Holzlagerung auf Privatgrundstücken: Wörther SPD streitet mit Kreisverwaltung

7. April 2019 | Kategorie: Kreis Germersheim, Politik regional, Regional

Symbolbild: Pfalz-Express

Kreis Germersheim  – Die SPD Wörth ist empört: Die Kreisverwaltung zwinge die Büchelberger Bürger, die auf ihrem Privatgrundstück Holz lagern, dieses unter Androhung von mehreren tausend Euro Zwangsgeld innerhalb von drei Monaten zu beseitigen.

Das teilte die SPD in einer Pressemeldung mit. Aus Sicht der SPD Wörth ist das Vorgehen der Kreisverwaltung Germersheim „inakzeptabel“. Seit Jahrhunderten sei Büchelberg als Rodungsinsel von lagerndem Holz geprägt: „Dies ist Teil des Kulturguts und fördert nachweislich die Artenvielfalt der Tier- und Pflanzenwelt. Holz als nachwachsender Rohstoff ist zudem ein besserer Brennstoff als Öl oder Gas, das die Alternative darstellt.“

„Signal an alle Bürger im gesamten Kreis“

In Büchelberg aber auch in Freckenfeld schaffe die Kreisverwaltung mit der Verordnung Präzedenzfälle: „Jahrzehntelang wurden Holzlager und Hütten missachtet. Für einige der Bauten gibt es sogar Baugenehmigungen aus dem letzten Jahrhundert, lediglich marginale Änderungen in den vergangenen Jahren veranlassten nun die Kreisverwaltung zur Aussendung der Verfügungen mit mehreren tausend Euro an Zwangsgeldern.“

Die Verfügungen ließen den Grundstückseigentümern lediglich drei Monate Zeit zur Beseitigung. Für Senioren und Familien, die mit dem nachwachsenden Rohstoff Holz voll- und teilweise heizen, sei dieses Vorgehen nicht akzeptabel, insbesondere da keinerlei Hilfestellungen oder Gespräche erfolgt seien. Das sei zugleich ein Signal an alle Bürger im Kreis Germersheim, so die Wörther SPD.

SPD fordert mehr „Augenmaß und Handlung im Ermessensspielraum“

Die SPD fordert, dass die Kreisverwaltung nicht „mit dem eisernen Besen durch die Flure kehrt, sondern mit Bedacht, Anstand und Vernunft.“ Wenn eine Biologin bestätige, dass in den Holzlagern und in den bestehenden Hütten seltene und gefährdete Tierarten Schutz und ihren Lebensraum finden, erreiche Landrat Dr. Fritz Brechtel das Gegenteil von dem, was er eigentlich erreichen wolle: Er zerstöre den Lebensraum vieler Tier- und Pflanzenarten, schreibt die SPD.

„Ohne Frage stehen auch wir für Ordnung und Recht, allerdings kann niemand eine Verwahrlosung der Landschaft oder die Zerstörung von Lebensraum wollen, der sich an dieser Stelle für den Naturschutz einsetzt,“ so Mario Daum, Vorsitzender des SPD Stadtverbands Wörth. „Ein Gespräch mit den Bürgerinnen und Bürgern sowie die Vereinbarung eines geordneten Verfahrens wären der richtige Weg gewesen, anstatt die Menschen vor den Kopf zu stoßen und zugleich die Artenvielfalt zu riskieren. Wir fordern, dass die dezentrale Holzlagerung auf privatem Grund und mit Genehmigung auch auf öffentlichen Grund möglich bleiben muss,“ so Daum weiter.

 Interessengemeinschaft gegründet

Zwischenzeitlich hat sich eine Interessengemeinschaft gefunden, die sich mit einem offenen Brief an die rheinland-pfälzische Umwelt- und Forstministerin Höfken (Grüne) gewandt hat. Das Scheiben liegt dem Pfalz-Express vor.

Die Interessengemeinschaft unter Führung von Ortsvorsteher-Kandidat Dris Gogel verweist auf die Besonderheiten von Büchelberg in Sachen Holzlagerung und äußert den Wunsch auf weiteren Erhalt der Holzstapel. Unverständnis bestehe vor allem darin, dass an der einen Stelle die Holzlagerung genehmigt und an anderen Zwangsgeldern von 10.000 Euro angedroht worden sei.

