Altbundeskanzler Helmut Kohl ist tot

16. Juni 2017 | Kategorie: Ludwigshafen, Nachrichten, Politik, Politik regional, Regional, Rhein-Pfalz-Kreis
Altkanzler Helmut Kohl ist gestorben. Foto: dts Nachrichtenagentur

Altkanzler Helmut Kohl.
Foto: dts Nachrichtenagentur

Ludwigshafen – Altkanzler Helmut Kohl ist tot. Er starb am Freitagmorgen in seinem Haus in Ludwigshafen im Alter von 87 Jahren.

Das bestätigte die CDU Deutschland. Kohl war von 1982 bis 1998 der sechste Bundeskanzler Deutschlands. Von 1973 bis 1998 war er zudem Bundesvorsitzender der CDU.  Mit erst 31 Jahren wurde er Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz – der jüngste in Deutschland.

Der auch „Kanzler der Einheit“ genannte Kohl hatte sich bei einem schweren Sturz im Jahr 2008 ein Schädel-Hirn-Trauma zugezogen. Als Folge konnte er in den letzten Jahren kaum noch sprechen und saß im Rollstuhl. Dennoch hatte er immer wieder öffentliche Auftritte absolviert. Auch im Dom zu Speyer war der Oggersheimer gerne zu Gast.

Seinen wohl schwersten persönlichen Schicksalsschlag musste Kohl verkraften, als sich seine Frau Hannelore vermutlich wegen ihrer schweren Lichtallergie das Leben nahm. Das Paar war 41 Jahre verheiratet. Vor einigen Jahren heiratete er die 34 Jahre jüngere Maike Richter.

Umstritten war Kohl unter anderem wegen der CDU-Spendenaffäre, nach deren Bekanntwerden er den Ehrenvorsitz seiner Partei verlor.

Bundeskanzlerin Merkel, momentan auf Besuch in Italien, äußerte vor der Kamera ihre Bestürzung und würdigte die Lebensleistung und die Persönlichkeit Helmut Kohls.

Merkel würdigt Kohl als „Glücksfall für uns Deutsche“

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Kohl als „Glücksfall für uns Deutsche“ gewürdigt. Kohl sei ein großer Deutscher und ein großer Europäer gewesen, sagte sie am Freitagabend am Rande eines Besuchs in Rom. Sie denke mit „großem Respekt und großer Dankbarkeit“ an sein Leben.

Merkel hob vor allem Kohls Rolle bei der deutschen Wiedervereinigung und bei der Einigung Europas hervor. Der ehemalige Bundeskanzler habe sich „um beides wie kaum ein anderer verdient gemacht“. Auch ihr eigenes Leben habe der „Kanzler der Einheit“ entscheidend geprägt. „Ich bin ganz persönlich dankbar dafür, dass es ihn gegeben hat“, so Merkel. „Ich verneige mich vor seinem Angedenken.“

Parteiübergreifende Bestürzung

Kohls Tod sorgte auch parteiübergreifend für Bestürzung. „Er war ein großer Staatsmann, ein großer deutscher Politiker und vor allem ein großer Europäer, der sehr viel dafür getan hat, dass nicht nur die Deutsche Einheit gekommen ist, sondern auch dass Europa zusammengewachsen ist“, erklärte Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) am Freitag. „Das ist sein großes Vermächtnis. So wird er uns in Erinnerung bleiben“, so der Bundesaußenminister weiter. „Es ist ein wirklich großer Deutscher gestorben.“

Der Grünen-Spitzenkandidat für die Bundestagswahl, Cem Özdemir, erklärte auf dem Parteitag seiner Partei in Berlin: „Ein großer Europäer ist von uns gegangen.“

FDP-Chef Christian Lindner würdigte Kohl als leidenschaftlichen Europäer. „Er hat eine Generation politisch geprägt. Wir verneigen uns vor ihm“, twitterte Lindner.

Auch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zeigte sich bestürzt. „Ich bin in großer Trauer über den Tod von Helmut Kohl, meinem engen Freund. Er hat mich auf allen europäischen Wegen geleitet und begleite“, schrieb er auf Twitter. „In Gedenken an Helmut Kohl habe ich die Europaflaggen vor den europäischen Institutionen auf Halbmast setzen lassen.“

Trauer in Rheinland-Pfalz

In seiner rheinland-pfälzischen Heimat, mit der sich Kohl immer ganz besonders verbunden gefühlt hatte, ist die Trauer groß.

Klöckner: Großer Europäer

Die Landes- und Fraktionsvorsitzende der CDU Rheinland-Pfalz und stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Julia Klöckner zum Tod des Altkanzlers: „Die Welt gedenkt heute einem der großen Europäer unserer Zeit. Deutschland trauert um den Kanzler der Einheit. In Rheinland-Pfalz halten unsere rund 43.000 CDU-Mitglieder inne und verneigen sich vor einem großen Staatsmann und Freund. Dabei blicken wir gerade auch auf die frühen Jahre der politischen Karriere von Helmut Kohl in diesem Bundesland zurück. Als junger Wilder hat er damals die CDU erfolgreich reformiert und modernisiert wie kaum jemand nach ihm. Unter seiner Führung wurde aus ihr eine moderne Programm- und Volkspartei. Rheinland-Pfalz machte er damals zur Ideen- und Talentschmiede der Republik“, erklärt die heutige CDU-Landesvorsitzende.

