Samstag, 20. April 2024

Asylanten werden willkommen geheißen: Neue Unterkunft in ehemaliger Haardter Klinik

19. Dezember 2013 | Kategorie: Allgemein, Neustadt a.d. Weinstraße und Speyer, Regional

In einem ersten Treffen wurden interessierte Personen vom AK Asyl und der Stadt Neustadt informiert.
Fotos: Ahme

Neustadt-Haardt. In dem Gebäude der ehemaligen Orthopädischen Fachklinik in Haardt soll vorübergehend eine Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber eingerichtet werden. Dies hatten die Mitglieder des Hauptausschusses in ihrer Novembersitzung beschlossen. Die Stadt braucht dringend neue Plätze, da die bisherigen Unterkünfte nicht mehr ausreichen beziehungsweise saniert werden müssen.

Welche Pläne für die Gemeinschaftsunterkunft existieren und welche Möglichkeiten es gibt, ehrenamtlich tätig zu werden, wurde gestern Abend  in einem Gespräch im Kindergarten Haardt, deutlich.

Bürgermeister Ingo Röthlingshöfer, Fachbereichsleiterin Familie, Jugend und Soziales, Marion Walz sowie Armin Grimm (Soziale Hilfen) beleuchteten die Situation seitens der Stadt; Iris Schlichthärle und Mitarbeiter sprachen als Mitveranstalter für den Arbeitskreis Asyl.

Cirka 30 Asylbewerber, die jetzt noch in der Amalienstraße 19 in der Kernstadt untergebracht sind, werden Anfang Januar in ihre neue Unterkunft auf der Haardt einziehen.

Das Gebäude in der Amalienstraße soll saniert werden, erklärte Röthlingshöfer. Er versicherte auch, dass die Leute dort, „völlig unproblematisch sind“ und sich gerne in die Gesellschaft eingliedern ließen.

100.000 Asylbewerber kommen im Jahr nach Deutschland. Sie werden auf die einzelnen Bundesländer nach einem Schlüssel verteilt. 1,3 Prozent der rheinland-pfälzischen Asylbewerber kommen nach Deutschland, etwa 80 Menschen pro Jahr, erläutert Röthlingshöfer.

Das „Menschenpotential“ unterzubringen, ist die Schwierigkeit und weitere Unterbringungskapazitäten müssten geschaffen werden. „Es ist ein schwieriges Unterfangen, weil nicht viele Leute anrufen und Wohnraum zur Verfügung stellen wollen“. In Neustadt gibt es wohl mittlerweile 260 Asylanten, die eine Wohnung gefunden haben und auch arbeiten.

Die Asylbewerber, die zunächst nach Haardt kommen, werden schon vom AK Asyl betreut. Danach gibt es Zuweisungen aus Trier. „Erst vierzehn Tage vor Ankunft erhalten wir eine Mitteilung, ob Einzelpersonen oder Familien kommen, wie alt die Betreffenden sind, aus welchen Ländern sie kommen“ berichtet Armin Grimm. Grimm schätzt, dass bis zu 60 Personen die Klinik beziehen können.

Die Klinik wurde von der Stadt angemietet mit dem ganzen Equipment wie Küche, Betten, Geschirr etc.
Das ausgeklügelte Brandschutzsystem der Klinik mit Verbindung zur Feuerwehr kann nicht verwendet werden.

Zu schnell würde möglicherweise von den neuen Bewohnern versehentlich ein Knopf gedrückt. „Es soll nicht jeden dritten Tag ein großer Löschzug vor der Tür stehen“, meint Grimm. Deshalb benötigen alle Räume neue Brandmelder, die über Funk vernetzt werden müssten.

Auch eine Nutzungsänderung müsse beantragt werden, die noch nicht vorliege. Es sei aber nur eine Formalität, so Grimm.

Großes Fragezeichen trotzdem, ob, wie geplant, am 7. Januar der Umzug erfolgen kann.

