Bad Dürkheimer Landrat Ihlenfeld nimmt Stellung zur Studie der Bertelsmann-Stiftung und zu den Plänen von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn

24. Juli 2019 | Kategorie: Kreis Bad Dürkheim, Regional

Symbolbild: dts Nachrichtenagentur

Bad Dürkheim. Landrat Hans-Ulrich Ihlenfeld nimmt deutlich Stellung zu den Ergebnissen der in der vergangenen Woche veröffentlichten Bertelsmann-Stiftung sowie zur Reform der Notfallversorgung.

Zunächst zur Bertelsmann-Stiftung: Hierin wird empfohlen, mehr als jedes zweite Krankenhaus in Deutschland zu schließen – dadurch könnte die medizinische Versorgung verbessert werden, so die Studie. Ihlenfeld: „Das ist nicht der richtige Weg und schadet dem ländlichen Raum.“

Die von der Stiftung beauftragten Wissenschaftler des Berliner Instituts für Gesundheit- und Sozialforschung kommen zu dem Ergebnis, dass von bundesweit knapp 1400 Kliniken nicht einmal mehr 600 benötigt würden, wenn man statt einer schnellen Erreichbarkeit die Qualität der medizinischen Behandlung als entscheidendes Kriterium heranziehen würde. Begründet wird dies damit, dass größere Kliniken mit besserer Ausstattung und erfahrenen Ärzten eine deutlich bessere Leistung bieten würden als kleinere Krankenhäuser.

Ihlenfeld lehnt diesen Vorschlag zur massenhaften Schließung ab: „Es mag durchaus richtig sein, dass in größeren Städten und Ballungsgebieten eine bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung auch mit weniger Krankenhäusern sichergestellt werden könnte. Die Schließung von mehreren hundert, insbesondere kleinerer Kliniken würde jedoch einen Kahlschlag bedeuten, der die Lebensqualität der Menschen auf dem Land deutlich verschlechtern würde.“

Für den Landkreis Bad Dürkheim wäre die Schließung der Krankenhausstandorte in Grünstadt und Bad Dürkheim zugunsten größerer Häuser in Worms, Ludwigshafen oder Neustadt völlig inakzeptabel.

Krankenhaus in der Nähe wichtig

Umfragen hätten gezeigt, dass die gute Erreichbarkeit eines Hausarztes und eines Krankenhauses den Menschen in Deutschland sehr wichtig sei, so Ihlenfeld weiter. Dies sicherzustellen ist für ihn ein wichtiger Teil der staatlichen Daseinsfürsorge.

Gerade in ländlichen Regionen stellen kleinere Krankenhäuser eine wohnortnahe Grundversorgung bei altersbedingten Krankheiten und Geburten sicher. Eine Schließung viele dieser kleineren Kliniken würde unweigerlich dazu führen, dass viele, gerade auch ältere Menschen als Patienten und Besucher deutlich weitere Wege ins nächste Krankenhaus in Kauf nehmen müssten.

„Es kann nicht sein, dass die Menschen auf dem Land in der Gesundheitsversorgung Menschen zweiter Klasse werden“, so Ihlenfeld weiter. Er verweist in diesem Zusammenhang auf die von der Bundesregierung eingesetzte Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“, die die Erhaltung einer flächendeckenden und wohnortnahen gesundheitlichen Versorgung durch Krankenhäuser, Haus- und Fachärzte sowie Apotheken und Pflegeeinrichtungen als wichtiges Ziel ansieht.

Mehr medizinische Fachkräfte notwendig

Den Ansatz der von der Bertelsmann-Stiftung beauftragten Wissenschaftler hält Ihlenfeld für falsch. Statt wegen des aktuell bestehenden Mangels an Ärzten und Pflegekräften das vorhandene Personal in einigen wenigen Krankenhäusern zu konzentrieren, sollte vielmehr der Fachkräftemangel beim medizinischen Personal bekämpft werden.

