als Hotel mit einer Markthalle. Dort sollten regionale Produkte vermarktet werden, das war der ursprüngliche Förderungsgedanke. Dann wurde die Halle immer kleiner – am Ende war es ein Gastraum mit 37 Quadratmetern. Es wurden Dinge getan, die vom Land nicht gefördert worden sind wie beispielsweise eine Wasserwand eingebaut oder die Küche vergrößert – wer das seinerzeit verlasst hat, ist heute nicht mehr wirklich nachzuvollziehen. Und ich habe stapelweise die Aktenordner dazu studiert.“

 Nachverhandlungen für das Schlosshotel

Zur Sache: Der frühere Wormser Investor und jetzige Pächter des Hotels, Christian Gutland, bekommt einen ordentlichen Satz an Miete und hat sich das Vorkaufsrecht für das Prestigeobjekt nach zehn Jahren für 1,4 Millionen gesichert.

Derweil hatte Gutland das Hotel unterverpachtet, einmal an die Betreibergesellschaft Mart (Insolvenz 2013), dann an das Ehepaar Mönnich, ebenfalls eine Betreibergesellschaft (Inolvenz 2014).

Bad Bergzabern hatte das Barockgebäude vor Jahren dem heutigen Pächter Christian Gutland für 572.000 Euro abgekauft. Laut Rechnungshof war die Immobilie aber nur etwa 220.000 Euro wert. Der Rechnungshof stufte das Objekt als „extrem unwirtschaftlich“ ein.

Ludwig ist nun in Nachverhandlungen getreten, das hat der Rechnungshof verlangt. Da aber alle Verträge seinerzeit notariell bestätigt wurden, soll nun geprüft werden, inwieweit die Stadt Regressansprüche tätigen kann.

Ein Gespräch am 23. Januar im Mainzer Innenministerium brachte Ludwig auch nicht viel weiter: „Lediglich bei der Förderung gehen wir in Nachverhandlungen. Immerhin ist ein Anteil von mehreren 100.000 Euro nicht gefördert worden. Hoffen wir, dass wir da noch etwas noch bekommen. Das Schlosshotel soll weiter existieren und mit einem wirtschaftlichen Betrieb weitergeführt werden.“

Stadtrat unterstützt Forderung zur Nachförderung

In der Stadtratssitzung am 29. Januar bekräftigten die Räte nochmals ihren Entschluss, alles daran zu setzen, um vom Ministerium Nachförderungen zu bekommen.

SPD und FWG lehnten eine Prüfung auf Schadensersatzansrpüche ab und  ließen dies auch aus dem Protokoll der letzten Sitzung streichen. (cli)

 

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