Samstag, 27. Juli 2024

Aggressionsausbruch vor Gericht: Staatsanwaltschaft Frankenthal stellt Ermittlungen gegen Abdul D. ein

6. Februar 2019 | Kategorie: Kreis Germersheim, Landau, Regional, Rhein-Pfalz-Kreis

Symbolbild: dts Nachrichtenagentur

Kandel/Landau/Frankenthal – Der Prozess hatte bundesweit Schlagzeilen gemacht: Am 3. September 2018 wurde der Afghane Abdul D. wegen Mordes an der 15-jährigen Mia V. aus Kandel zu achteinhalb Jahren Haft verurteilt.

Der Prozess wurde nach Jugendstrafrecht geführt, weil auch nach medizinischen Gutachten nicht festgestellt werden konnte, ob der Beschuldige zum Tatzeitpunkt (27. Dezember 2017) schon 18 Jahre alt und damit volljährig war. Es galt der Grundsatz „Im Zweifel für den Angeklagten“.

Gerangel im Gerichtssaal

An einem Verhandlungstag im August 2018, als Mias Mutter eine Aussage gemacht hatte, stand Abdul D. plötzlich auf und wollte den Gerichtssaal verlassen. Ein Justizwachtmeister wollte ihn davon abhalten und hielt D. am Oberarm fest. Polizeibeamte versperrten D. den Weg und versuchten ihn beruhigen. Es kam zu einem Gerangel, bei dem D. und ein Beamter zu Boden stürzten.

Auslöser des Sturzes war ein „Polizeigriff“, mit dem der zunehmend aggressiver gewordene Angeklagte in Schach gehalten werden sollte. Der Beamte stauchte sich beim Sturz unter anderem das Handgelenk, allerdings ohne spätere Bewegungseinschränkungen. D. trat und schlug nach den Beamten, jedoch ohne sie zu treffen, spuckte nach ihnen und beschimpfte sie auf deutsch.

Dieser Vorfall wurde von der Staatsanwaltschaft Frankenthal gründlich untersucht. Unter anderem sagten der Geschädigte selbst und drei im Prozess anwesende Polizeikommissare aus. Die Staatsanwaltschaft hat aber nun die Ermittlungen dazu eingestellt, wie der Leitende Oberstaatsanwalt Hubert Ströber dem Pfalz-Express bestätigte.

Dafür gibt es nach dem Gesetz gute Gründe, wie Stöber im Gespräch mit dem PEX erläuterte. Grundlage ist der Paragraph 154 der Strafprozessordnung.

Darin heißt es unter anderem:

„Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen 1. wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder 2. darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint. (…)“

Für den Laien sicher eine schwer verständliche Definition. Grundsätzlich kann die Staatsanwaltschaft eine Ermittlung unter anderem dann einstellen, wenn sie absehen kann, dass die zu erwartende Strafe nicht wesentlich ins Gewicht fällt, nachdem der Beschuldigte schon wegen einer anderen Tat rechtskräftig verurteilt worden ist. Abdul D. hat bereits eine sogenannte Einheitsstrafe erhalten wegen Mordes und Körperverletzung. Das wird in Deutschland berücksichtigt. In anderen Ländern, beispielsweise den USA, werden Strafen addiert. Dort kommt leicht ein Strafmaß zusammen, das sogar weit über die Lebenszeit des Verurteilten hinaus gehen kann.

In Deutschland hingegen steht im Erwachsenenstrafrecht der „gerechte Schuldausgleich“ im Vordergrund, beim Jugendstrafrecht ist es der „Erziehungsgedanke“ und Prävention. Der Aggressionsausbruch von Abdul D. wird somit – laienhaft ausgedrückt – in die bereits bestehende Strafe mit „hineingerechnet“.

Vorsatz kaum beweisbar

Außerdem müsse bei einer möglichen Verhandlung ein Vorsatz von Abdul D. nachgewiesen werden, so Stöber. Das sei nahezu unmöglich. Das Gutachten einer Psychiaterin hatte  D. zudem eine verminderte Steuerungsfähigkeit wegen Affekts bescheinigt. Es hätte sich demnach um einen Zustand der verminderten und gar kompletten Schuldunfähigkeit handeln können – dann wäre ein weiteres Verfahren sowieso sinnlos.

Kräfte müssen eingeteilt werden

Hätte die Staatsanwaltschaft das Verfahren weiter betrieben und Anklage erhoben, hätte erneut verhandelt und eine neue Einheitsstrafe gebildet werden müssen – ein gigantischer Aufwand. Auch in den Richtlinien zu Straf- und Bußgeldverfahren sind Staatsanwaltschaften angehalten, ressourcensparend zu arbeiten und sich auf wirklich Wichtiges zu konzentrieren.

Man brauche alle Kraft für realistisch erzielbare Erfolge, so Stöber. Ein „Mehr“ an Sanktionen wäre im Fall Abdul D. jedoch kaum spürbar gewesen.