So solle die Anzahl der Medizin-Studienplätze erhöht werden, dass zukünftig wieder genügend Ärzte zur Verfügung stehen, um die frei werdenden Stellen in Arztpraxen und Krankenhäusern zu besetzen. Auch im Bereich der Pflege müsse weiterhin konsequent in die Ausbildung und in die Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Pflegekräften in Krankenhäusern und Pflegeheimen investiert werden.

Wenn genug gut qualifiziertes medizinisches Personal zur Verfügung stehe, lasse sich auch in Zukunft eine qualitativ hochwertige ambulante und stationäre Gesundheitsversorgung flächendeckend sicherstellen.

Ambulant und stationär vernetzen

Statt kleinere Häuser zu schließen sollte aus Sicht des Landrates neben einer besseren personellen Versorgung und höheren Investitionsförderung durch die Länder das System der ambulanten und stationären Versorgung gerade im ländlichen Raum stärker vernetzt werden.

Die Vorschläge der Kommission für gleichwertige Lebensverhältnisse gehen aus seiner Sicht in die richtige Richtung: Die Trennung von ambulanter und stationärer Versorgung müsse stärker aufgeweicht werden. Sektorenübergreifende Angebote, wie sie beispielsweise vom Kreiskrankenhaus Grünstadt in Gestalt von Kooperationen mit niedergelassenen Ärzten entwickelt wurden, müssen stärker genutzt werden.

Wenn notwendig, können kleinere Krankenhäuser zusätzlich die Rolle ambulanter Versorgungszentren für die Region und damit eine Schlüsselfunktion übernehmen. Zugleich kann durch digitale Unterstützung und Assistenzsysteme in der Pflege – z.B. „Gemeindeschwester plus“ – der älter werdenden Bevölkerung auch in der Fläche Rechnung getragen werden.
„Wir sollten nicht den Fehler machen, die gute und wohnortnahe Krankenhausversorgung in Deutschland, um die uns viele andere Länder beneiden, an den Bedürfnissen der Menschen vorbei zu zerschlagen“, mahnt Ihlenfeld. Vielmehr sollte das Gesundheitssystem in Deutschland behutsam und mit Augenmaß weiterentwickelt werden.

Jens Spahn.
Foto: dts nachrichtenagentur

Landrat Ihlenfeld begrüßt Reform der Notfallversorgung – schnelle Umsetzung durch die Bundesländer gefordert

Der am Montag von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn vorgestellte Arbeitsentwurf für eine Reform der Notfallversorgung in Deutschland sieht die Einrichtung von speziellen Notfallzentren an Krankenhäusern vor, in denen die Patienten je nach Schwere ihrer Erkrankung entweder ambulant von Kassenärzten oder stationär von Krankenhausärzten behandelt werden.

Darüber hinaus sollen künftig Notfall-Leitstellen eingerichtet werden, in denen Mitarbeiter zunächst telefonisch eine erste Einschätzung vornehmen, ob der Anrufer in der Notaufnahme eines Krankenhauses behandelt werden muss oder ob eine ambulante Behandlung durch einen niedergelassenen Arzt ausreicht. Ziel ist es, durch eine bessere Steuerung der Patienten, die Notaufnahmen der Kliniken von leicht erkrankt oder verletzten Patienten zu entlasten und dadurch die Wartezeiten für Patienten, die dringend eine Notfallbehandlung benötigen, zu reduzieren.

Hans-Ulrich Ihlenfeld begrüßt die Pläne ausdrücklich. Viele Patienten seien sich bei einem Notfall unsicher, wohin sie sich wenden sollen: an den Hausarzt, den kassenärztlichen Bereitschaftsdienst oder die Notaufnahme im Krankenhaus.

In dem Wissen, dass die Notaufnahmen der Krankenhäuser rund um die Uhr geöffnet sind, gehen viele dorthin, weil sie sich dort schnelle Hilfe erhoffen. Mit der Einrichtung von integrierten Notfallzentren an Krankenhäusern hätten diese Patienten eine zentrale Anlaufstelle für alle Notfälle.