“Mit Helmut Kohl verliert unser Land eine seiner prägendsten Persönlichkeiten, und viele von uns verlieren mit ihm einen Weggefährten, der an diesem Tag fast unersetzlich scheint. Mich persönlich hat er bei vielen Gesprächen immer wieder beeindruckt – es war sein Detailwissen ohne klein zu denken, es war seine Heimatverbundenheit ohne provinziell zu sein, es war seine Weltläufigkeit ohne Wurzeln zu vergessen. Und es waren sein Mut, seine klaren Positionen und weichenstellenden Entscheidungen, die ihn zu einem Ausnahmepolitiker der Geschichte machen – sicher, neben den vielen Höhen auch mit Tiefen in seinem Leben“, so Klöckner.

Dreyer: Wirken hat bis heute Bestand

Ministerpräsidentin Malu Dreyer sagte:  „Helmut Kohl gehört zu den herausragenden politischen Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts. Er war ein überzeugter Europäer und gilt als Kanzler der Einheit. Mit großer Zielstrebigkeit und ausgeprägtem Machtbewusstsein hat er politisch gewirkt. Helmut Kohl verkörpert die europäische Idee wie wenige andere. Er war ein rheinland-pfälzischer Europäer.

Die prägenden Jahre seiner Kindheit und Jugend hat er in Ludwigshafen verbracht; in Rheinland-Pfalz begann er auch seine politische Karriere. Als junger Landtagsabgeordneter, als jüngster Fraktionsvorsitzender und vor allem als jüngster Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz hat er entscheidende Beiträge zur Entwicklung und Modernisierung des Landes geleistet. Die Gründung der Universität Trier-Kaiserslautern, die Verkehrsentwicklung und der Ausbau der Infrastruktur oder die Verwaltungs- und Strukturreform, die die Schaffung der Verbandsgemeinden zur Folge hatte, sind dazu Stichworte. Vieles, was in seiner Regierungszeit auf den Weg gebracht wurde, hat bis heute Bestand (…).

Wissing: Prägender Staatsmann

„Helmut Kohl war ein großer Staatsmann und vorausdenkender Europäer. Er hat sich um die deutsch-französische Freundschaft verdient gemacht und auf dieser Grundlage unser heutiges Europa entscheidend mit geprägt“, erklärte der rheinland-pfälzische FDP Vorsitzende Dr. Volker Wissing.

„Sein gesamtes politisches Lebenswerk basiert auf der in seiner pfälzischen Heimat entstandenen Grundhaltung, wonach die Partnerschaft mit unseren französischen Nachbarn unauflöslich sein muss. Rheinland-Pfalz verdankt ihm wichtige Weichenstellungen, die er als Ministerpräsident vorgenommen hat, Deutschland verdankt ihm die Überwindung seiner Teilung und Europa seine heutige Friedensordnung. Helmut Kohl war einer der prägenden Staatsmänner seiner Zeit. Die Freien Demokraten verneigen sich voller Respekt und mit größter Hochachtung“, so Wissing.

Bistum Speyer: Kohls Soziallehre von katholischer Kirche geprägt

„Betroffenheit und Trauer“ hat die Nachricht vom Tod des Alt-Bundeskanzlers im Bistum Speyer ausgelöst. „Er hat sich in außergewöhnlicher Weise um den Erhalt des Speyerer Domes verdient gemacht und entscheidend dazu beigetragen, Menschen für den Dom zu begeistern“, erklärte Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann.

In seiner Amtszeit als Bundeskanzler hatte Helmut Kohl zahlreiche ausländische Staatsgäste nach Speyer geführt, darunter Margaret Thatcher, Michael Gorbatschow, George Bush, Vaclav Havel, Boris Jelzin und König Juan Carlos. Am Beispiel des Domes habe er ihnen die Bedeutung des christlichen Glaubens für ein Zusammenleben in Gerechtigkeit und Frieden in Deutschland, Europa und der Welt verdeutlicht.

„Den Dom betrachtete er als Sinnbild für die christlichen Wurzeln eines geeinten Europas“, würdigte der Bischof die Verdienste Kohls, der bis zu seinem Tod dem Kuratorium der „Europäische Stiftung Kaiserdom zu Speyer“ vorstand. „Das Bistum Speyer und sein Domkapitel sind Helmut Kohl für sein Engagement für den Speyerer Dom außerordentlich dankbar“, so der Bischof.

Der christliche Glaube habe im Leben von Helmut Kohl eine wichtige Rolle gespielt. „Er hat sich auch als Politiker offen zu seinem Glauben bekannt.“ Besonders seine sozialpolitischen Überzeugungen seien deutlich von der Soziallehre der katholischen Kirche geprägt gewesen.

Zeitlebens habe er eine lebendige Beziehung zum Bistum Speyer und zu seiner Heimatpfarrei in Ludwigshafen-Oggersheim gepflegt. Mit dem ehemaligen Ludwigshafener Stadtdekan Erich Ramstetter habe ihn eine lange und tiefe Freundschaft verbunden. „Helmut Kohl hat sein Leben und seine Politik aus christlicher Überzeugung gestaltet“, zollt der Bischof dem politischen Lebenswerk Helmut Kohls Respekt.

Als Kanzler der deutschen Einheit und als Architekt eines geeinten Europas habe Kohl zu den herausragenden Staatsmännern des Landes gehört. „Wie kaum ein anderer erfasste er die historische und religiöse Dimension der Politik und verlieh ihr durch seine Verbundenheit mit dem Speyerer Dom einen symbolischen Ausdruck, der weltweit Beachtung fand.“

(red/dts)

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Ein Kommentar auf "Altbundeskanzler Helmut Kohl ist tot"

  1. Johannes Zwerrfel sagt:

    Tja, mir fällt jetzt schwer spontan ein Fazit über Kohl zu ziehen.
    Er bescherte uns den tEURO und „sein Mädchen“ die MERKEL!

    Da man nie schlechtes über Verstorbene sagen soll: er war der Einheitskanzler, das wird bleiben! Möge er in Frieden ruhen!