In jedem anderen vergleichbaren Fall wäre genauso entscheiden worden, betonte Stöber. D. werde nicht anders behandelt wie alle Anderen und bekomme gewiss keine Sonderbehandlung. D. (cli)

Print Friendly, PDF & Email
Zur Startseite

Abonnieren Sie auch unseren Pfalz-Express-Kanal bei YouTube

Diesen Artikel drucken Diesen Artikel drucken

10 Kommentare auf "Aggressionsausbruch vor Gericht: Staatsanwaltschaft Frankenthal stellt Ermittlungen gegen Abdul D. ein"

  1. Kai Schnabel sagt:

    Hätte die Staatsanwaltschaft, der dem Justizminister unterstellte ist, das Verfahren weiter betrieben und Anklage erhoben, hätte erneut verhandelt und eine neue Einheitsstrafe nach Erwachsenenstrafrecht gebildet werden müssen, weil der Angeklagte mittlerweile erwachsen war. Dieser Prozeß hätte dann öffentlich geführt werden müssen. Das wollte man unter allen Umständen vermeiden!
    Er hat ja nur einen Justizbeamten verletzt. Das ist, aus Sicht der Staatsanwaltschaft, nicht so schlimm.
    Wäre aber der Richter angegriffen worden, hätte es dann auch keine Anklage gegeben?
    Was H. Oberstaatsanwalt Ströber übersieht, ist die fatale Wirkung auf das Rechtsempfinden in der Bevölkerung. Das Beispiel zeigt, als Krimineller kann ich auf Polizeibeamte einschlagen, ohne daß das Folgen hat. Super Beispiel!

  2. Danny G. sagt:

    Was ja zu erwarten war…..Da haben wir ja nochmal Glück gehabt, dass dieser wertvolle Mensch nicht noch länger im Gefängnis sitzen muss. Wenn er nach 8 Jahren raus kommt, ist er mitte Dreißig und kann uns noch lange mit seiner bunten, reichhaltigen Kultur bereichern. Eventuell kann er dann 2026, beim nächsten bunten Fest auf dem Marktplatz in Kandel, Nan-Brot mit Panir und Joghurt verkaufen, um den Kandelern die uralte afghanische Kultur näher zu bringen. #verzeihen #wirsundgut #wirsindbesser

    • gerets sagt:

      Nach 8 Jahren? In welcher Welt leben sie eigentlich? Der ist in spätestens 5 Jahren wieder auf dem Stadtfest.

  3. HeinBloedt sagt:

    Ein Armutszeugnis für die Deutsche Justiz !!!

    Ja nicht zu strenge Strafen für unsere Zugewanderten Mitbürger.
    Nicht, das man dann noch in irgend ein Kreuzfeuer der Medien gerät,
    und dann als Nazianwalt bezeichnet wird.
    Unglaublich….

    Wenn ich meinen 10€ Strafzettel nicht bezahle kommt der Gerichtsvollzieher!!!

    Und hier lässt man Schläger und Mörder ’sanft‘ dahingleiten.
    Mit solchen Aktionen bestätigt man das tun derer, die sich sowieso nicht mehr um Gesetze und Rechtsstaat scheren.

    Wie gesagt : Ein Armutszeugnis für die Deutsche Justiz !!!

  4. GGGGGGKKKKKEEEE sagt:

    Wir sprechen in diesem Fall nicht von einfachem Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (§ 113), sondern von einem „Tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte“ (§ 114 ), für die es in jedem Fall eine Freiheitsstrafe gibt.

    „(1) Wer einen Amtsträger oder Soldaten der Bundeswehr, der zur Vollstreckung von Gesetzen, Rechtsverordnungen, Urteilen, Gerichtsbeschlüssen oder Verfügungen berufen ist, bei einer Diensthandlung tätlich angreift, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.“

    In einen neuen Verfahren wird Abdul als „Heranwachsender“ einzustufen sein. Damit ist die Verhandlung öffentlich zu führen und er kommt in eine normale JVA.

    Und genau das will die Justiz verhindern.

    • qanon sagt:

      Naja in einer normalem JVA sitzt ja auch weitere Mörder ein. Vergewaltiger, Frauenschänder, Kinderf****, Mädchenabstecher sind in diesen JVAs für gewöhnlich unterste Stufe. Das hätte und würde der Abdul sicherlich nicht überstehen. Barfuss von Afghanistan nach Kandel laufen aber sich vor einem deutschen Knast drücken.

      Armer Flüchtling Abdul!

  5. Jorge sagt:

    „Auch in den Richtlinien zu Straf- und Bußgeldverfahren sind Staatsanwaltschaften angehalten, ressourcensparend zu arbeiten und sich auf wirklich Wichtiges zu konzentrieren“ eine verklausulierte Formulierung für „Kapitulation des Rechtsstaats“.

  6. GGGGGGKKKKKEEEE sagt:

    O-Ton Rheinpfalz:

    „Entscheidend ist für die Juristen dabei, dass die Beamten in Landau ihre Verletzungen erst erlitten, als der Hebelgriff ihres Kollegen Abdul D. stürzen ließ. Der Afghane hat ihnen ihre Blessuren also nicht absichtlich zugefügt, sondern allenfalls fahrlässig: weil er mit seinem Ausraster eine Situation heraufbeschworen hat, in der so etwas leicht passieren kann. Doch selbst dafür kann er nicht unbedingt in die Verantwortung genommen werden. “

    Wie viel „Stürze“ von Gewalttätern kennt die Staatsanwaltschaft Frankenthal bei denen anschließend nicht der Gewalttäter, sondern zwei Beamte unabsichtlich verletzt sind?

  7. GGGGGGKKKKKEEEE sagt:

    Wie ich aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen erfahren habe, wurde gegen Staatsanwalt Hubert Ströber heute Anzeige wegen Rechtsbeugung und Strafvereitelung im Amt gestellt.

  8. Bengt sagt:

    „Man verschenkt nicht die Zukunft seiner Enkel, auch nicht aus humanitären Gründen. Wer alle Welt umarmt und darüber seine eigenen Leute vergißt, handelt nicht human, mag er sich noch so in dieser Rolle gefallen.“

    – Professor Dr Irenäus Eibl-Eibesfeldt, Genetiker und evolutionärer Verhaltensbiologe