Der richtige Brandschutz ist extrem wichtig, zumal es im afrikanischen Kulturkreis absolut üblich sei, offene Feuerstellen auf dem Boden einzurichten, so Grimm. Die neuen Bewohner der Klinik kommen zum größten Teil aus muslimischen Ländern. „Wie kann ich mich denn mit ihnen unterhalten?“, fragte eine Haardterin. „Sie sprechen arabisch, russisch, vietnamesisch, tschetschenisch, aber auch Englisch“, sagte Grimm.

Wie die Haardter aus dem beschaulichen Weindorf sonst zur geplanten Unterbringung stehen, war gestern nicht zu erfahren. Alle Anwesenden übten zumindest keine Kritik und  äußerten auch keine Bedenken zu der Unterbringung der Asylanten.

Ein Tag der offenen Tür, bzw. ein Frühlingsfest, solle im April stattfinden und eine offene Begegnung ermöglichen.

Gestern wurde zunächst mal überlegt, wie man eine gewisse Logistik in die Sache bringen könnte. Und da kommt Jack Catarata ins Spiel. Er ist sozial-pädagogischer Betreuer und Angestellter beim AK Asyl und wird die Koordination mit den Ehrenamtlichen übernehmen.

Iris Schlichthärle hatte eine Liste mitgebracht, in die sich alle, die ehrenamtlich tätig werden wollen, eintragen konnten. Und Helfer werden gebraucht für eine angedachte Kleiderkammer, für Deutschunterricht, Kinderbetreuung, Patenschaften, etc. Den Asylbewerbern müsse man Verkehrsregeln beibringen und die Grundbegriffe der Mülltrennung beibringen. Um mobil zu sein, könne man gebrauchte Fahrräder beschaffen, denn Bustickets werden von der Stadt nicht bezahlt, genauso wenig wie Internet-Anschlüsse.

Die Fachklinik sei kein „Asylantenheim“ wehrt sich Marion Walz gegen diese Bezeichnung. Hier lebten ganz normal Menschen miteinander, die kommen und gehen können, wie sie möchten und keinerlei Beschränkungen unterworfen seien.

Die Asylanten wohnen in Neustadt, dürfen sich nur in Rheinland-Pfalz aufhalten und sind auch zur Arbeit verpflichtet (4 Stunden pro Tag). Essen und Unterkunft ist für die Bewerber kostenfrei. Sie bekommen 137 Euro Taschengeld pro Monat und müssen davon alle zusätzlichen Ausgaben bestreiten. „Das Gelände der Klinik ist sehr groß, da sind die Bewohner erst mal mit Arbeit versorgt“, so Grimm.

Vereine können eh nicht auf günstige Helfer hoffen, denn sobald Geld fließt,  nennt man das Schwarzarbeit. Im Übrigen ist die Stadt Neustadt für die Arbeitsvergabe zuständig. Ob eine Tätigkeit für Vereine angenommen werden kann, wie zum Beispiel eine beantragte Sportplatznutzung gegen Hilfe im Verein, muss die Stadt entscheiden.

Der AK Asyl lädt mit Jack Catarata zu einem Treffen am Donnerstag, 16. Januar, 19 Uhr in die Haardter Kindertagesstätte ein um die weitere Vorgehensweise zu besprechen.

Infos: AK Asyl, montags 16 bis 18 Uhr 06321-32036. Koordinator des Einsatzes des AK Asyl auf der Haardt wird Jack Catarata, bisher in der Amalienstraße tätig. Er ist über den Arbeitskreis Asyl, Talstraße 9, Telefonnummer 06321/32036 (16.30 bis 18 Uhr) oder 0157/89322859, zu erreichen. (desa)

Print Friendly, PDF & Email
Zur Startseite

Abonnieren Sie auch unseren Pfalz-Express-Kanal bei YouTube

Diesen Artikel drucken Diesen Artikel drucken

Kommentare sind geschlossen