„Bundespolizei nicht mehr präsent“: Ausgebrannt und kein Licht am Ende des Tunnels?

23. April 2016 | Kategorie: Kreis Germersheim, Kreis Südliche Weinstraße, Landau, Politik, Politik Rheinland-Pfalz, Regional, Rheinland-Pfalz
Beamte der Bundespolizei. Foto: pfalz-express.de/Licht

Beamte der Bundespolizei.
Fotos: pfalz-express.de/Licht

Rheinland-Pfalz – Selten hat ein Entscheidungsträger der Bundespolizei solch deutliche Worte gefunden und Frust und Ärger wegen völliger Überlastung Luft gemacht: Durch eine falsche Haushaltspolitik seien die Beamten weit über das Limit des Belastbaren hinaus.

Zu viele Aufgaben, zu wenig Personal – die Bundespolizei könne vielerorts gar nicht mehr präsent sein, sagte Klaus Spiekermann von der DPolG Bundespolizeigewerkschaft in Koblenz. Und nicht nur in Koblenz sieht es düster aus – landes- und bundesweit ist die Situation gleich.

Auch das bislang gute Verhältnis zu den Polizeien der Länder sei zusehends belastet, sagte Spiekermann.

Verantwortlich macht die Koblenzer Polizeigewerkschaft eine „seit Jahren verfehlte Personalpolitik und die falsche Weichenstellung bei der aktuellen Haushaltsaufstellung für die Bundespolizei.“

Die Terrorlage und die Flüchtlingskrise wirkten sich vehement auf die Präsenz der Bundespolizei in der Fläche aus.

Dazu käme die personelle Unterstützung der Bundespolizeidirektion München seit September 2015 an der deutsch-österreichischen Grenze und die bis auf Weiteres angelegte Unterstützung der Flughäfen Frankfurt/M. und München: „Das lässt die Bundespolizei in Koblenz in diesem Jahr zusammenbrechen.“

Bedingt durch chronischen Personalmangel seien viele Reviere nicht mehr permanent besetzt, obwohl die Beamten häufig 12-Stunden-Dienste leisteten. Ferner würden auch die Streifen ausgedünnt, Fortbildungen der Beamten abgesagt.

„Die Bundespolizei ist nur noch ein Schatten ihrer selbst, in der Fläche nicht mehr anzufinden und selbst auf großen Bahnhöfen, die polizeiliche Schwerpunkte darstellen, kaum noch präsent. An den Grenzen bleiben kaum mehr als „Wachposten“ zurück, so Spiekermann.

Es gebe Beschäftigte, die ihren Dienst mehr in Abordnungen als in ihren Stammdienststellen verrichten müssten, obwohl sie dort mindestens genauso dringend gebraucht würden: „Besorgte Bürger stellen uns immer öfter die Frage: Warum sehen wir zumindest ab der Dunkelheit und in den späten Abendstunden keine Polizisten mehr auf unseren Bahnhöfen, so wie es früher einmal war?“

Die Kollegen der Länderpolizeien klagten immer deutlicher darüber, dass sie für die Bundespolizei die „Kohlen aus dem Feuer holen“ müssten, weil diese „mal wieder“ nicht präsent sei.

Tatsächlich hat der vermehrte Einsatz der örtlichen Polizeidienststellen für die Bundespolizei Folgen, da dann beispielsweise keine Streifen mehr für Unfallaufnahmen vorhanden sind.

Spiekermann sagte, das sei im Jahr 2016 die „traurige Realität im polizeilichen Alltag“ – das was von der gewagten Reformthese der Bundespolizei aus dem Jahr 2008, „1.000 Polizisten mehr auf der Straße“ bringen zu wollen, übrig geblieben sei.

In der Haushaltsaufstellung 2017 fänden sich keine konkrete Aussagen zur Zweckbindung künftiger Personalansätze in den verschiedenen Aufgabenbereichen (z. B. Grenzpolizei, Bahnpolizei, Luftsicherheit) der Bundespolizei.

Auch belastbare Aussagen seien keine zu finden, wo und in welcher Stärke Dienststellen der Bundespolizei, die zum Teil über ein Drittel ihrer Sollstärke verkraften müssen, mit einer Entlastung rechnen könnten.

„Stattdessen wird in den klimatisierten Teppichetagen des Innenministeriums offensichtlich darüber diskutiert, ob dringend notwendige Personalforderungen des Bundespolizeipräsidiums hinreichend haushalterisch begründet sind“, ärgert sich Spiekermann.

Auch Alltag: Aggressivität und Pöbeleien gegenüber den Beamten.

Auch Alltag: Aggressivität und Pöbeleien gegenüber den Beamten.

Die DPolG Bundespolizeigewerkschaft fordert nun die sofortige Besetzung freier Stellen in den Bundespolizeirevieren und Bundespolizeiinspektionen, um die Präsenz der Bundespolizei wieder herzustellen und die gesetzlichen Aufgaben sicherzustellen.

„Dazu ist es notwendig, die Bundespolizei von polizeifremden Aufgaben und den operativen Polizeivollzugsdienst durch eine bundesweite Einstellung von Tarifbeschäftigten nachhaltig zu entlasten.“

Die DPolG Bundespolizeigewerkschaft habe jüngst die Innenpolitiker aller im Deutschen Bundestag vertretenen Fraktionen in zahlreichen Gesprächen von einer notwendigen personellen Aufstockung und einer deutlichen Verbesserung der persönlichen Schutzausstattung der Bundespolizei überzeugen können, betont Spiekermann: „Warum erkennt also das eigene Bundesinnenministerium diese Brisanz nicht?“ (red/cli)

Print Friendly, PDF & Email
Zur Startseite

Abonnieren Sie auch unseren Pfalz-Express-Kanal bei YouTube

Diesen Artikel drucken Diesen Artikel drucken

Ein Kommentar auf "„Bundespolizei nicht mehr präsent“: Ausgebrannt und kein Licht am Ende des Tunnels?"

  1. Hans-Günter Gerstle sagt:

    Deutlicher kann eine Bankrotterklärung für unsere Polizeidienste nicht ausfallen. Verantwortlich hierfür ist die Regierung, die sträflich die innere Sicherheit unseres Landes vernachlässigt und nachhaltig gefährdet.
    Steigende Kriminalitätsraten sind die Folge, die Aufklärungsquote sinkt.
    Weg mit diesen Versagern in Berlin und den Länderparlamenten.