Anhand eines Exposés von Dr. Astrid Schnakenberg (liegt ebenfalls vor) werde zudem verdeutlicht, für welche unterschiedlichen und teils bedrohten Tierarten die Holzlagerstätten ein idealer Lebensraum darstellen.

Rehak-Nitsche: „Kreis muss Abrissverfügungen in Büchelberg aussetzen“ 

Die SPD Landtagsabgeordnete Dr. Katrin Rehak-Nitsche weist die Bürger in Büchelberg „nachdrücklich“ darauf hin, dass die „Tötung von geschützten Tierarten unter Strafe steht, auch wenn diese unbeabsichtigt geschieht.“

Der von der Kreisverwaltung verfügte Abriss von Holzstapeln und Gebäuden in der Büchelberger Flur könne zu derartigen Tötungen führen. „Der Landrat und die Kreisverwaltung haben in ihrer Verfügung diese drohenden Tötungsdelikte überhaupt nicht berücksichtigt und lassen die Büchelberger Bürger ins offene Messer laufen“, so Katrin Rehak-Nitsche.

Sie rät betroffenen Bürgern „dringend“, vor dem Abriss von Holzlagern und Gebäuden nochmals mit der Kreisverwaltung in Kontakt zu treten. „Ich fordere den Landrat dazu auf, bis zu einer tragfähigen Klärung der artenschutzrechtlichen Qualität der Holzstapel und Gebäude alle Abrissverfügungen auszusetzen. Es kann nicht sein, dass der Kreis den Abriss verfügt und dann der Staatsanwalt die Bürger für Tötungsdelikte an seltenen Arten verfolgt.“

Auf eine Anfrage der Landtagsabgeordneten habe der Landrat schriftlich geantwortet: „Die Kreisverwaltung hat keine Holzlagerplätze oder Gebäude auf eine artenschutzrechtliche Problematik hin überprüft.“

Die Holzlagerung in der Büchelberger Flur gehöre seit Generationen zum menschengemachten Landschaftsbild der Rodungsinsel im Bienwald. „Offenkundig“  sei von vornherein angenommen worden, dass die Holzstapel und Gebäude Fremdkörper seien, denen keine ökologische Qualität beigemessen werden müsse, so Rehak-Nitsche. Die Abgeordnete hat das Umweltministerium eingeschaltet und um Stellungnahme zum Vorgehen des Landkreises gebeten.

Kreisverwaltung: Wahlkampfmanöver

Die Kreisverwaltung und Landrat Brechtel weisen die Vorwürfe zurück.

„Die Presseinformation der SPD beinhaltet leider teilweise sehr verzerrte, teilweise unwahre Darstellung und betreibt mit dieser Art der Behauptungen einen Wahlkampf, in dem ihr offenbar jedes Mittel recht ist“, so die Antwort der Kreisverwaltung auf PEX-Nachfrage. Die SPD, obwohl Regierungspartei, ignoriere völlig die geltende Rechtslage, die sie im Übrigen selbst zu verantworten habe.

„Gesetze haben sich geändert“

Inhalten und tatsächlichen Fakten seien Folgende: Die Kreisverwaltung habe die Beseitigung der „illegalen Anlagen“ unter anderem deshalb verfügt, weil sich die gesetzlichen Rahmenbedingungen geändert hätten. Der Lebensraumtyp der mageren Flachland-Mähwiese sei durch landesgesetzliche Änderung der SPD-geführten Landesregierung 2015 zu den gesetzlich geschützten Biotopen erklärt worden (§ 15 Abs. 1 Nr. 3 des Landesnaturschutzgesetzes).

Die Kreisverwaltung als zuständige Naturschutzbehörde müsse entsprechend tätig werden. Eine dauerhafte Duldung oder ein Nichteinschreiten gegen bedeutsame rechtswidrige Umweltweltbeeinträchtigungen sei nicht möglich und würde eine Verletzung von Amtspflichten bedeuten, heißt es.

