„Demo-Tag“ in Kandel: Zwei Welten

7. Juli 2018 | Kategorie: Kreis Germersheim, Kreis Südliche Weinstraße, Landau, Regional

Pink und bunt: Mit Trommeln und Fahnen zogen Teilnehmer der Partei „Die Partei“, des „Männerbündnisses Kandel“, der „Antifa“ und weiterer Gruppen durch Kandel.
Fotos und Videos (am Textende): Pfalz-Express/Licht/Kunze

Kandel – An Kundgebungen am Samstag nahmen laut Polizeischätzungen etwa 600 Personen teil, die weitestgehend friedlich demonstrierten. Im Vorfeld war die Polizei von über 1.000  Teilnehmern ausgegangen.

Die Polizei, die mit rund 500 Beamten im Einsatz war, hatte außer Begleit-und Wachaufgaben wenig zu tun. Einen Vorfall gab es dennoch: Auf der Hauptstraße beleidigte ein 30-jähriger Karlsruher einen 25-Jährigen aus Trier. Nach Pfalz-Express-Informationen soll er den Mann „Nigger“ genannt haben.

Bei der Identitätsfeststellung leistete der 30-Jährige gegen die Einsatzkräfte Widerstand und beleidigte eine Polizistin. Die Beamten stellten außerdem eine geladene Schreckschusswaffe und einen Teleskopschlagstock sicher. Auch die 63-jährige Begleiterin des Karlsruhers hatte eine geladene Schreckschusspistole und Pfefferspray dabei. Gegen die Beiden wurde ein Ermittlungsverfahren eingeleitet.

Musik und Reden auf dem Marktplatz

Aufgerufen hatte das „Männerbündnis Kandel“ und die Satire-Partei „Die Partei“ zu einer Versammlung auf dem Marktplatz, die schon um 9 Uhr am Morgen mit einem Frühstück begann, an dem auch Jutta Paulus, Landesvorsitzende der rheinland-pfälzischen Grünen, teilnahm.

Dazwischen gab es immer wieder Musik von den Bands „Freidenkeralarm“, „Ok danke tschüss“, der „Kandel Band“ und sogar ein Theaterstück von „Die Partei“. Wer wollte, konnte sich den Tag über mit der Aktion „Respekt“ unter dem Motto „Gesicht zeigen“ ablichten lassen. Etwa 200 Personen schlossen sich im Lauf des Tages den Kundgebungen an.

„Think pink“

Später sprachen Vertreter von „Die Partei“, den Jusos und anderen Gruppen, bevor es zum Rundgang über die Markt- und Hauptstraße ging.

Kreativ zeigten sich die Veranstalter mit einer Tanz- und Trommelgruppe in Pink, die mit einer Sitzblockade die Route der Migrationsgegner des „Frauenbündnisses Kandel“ zu einem kleinen Umweg zwang (siehe Video).

Zum Abschluss hielt der Wörther Bürgermeister Dr. Dennis Nitsche (SPD) auf dem Marktplatz eine viel beachtete und beklatschte Rede (siehe Video).

Kandel-Lied und Polit-Prominenz

Das Kandeler Bürgerbündnis „WIR sind Kandel“ hielt seine Kundgebung am Saubrunnen ab.

Unter dem Motto „WIR sind Kandel – vielfältig, tolerant, offen“ sprachen der Landtagsabgeordnete und Fraktionssprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Landtag, Dr. Bernhard Braun, und Hellmuth Varnay, Sprecher der SPD-Fraktion im Kandeler Verbandsgemeinderat. Musik gab es vom Duo „Geraffel für 10“, bestehend aus Hans Hruschka und Hartmut Mikolayczak.

Zum Schluss wurde mit Inbrunst ein eigens kreiertes „Wir sind Kandel-Lied“ gesungen. Ungefähr 100 Personen nahmen teil (siehe Video).

„Wir sind Kandel“ hat zudem mit „Nie wieder“- Transparenten, die am Bahnhof und an Wohnhäusern hingen, nach eigenen Worten ein Statement für die Versammlungsteilnehmer des „Frauenbündnisses“ hinterlassen: „Nie wieder Faschismus. Nie wieder Krieg. Nie wieder Hass, Hetze und fremdenfeindliche Parolen. Nie wieder Aufmärsche, die an die Zeit um 1933 erinnern“, so WsK.

Der SPD-Landtagsabgeordnete und Vorsitzende der Landtagsfraktion, Alexander Schweitzer, war ebenfalls dabei. „Als Abgeordneter der Region ist es mir enorm wichtig, in Kandel ein Zeichen gegen Rechts zu setzen.“ Deswegen wolle er vor Ort sein und das Bündnis unterstützen.

Kritik an „Nazi“-Bezeichnung

In der Lauterburger Straße hatte derweil das „Frauenbündnis Kandel“ seine Bühne aufgebaut.

