Samstag, 27. April 2024

Integrationshelfer: Die Helden des Alltags. Beruf im Fokus

15. August 2022 | Kategorie: Ausbildung & Beruf, Ratgeber

Quelle: unsplash

Wer sich an die ersten Tage an einer neuen Schule erinnert, weiß, dass sie nicht unbedingt leicht ausfallen und ganz schön viel Stress machen können. Und was wenn ein Kind eine körperliche oder geistige Behinderung, seelische Probleme oder sonderpädagogischen Förderbedarf hat?

Ganz alltägliche Dinge wie der Schulweg, Sportstunden oder Klassenfahrten werden zu einer besonderen Herausforderung. Dennoch dürfen laut UN-Behindertenrechtskonvention Kinder mit Behinderung seit 2009 Regelschulen besuchen. Für ihre erfolgreiche Eingliederung in den Unterricht und in die Klassengemeinschaft soll Schulbegleitung durch Integrationshelfer sorgen.

Integrationshelfer-Stellen sind mittlerweile keine Seltenheit. In Rheinland-Pfalz sind die Ausgaben für Integrationshelfer in den letzten Jahren fast doppelt so hoch geworden. Bei der Integrationshilfe handelt es sich um keinen anerkannten Berufsabschluss, also kann man, soweit die jeweilige Stellenausschreibung es zulässt, auch als Quereinsteiger anfangen (z.B. im Rahmen eines FSJ oder BFD), außerdem wird eine entsprechende Umschulung auch vom Arbeitsamt angeboten. Eine abgeschlossene Ausbildung im Bereich Erziehung, Kinderpflege, Heilerziehungspflege oder sozialpädagogische Assistenz wäre aber von Vorteil, besonders, wenn Integrationshelfer für Schüler mit einem größeren Förderbedarf gesucht werden.

Die persönliche Eignung ist nicht weniger wichtig. Wer Kindern mit Förderbedarf dabei helfen möchte, im Schulalltag zurechtzukommen, sollte auf jeden Fall folgende Eigenschaften und Kompetenzen mitbringen:

• Geduld,
• Toleranz,
• Einfühlungsvermögen,
• Verständnis,
• Gelassenheit,
• Konsequenz,
• Verantwortungsbewusstsein,
• Organisationsfähigkeit,
• Aufgeschlossenheit.

Man muss sich auf die Besonderheiten und Bedürfnisse des jeweiligen Kindes einstellen können sowie einen guten Draht zu seinen Eltern und Lehrern haben. Mit dem Kind eine vertrauensvolle Beziehung aufzubauen, ein eingespieltes Team zu werden ist die Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Schulbegleitung, deswegen bekommen normalerweise alle Seiten die Möglichkeit, einander kennenzulernen, bevor ein Integrationshelfer einem Kind zugeordnet wird.

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Die Aufgaben variieren sich je nach dem Behinderungsgrad und Art der Behinderung und umfassen folgende Bereiche:

• pflegerische Tätigkeit (z.B. Hilfe beim Toilettengang, Anreichen von Essen, Transport mit dem Rollstuhl);
• lebenspraktische Hilfe (räumliche und zeitliche Orientierung, An- und Auskleiden in der Schule);
• Hilfe im Unterricht (Einrichtung des Arbeitsplatzes, Vorlegen des Arbeitsmaterials);
• Unterstützung im sozialen Bereich oder bei der Kommunikation (Konfliktlösung, emotionale Unterstützung).

Auch in den Pausen oder bei außerschulischen Aktivitäten wie Klassenfahrten hört die Unterstützung nicht auf. Dennoch sind Integrationshelfer keine Zweitlehrer oder Sonderpädagogen, den Lernstoff zusätzlich zu erklären gehört also nicht zu ihrem Aufgabenbereich. Im Idealfall arbeiten Lehrer, Sonderpädagogen und Schulbegleiter bei einer klar geregelten Rollenverteilung eng zusammen und ergänzen sich.

Integrationshilfe wird über das zuständige Jugend- oder Sozialamt finanziert, die potentiellen Arbeitgeber sind soziale oder kirchliche Dienste, Organisationen der Behindertenhilfe, der Familien- und Jugendhilfe und Wohlfahrtsverbände.

Angesichts der steigenden Anzahl von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund ist auch in diesem Bereich entsprechende Schulbegleitung möglich. Da handelt es sich aber um etwas andere Aufgaben und Fähigkeiten, wie etwa das Dolmetschen bei kommunikativen Problemen.

Nach einiger Zeit merkt man bei vielen Schülern, dass sie immer selbstständiger werden, mehr Distanz möglich und weniger Hilfe benötigt ist. Dann können die begleitenden Stunden auch reduziert werden und bestenfalls kann das Kind die Schule selbstständig und ohne Unterstützung eines Schulbegleiters besuchen. Das ist sowohl für die Kinder als auch für die Integrationshelfer ein großer Erfolg, der sich leider bei manchen Schülern, die ihre Begleitung bis zum Abschluss brauchen, nicht erreichen lässt. Das bedeutet aber im Umkehrschluss nicht, dass der Integrationshelfer schlechte Arbeit geleistet hat, die die Dauer einer Schulbegleitung kommt auf die individuellen Bedürfnisse des Schülers an.

Das Ziel der Integrationshilfe ist, die Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen und zu mildern sowie die Entwicklung der betreuten Schüler zu unterstützen, ihnen zu ihrem Recht auf Bildung und auf Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu verhelfen. Nach den Angaben von 2022 leben in Deutschland 7,8 Prozent schwerbehinderte Menschen. Diese Menschen in den Arbeitsmarkt zu integrieren wäre sowohl aus wirtschaftlichen als auch aus sozialen Gründen ein wichtiges Vorhaben. Auch für Kinder ohne Behinderung wäre die Förderung von Inklusion in der Schule eine Bereicherung. So würden sie von Kindheit an lernen, tolerant und respektvoll zu sein, Bedürfnisse anderer zu berücksichtigen und künftig eine gerechtere Gesellschaft ohne Diskriminierung mitgestalten.

Die Arbeit als Integrationshelfer leistet einen bedeutenden Beitrag zur Inklusion als gesellschaftlichen Auftrag und ist in gewisser Hinsicht eine Berufung, da sie nicht selten enorme emotionale und seelische Belastung mit sich bringt und große Verantwortung voraussetzt. Dabei kann es aber auch durchaus erfüllend sein, beobachten zu können, wie ein Kind Fortschritte macht, sich in sein soziales Umfeld integriert und seinen Weg zur Selbstständigkeit findet. Menschen, die Kinder mit Behinderung dabei unterstützen, verdienen höchsten Respekt und Anerkennung.

Quelle: unsplash

 

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