„Möglichst schonendes Konzept“

Büchelberg zeichne sich durch eine wertvolle und vielfältige Naturausstattung aus. „Die landschaftsästhetischen und -ökologischen Qualitäten von Büchelberg spiegeln sich in Schutzgebietsausweisungen wie Naturschutz-, Landschaftsschutz-, Natura-2000-Gebieten und Biotopschutzflächen wider. Viele seltene Tier- und Pflanzenarten sind hier heimisch, viele sind aber auch schon verschwunden.“

Die Kreisverwaltung weiter: „Obwohl es der Kreisverwaltung bereits möglich gewesen wäre, gegen die rechtswidrigen Anlagen und Nutzungen im Außenbereich von Büchelberg unmittelbar einzuschreiten, hat sie unter Beteiligung von Fachbehörden und Fachleuten sowie der Stadt Wörth ein Konzept entwickelt, um dieser Aufgabe möglichst schonend für die betroffenen Bürger nachzukommen und die Beurteilungsspielräume zugunsten der Betroffenen auszuschöpfen.“

Seit 2015 angekündigt

Die geplante Vorgehensweise sei unter Beteiligung der Öffentlichkeit bereits 2015 angekündigt worden. „Die Umsetzung des Konzeptes war bekannt.“

Viele Bürger reagierten in dieser Angelegenheit deshalb auch gelassen, zeigten Verständnis und suchten private Ausweichmöglichkeiten für ihre Holzlagerung, wenn sich die Fläche aus naturschutzrechtlichen Gründen als ungeeignet erwiesen habe. Erwartungsgemäß seien auch einige Bürger verärgert. Die Anhörungsschreiben der Kreisverwaltung seien jedoch „sehr frühzeitig“ ergangen und setzten den Adressaten eine großzügige Frist zur Umsetzung.

Genehmigungen möglich

Für etwa 95 Prozent der erfassten Holzlagerplätze in Abhängigkeit von der naturschutzfachlichen Eignung des Standorts besteht eine „Genehmigungsperspektive“, betont die Kreisverwaltung. Das heißt, dass diese Bürger ihr Grundstück weiterhin zur Holzlagerung nutzen können, soweit sie eine entsprechende Genehmigung bei der Kreisverwaltung beantragen und eine Reduzierung der Holzlagermenge auf 25 Ster (bei Teilheizern) bzw. 50 Ster (bei Vollheizer) erfolgt.

Im Vergleich zu anderen Landkreisen sei diese Mengenbegrenzung übrigens bereits großzügig bemessen worden. „Die Büchelberger Bürger machen von dieser Möglichkeit regen Gebrauch, so dass derzeit diesbezüglich eigentlich nur Genehmigungen ausgesprochen werden.“

Die Übermengen an Brennholz müssten allerdings beseitigt werden. In Büchelberg existierten auch „derart große Holzlagerplätze“ (bis zu 600 m³), die mit einem Eigenbedarf nicht mehr zu rechtfertigen gewesen seien. „Die Kreisverwaltung sah sich auf Grund der bundes- und landesgesetzlichen Bestimmungen daher gezwungen, gegen diese gewerblichen Nutzungen vorzugehen und war in diesem Zusammenhang somit natürlich auch angehalten, sich mit den kleineren Holzlagerplätzen zu befassen.“

„Keine Planung der Stadt Wörth“

Naturschutzrechtliche Beseitigungsanordnungen seien im Übrigen auch deshalb nicht vermeidbar gewesen, weil sich die Stadt Wörth „trotz vorheriger Absprache nicht imstande gesehen hat, die Planung für einen kommunalen Holzlagerplatz in Auftrag zu geben.“ Die Kreisverwaltung ist der Ansicht, dass damit ein „sanfter“ Übergang der nicht genehmigungsfähigen Holzlagerplätze auf einen kommunalen Holzlagerplatz in Büchelberg hätte erreicht werden können.

Verfügung gilt für alle Gemeinden im Kreis

Selbstverständlich widme sich die Kreisverwaltung tagtäglich auch in anderen Gemeinden des Kreisgebiets denjenigen illegalen Holzlagerplätzen und baulichen Anlagen, die in einem „wesentlichen Konflikt mit den naturschutz- und baurechtlichen Bestimmungen stehen.“

Ein kommunaler Holzlagerplatz wurde in Lustadt hergestellt. Die Gemeinde Lustadt erwartet, dass ein Wechsel der illegalen Lagerplätze vom Außenbereich auf den kommunalen Holzlagerplatz stattfindet. „Die Kosten für die Lagerfläche sind unserer Kenntnis nach sehr gering, obwohl der Gemeinde dort auch Kosten für die Planung und Eingrünung des Lagerplatzes entstanden sind. Der Platz wird sowohl für private und gewerbliche Lagerzwecke genutzt.“