Nach einer ersten medizinischen Einschätzung kann dann in einem solchen, von den Kliniken und den kassenärztlichen Vereinigungen gemeinsam betriebenen, Zentrum je nach Schwere der Erkrankung oder Verletzung die Weiterbehandlung durch einen Kassenarzt oder einen Krankenhausarzt erfolgen. Dies verbessere, so Ihlenfeld, nicht nur die Qualität der Patientenversorgung, weil jeder dann genau die medizinische Behandlung erhalten, die er benötige.

Auch wirtschaftlich sei dies vorteilhaft, weil die aktuell noch vorhandenen, teilweise sogar räumlich voneinander getrennten Doppelstrukturen mit den Bereitschaftsdienstzentralen der kassenärztlichen Vereinigungen auf der einen Seite und den Notaufnahmen der Kliniken auf der anderen Seite beseitigt würden.

Ebenfalls positiv, aber etwas skeptischer sieht Ihlenfeld die Einrichtung zentraler Notfall-Leitstellen, bei denen zukünftig alle Anrufer landen, die den Notruf 112 wählen. „Das Personal in diesen Leitstellen, das anhand der Schilderungen des Anrufers eine Entscheidung treffen soll, ob eine Behandlung durch einen ambulanten Arzt oder ein Krankenhaus notwendig ist, trägt eine sehr hohe Verantwortung“, so Ihlenfeld. Hier seien umfangreiche Schulungen für das Personal notwendig.

Ihlenfeld erhofft sich nun eine schnelle Umsetzung der Reformpläne durch den Bund und die Länder. Er erwartet von den Bundesländern, dass es solche integrierten Notfallzentren nicht nur an Krankenhäusern in Ballungszentren und Städten, sondern auch flächendeckend in kleineren Kliniken in den Landkreisen eingerichtet und die dafür im Krankenhausstrukturfond vorgesehenen Fördergelder schnell bewilligt werden.

Landrat Hans-Ulrich Ihlenfeld .
Foto: KV DÜW

Personalie

Hans-Ulrich Ihlenfeld ist Landrat des Kreises Bad Dürkheim, er vertritt den rheinland-pfälzischen Landkreistag im Vorstand der Krankenhausgesellschaft Rheinland-Pfalz und ist Mitglied im Gesundheitsausschuss des Deutschen Landkreistages.

Der Landkreis Bad Dürkheim ist Träger des Kreiskrankenhauses Grünstadt mit rund 200 Betten, das mit einem breiten medizinischen Angeboten seit Jahrzehnten eine wichtige Versorgungsfunktion im nördlichen Landkreis und angrenzenden Kommunen erfüllt und dabei schwarze Zahlen schreibt.

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3 Kommentare auf "Bad Dürkheimer Landrat Ihlenfeld nimmt Stellung zur Studie der Bertelsmann-Stiftung und zu den Plänen von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn"

  1. Aufgewachte sagt:

    Ich kann mich der Stellungnahme von Herrn Ihlenfeld nur anschließen. Herr Spahn wirkt gelegentlich leicht überfordert und zu unerfahren in seinem Amt, das zeigt schon seine Stellungnahme zur Impfpflicht. Nun will er sich auch noch die Position der Bertelsmann Stiftung zu eigen machen und wohnortnahe Krankenhäuser schließen, weil sie angeblich eine Gefahr für die Gesundheit darstellen. Da kann ich nur sagen: Diese undifferenzierte Schlussfolgerung stellt eine Gefahr für die Versorgung der Patienten dar.

  2. GGGGGGKKKKKEEEE sagt:

    Es ist zu begrüßen, dass die CDU noch nicht vollständig aus Ja-Sagern besteht und es auch in der Ära der Gleichschaltung unter Merkel noch einige Leute mit Bodenhaftung gibt, die dem Stuss, der über das Land ausgekippt wird, widersprechen. Danke!

  3. qanon sagt:

    Studie der Bertelsmann Stiftung:
    – Von wem im Auftrag gegeben?
    – Von wem bezahlt?
    – Mit welchem Ziel?

    Bertelsmann Stiftungs Studien haben meistens eins gemeinsam: Für das Otto-Normal-Schaf sind sie von Nachteil.