Redner waren dort unter anderem Initiator Marco Kurz selbst, Eric Graziani, („Wir für Deutschland“, WfD), ein aus Südtirol stammender Berliner, der Schweizer Ignatz Bearth, Mitglied der Partei „National Orientierter Schweizer“ (PNOS) oder diverse Frauen. Graziani beispielsweise regte sich auf, dass man in Kandel als „Nazis“ tituliert werde, während man doch lediglich auf Missstände in der Asylpolitik aufmerksam machen wolle (siehe Video).

Die Teilnehmer hatten einige Besen dabei – in Anlehnung an eine Aktion von „Wir sind Kandel“ bei einer früheren Kundgebung, mit der „brauner Schmutz“ nach einer Kundgebung gekehrt werden sollte. Das Frauenbündnis wolle nun mit den Besen vor einigen Kandeler Geschäften „Vernunft einkehren lassen“ sagte Kurz.

Die meisten Reden drehten sich mit teils harscher Rhetorik um kriminelle Asylbewerber. Dem „Frauenbündnis Kandel“ hatten sich nach Schätzungen etwa 350 Personen angeschlossen, das Bündnis selbst spricht von 500 Teilnehmern. Auch in der Lauterburger Straße gab es Musik und Songs.

„Mauern gegen rechts“

Das Bündnis „Aufstehen gegen Rassismus Südpfalz“ hatte eine kleine Kunstinstallation („Mauern gegen rechts“) vorbereitet, die – wie die Initiatoren betonten – keine Provokation sein sollte, sondern ein Statement. Die Mauer aus Pappkartons war mit Hinweisschildern versehen, von denen zum Beispiel „Menschenrechte“, Demokratie“ oder „Toleranz den Weg nach links wiesen, die  Abbiegung nach rechts aber in einer Sackgasse endete.

Kandeler Einwohner ziehen sich zurück

Vielen Kandelern war der Umtrieb in ihren Straßen wohl unheimlich – einige schauten mit missliebigem Kopfschütteln von den Fenstern ihrer Häuser und Wohnungen zu, ließen sich aber bis auf wenige Ausnahmen (außer den Aktiven hauptsächlich am Saubrunnen und am Marktplatz) auf keiner der Versammlungen blicken.

Man wolle „damit“ nichts zu tun haben, sagte eine Anwohnerin dem Pfalz-Express, „weder mit den einen noch mit den anderen.“ Sie wisse, dass  „es fast allen hier in ´Kannl´ so geht.“  (cli).

 

Anmerkung der Redaktion: Eine komplett vollumfängliche Berichterstattung war wegen eines Personalengpasses nicht möglich. Die Videos geben einen Ausschnitt der Reden und Ereignisse wider.

Aktualisierung 8. Juli: Die Kommentarfunktion wurde geschlossen. Unsachliche Beiträge wurden entfernt oder gekürzt. 

Anordnung der Videos chronologisch (soweit durch Schnitt möglich).

 

 

 

 

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15 Kommentare auf "„Demo-Tag“ in Kandel: Zwei Welten"

  1. Tatsachen sagt:

    Es warn sehr wohl Kandeler Bürger dabei.
    Vielleicht 5 beim rechten „Frauen“bündnis .. die 100 Leute bei „Wir sind Kandel“ (WsK) bestehen fast ausschließlich aus Kandelern, Auch beim Bündnis „Kandel gegen Rechts“ sind viele Kandeler Bürger aktiv und waren gestern am Marktplatz. Ebenso ist der Ortsverband Kandel der Partei Die PARTEI zu nennen.

    Die Rechten waren gestern dort, wo sie hingehören: am Rande der Gesellschaft.
    Kandel gehört den Demokraten und der Vielfat.

    • Helga Trauth sagt:

      Genau so ist es!

      • Redaktion sagt:

        Hallo Frau Trauth,

        das ist in der Tat ein wenig missverständlich, pardon. Wir meinten „außer den Aktiven“. Wir ergänzen das noch.

        Beste Grüße,

        die Red.

    • Redaktion sagt:

      Hallo Tatsachen,

      das ist in der Tat ein wenig missverständlich, pardon. Wir meinten „außer den Aktiven“. Wir ergänzen das noch.

      Danke für den Hinweis,

      beste Grüße,

      die Red.

  2. qanon sagt:

    Was bei den Fotos auffällt. Die Gegendemos scheinen „Sponsoren“ zu haben die diese Banner, Plakate und Fahnen kauft. Sieht sehr gestellt aus alles.

    Wenn ich mir die Leute anschaue würde ich am ehesten bei den Frauenbündnis Leute mitlaufen.