Anzeige „Straftaten gegen die Umwelt“

Was die Bedeutung der illegalen Bauten und der Holzstapel als ökologisch wertvollen Lebensraum angehe, liege der Kreisverwaltung inzwischen eine noch sehr unkonkrete Anzeige von möglichen Straftaten gegen die Umwelt vor. Um einen Straftatbestand zu vermeiden, habe die Kreisverwaltung „den/die Anzeiger/in“ aufgefordert, die Namen der derjenigen zu benennen, bei denen eine Tötung solcher Arten im Zuge der Beseitigung der Anlagen unmittelbar bevorsteht.

„Wenn der zuständigen Naturschutzbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass streng geschützte Tier- oder Pflanzenarten zu Schaden kommen könnten, hat sie diesen Hinweisen nachzugehe“, so die Kreisverwaltung. „In diesen angedeuteten Fällen ist vor der Beseitigung möglicherweise dafür Sorge zu tragen, dass vor Abbruch der Anlagen im Rahmen einer vorgezogenen Ausgleichsmaßnahme geeignete Lebensräume auf Kosten der Verantwortlichen neu geschaffen werden.“ (red)

 

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4 Kommentare auf "Holzlagerung auf Privatgrundstücken: Wörther SPD streitet mit Kreisverwaltung"

  1. peter sagt:

    Die Sozen (dazu gehören auch die Grünen) erlassen Gesetze und schreien dann rum, wenn sie angewendet werden. Ist auch bei der „Wohnungsnot“ so.

    • Roland sagt:

      Es geht hier nicht um Politik, Sozen oder Grüne oder CDU etc, sondern um eine Kreisverwaltung die schlicht und einfach rechtswidrig handelt. Die Gesetze bieten keine Grundlage für das Vorgehen der Kreisverwaltung. Nach gängiger Lesart sind ein Holzstapel, auch in Schutzgebieten, bis mindestens 40 m³ grundsätzlich genehmigungsfrei. Es darf also auch ein bisschen mehr sein. Viele Menschen verstehen das Verhalten der Kreisverwaltung nicht oder nicht mehr und einige von Ihnen stellen die Kreisverwaltung mittlerweile in die Naziecke, dies teile ich nicht.

  2. karlheinz sagt:

    Der Zweck der Brennholzlagerung ist doch, dieses in den „richtigen Zustand“ zu bringen, um eine möglichst effiziente thermische Verwertung zur Gewinnung von Heizenergie zu erreichen.

    Ja, in solche Brennholzstapel ziehen Insekten, Kleinstlebewesen aber auch kleine Nagetiere ein.

    Wenn es jetzt artenschutzrechtlich bedenklich ist, diese an bestimmten Stellen zu beseitigen bzw. zu reduzieren, wie soll es dann möglich sein, bedarfsorientiert Holz zur thermischen Verwertung (klingt nicht so krass wie „Verbrennung“) zu entnehmen, ohne sich des selben Artenschutzfrevels schuldig zu machen?

    Was die Landtagsabgeordnete hier scheinbar erreichen möchte, ist die dauerhafte Erhaltung der Hozstapel. Freut Euch, Ihr Büchelberger!

  3. karlheinz sagt:

    Ziemlich überraschend hat sogar Andres Lapos heute in einem Kommentar in der Rheinpfalz Frau Dr. Rehak-Nitsche abgewatscht. „aus der Hüfte geschossen“ habe sie, sei „schlecht informiert“ – das Attribut „frischgebackene Landtagsabgeordnete“ passt allerdings nicht mehr.
    Am 30.4. ist sie schon ein Jahr im Landtag.
    Jetzt ein paar Angriffe, hier gegen den CDU-Landrat, dort gegen den CDU MdL Brandl wegen dessen Kritik am Kita-Gesetz.
    Es ist Wahlkampf. Da ist ihre Vorgängerin als MdL auch immer aufgewacht. Die hat aber jetzt als Bürger- und Polizeibeauftragte des Landes ihre Schäfchen im Trockenen.