    Die Spaltung der Gesellschaft ist im vollen Gange. Sehr gute Arbeit Frau Angela Dorothea Kasner (…) aka Kanzlerin Merkel)

  3. Aufgewachte sagt:

    Unsere Gesellschaft ist gespalten. Soros und seine Netzwerke (NGO s) haben volle Arbeit geleistet. Das grausame Menschenexperiment für eine NWO fordert in den Kriegen und durch die gezielte Massenmigration Millionen Opfer, destabilisiert Staaten und Familien, und das Schlimme ist, dass unsere Politiker von CDU, SPD, den Grünen und Linken (zum Teil) diese zerstörerische Politik auch noch vertreten und anpreisen. Das ist nur noch irre, denn sie sind verantwortlich für die Folgen und die Polarisierung, weil sie aus ihrem rückwärtsgerichteten Denken an die Verbrechen des Nationalsozialismus mittlerweile wieder neue begehen. Divide et impera, dieses Prinzip funktioniert die gesamte Geschichte über.

  4. Philipp sagt:

    Es ist zum Teil schon verständlich, dass die meisten Kandeler passiv bleiben:
    Bei (…) bunten Truppe möchte man nicht mitmachen, weil die meisten Kandeler mit offenen Augen und gesundem Menschenverstand durch das Leben gehen.
    Vor sich regelmäßig wiederholenden, mit dem kulturbedingeten Mord an Mia vergleichbaren, Einzellfällen kann man halt auch nicht die Augen verschließen – (…)
    Unter dem Motto „Kandel ist überall“ mitzumachen trauen sich viele nicht, da der soziale Druck (…) einfach zu groß ist.
    Wer möchte schon ein beschmiertes Haus oder öfter platt gestochen Reifen am Auto haben?

  5. Helga Trauth sagt:

    Vielen Dank für die tolle Berichterstattung. Man merkt nicht, dass Sie Personalmangel hatten.

  6. Helga Trauth sagt:

    Es wurden sehr wichtige und gute Reden gehalten. Herr Dr. Braun, Herr Hellmuth Varney bei WsK am Saubrunnen und Herr Dennis Nitsche auf dem Marktplatz. Meiner Meinung nach Pflicht für alle Bürger, die sich aus welchen Gründen auch immer, davor scheuen Gesicht zu zeigen. Es wäre schön, wenn diese Bürger wenigstens die Videos aufmerksam und ohne Vorurteile anhören würden.
    Es muss nicht jeder auf Demos gehen, aber bitte schön, liebe Kandeler, man muss das Engagement von anderen Menschen auch nicht kleinreden.
    Danke an alle Menschen, die den Mut hatten Gesicht zu zeigen! Wir sehen uns bei der nächsten Demo 🙂

    • Kai Schnabel sagt:

      Wenn ein H. Nitsche kein Problem damit hat, vor einem Antifa- und „die Partei“ Banner zu sprechen, kann ich mir auch die Freiheit nehmen, beim „Frauenbündnis“ für seine Meinung einzutreten.
      Wir brauchen folgende Änderungen in der Asylpolitik:
      Gerichtsfeste Abschlüsse von Asylverfahren innerhalb von sechs Wochen und die Streichung von Sozialleistungen und kostenloser Gesundheitsversorgung für abgelehnte Asylbewerber. Die Niederlande machen das vor und sind damit erfolgreich.
      Ausserdem sollen subsidiären Flüchtlingen kein Geld mehr erhalten. In den Flüchtlingslagern im Libanon bekommt jeder Flüchtling eine elektronische Bezahlkarte mit einem bestimmten monatlichen Betrag, mit dem er einkaufen kann. Überweisungen in die Herkunftsländer, um die Schlepper zu bezahlen sind damit nicht möglich.

  7. Helga Trauth sagt:

    Zu Kritik an „Nazi-Bezeichnung“

    Wer sich freiwillig in die rechte Ecke stellt und sich mit rechtsextremen Gruppen zusammen rottet,, darf sich nicht beklagen, wenn er so bezeichnet wird.
    Es sind nicht alle Nazis, die da mitmarschieren. Es sind auch Leute dabei, die für dumm verkauft werden.
    Diese Leute, die da irregeführt werden, lassen sich sich mit „Patrioten“ ansprechen, hüllen sich in Schwarz-Rot-Gold, tragen Blumengirlanden in den Nationalfarben im Haar und um den Hals. und hören sich Hass- und Hetzreden an. So sehen keine echten Nazis aus.
    Für mich ist Schwarz-Rot-Gold ein Zeichen für Demokratie und Freiheit. Niemals würde ich die Flagge für Maskeraden missbrauchen.

  8. Susanne Blau sagt:

    Sehr geehrte Redaktion,
    diesen Beitrag fasse ich als unverhohlene Berdohung auf!

    Hier werden Andersdenkende von einem Psychopathen beschimpft (siehe weitere Beiträge dieses Herrn) und nunmehr sogar bedroht.

    Ich erwarte, dass der Beitrag entfernt wird!

  9. Redaktion sagt:

    Die Kommentarfunktion wurde geschlossen. Unsachliche Beiträge wurden entfernt oder gekürzt.