
Mission moderne und schnelle Verwaltung: Landrat Martin Brandl beim Pressetermin zur 11-Tage Bilanz am 12. März 2025 in Kandel.
Foto: Pfalz-Express / Licht
Kreis Germersheim – Verwaltung kann auch modern und agil sein – das zumindest ist der Kurs, den Landrat Martin Brandl in seinen ersten 100 Tagen im Amt eingeschlagen hat.
Bei einer Presse-Infotour mit dem Ersten Beigeordneten Christoph Buttweiler und Baudezernent und Change Manager Michael Gauly gab Brandl in den neuen Räumen der Kreisverwaltung in Kandel einen Überblick über laufende und geplante Veränderungen.
Themen waren unter anderem der neue Standort der Kreisverwaltung, Digitalisierung, Bürokratieabbau und die Schulentwicklung. Verwaltung modernisieren, Prozesse beschleunigen, Bürger entlasten – das ist der Kurs.

V.li.: Michael Gauly, Martin Brandl und Christoph Buttweiler.
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Neuer Standort in Kandel – mehr Platz, besserer Service
Die Kreisverwaltung Germersheim wächst – und das nicht nur personell. Mit rund 600 Mitarbeitern, davon 500 in Vollzeit, platzen die bisherigen Standorte aus allen Nähten. Deshalb zieht ein bedeutender Teil der Verwaltung in das ehemalige Sparkassengebäude in Kandel.
Während die Sparkasse weiterhin das Erdgeschoss nutzt, bezieht die Kreisverwaltung die oberen Stockwerke. Ein Teil der Mitarbeiter ist bereits dort, der Rest folgt in den kommenden Monaten. Momentan ist das Gebäude angemietet, soll aber im nächsten Jahr für einen einstelligen Millionenbetrag erworben werden.

Maria Farrenkopf, Wirtschaftsförderin des Kreises, hat ihr Büro in Kandel schon bezogen.
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„Das ist eine Win-Win-Situation“, betont Brandl. Die Bürger profitierten von einer besseren Erreichbarkeit, die Verwaltung von modernen Arbeitsplätzen und Kandel von mehr Frequenz in der Innenstadt.

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Die bestehenden Standorte in Germersheim am Luitpoldplatz und in der 17er Straße bleiben erhalten, während kleinere Außenstellen in der Sandstraße, Waldstraße und am Weißenburger Tor aufgelöst werden oder bereits sind.
In Kandel stehen zudem insgesamt 150 Parkplätze für Mitarbeiter und Bürger zur Verfügung. Auch die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr ist gut, der Bahnhof nur wenige Schritte entfernt.
Desk weist Bürgern den Weg
Im Eingangsbereich des neuen Verwaltungsgebäudes entsteht ein zentraler Beratungsdesk. Dort erhalten Bürger schnelle Hilfe und werden direkt an die richtigen Stellen weitergeleitet. „Wir wollen den Bürgern den Zugang zur Verwaltung so einfach wie möglich machen“, erklärt Brandl.
New Work ist die Devise
Der Umzug nach Kandel bringt nicht nur mehr Platz, sondern auch eine neue Arbeitskultur. Die Büros werden nach dem Konzept von „New Work“ gestaltet. Einzel- und Teambüros sollen flexibel nutzbar sein, starre Bürostrukturen werden zunehmend durch moderne, offene Raumkonzepte ersetzt. Helle Räume, in denen sich Mitarbeiter einfach mit ihrem Laptop einloggen können, sollen eine agile Arbeitsweise ermöglichen. „Das ist eine völlig neue Arbeitswelt“, so Brandl.
Digitalisierung neu denken
Ein weiteres Kernthema der Verwaltung ist die Digitalisierung – allerdings mit einem neuen Ansatz. „Digitalisierung beginnt beim Prozess“, betont Brandl. „Wir müssen Abläufe nicht nur digital abbilden, sondern grundsätzlich hinterfragen und optimieren.“ Dafür wurden sechs Digitalisierungsstellen geschaffen, die sich gezielt um effizientere Prozesse kümmern.
Ein Beispiel ist das Bauamt, wo rund 80.000 Akten eingescannt werden müssen, schilderte Gauly. Ziel ist es, den Genehmigungsprozess deutlich zu beschleunigen. Ab dem kommenden Jahr soll der digitale Bauantrag eingeführt werden – hofft man zumindest. Allerdings liegt das nicht allein in den Händen des Kreises, sondern hängt vom landesweiten EFA-Prozess ab.
Mehr Entscheidungsspielraum für Mitarbeiter
Ein weiteres wichtiges Thema ist der Bürokratieabbau. „Immer mehr Wert wird auf Haftung gelegt. Unsere Mitarbeiter haben teilweise das Gefühl, mit einem Bein im Gefängnis zu stehen“, so Brandl. Um dem entgegenzuwirken, gibt es einen neuen Antrag, der Beamte nicht nur nach Gesetzestreue und Leistung, sondern auch nach wirtschaftlichem Handeln und der Nutzung von Ermessensspielräumen bewertet.
Mit rund 600 Mitarbeitern will sich der Kreis als moderner und attraktiver Arbeitgeber aufstellen. „Das Land verlangt zusätzliche Aufgaben, beispielsweise einen hauptamtlichen Brandschutzkoordinator – dafür braucht es natürlich auch mehr Personal“, erklärt Brandl. Aber besonders im Ausländeramt werden dringend neue Mitarbeiter benötigt.
Michael Gauly verwies darauf, dass die Personalfluktuation oft – wie am Beispiel Bauamt – stark von der Wirtschaftslage abhänge. In wirtschaftlich guten Zeiten wechselten viele Fachkräfte in die Privatwirtschaft, während in konjunkturell schwächeren Phasen mehr Bewerbungen bei den Verwaltungen eingingen.
Schulen im Südkreis überfüllt

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Ein weiteres zentrales Thema ist der Ausbau der Schulen im Kreis. Besonders im Fokus steht das Großprojekt Gymnasium Rheinzabern. Hier konnte die ursprünglich auf acht Jahre angesetzte Bauzeit auf vier Jahre verkürzt werden. Archäologische Untersuchungen und Bodenbohrungen laufen bereits. „Der Schulentwicklungsplan geht momentan voll auf“, freute sich Brandl. Mit rund 75 Anmeldungen zeige sich, dass der Standort eine gute Wahl war.
Auch das Bildungsministerium in Mainz signalisiert Unterstützung. „Die Zusammenarbeit mit der Schulaufsicht und dem Schulträgerausschuss läuft gut“, bestätigte Christoph Buttweiler, der für die Schullandschaft zuständig ist. Eine wichtige Hürde sei bereits genommen: Bei den Sondierungen wurden weder Bomben noch andere Überreste gefunden – ein erster wichtiger Schritt für die Baufreigabe.
Brandl zeigt sich zufrieden mit der aktuellen Entwicklung. „Das Großprojekt Gymnasium Rheinzabern läuft. Die Schulen im Südkreis sind allerdings sehr voll – wir müssen weiterhin genau hinschauen, wie sich die Anmeldezahlen entwickeln.“
Eine zentrale Strategie von Brandl ist das „Change Management“, um den Kreis zukunftsfähig zu machen. Dabei setzt er auf eine klare Agenda, ohne externe Berater, aber mit verschiedenen Analysemethoden und Tools. „Wichtig ist, dass die Mitarbeiter eingebunden werden und sich als Beteiligte verstehen“, so Brandl.

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Drei Säulen stehen im Fokus: New Work, also moderne Arbeitsstrukturen, Digitalisierung zur Effizienzsteigerung und Mind Change – ein neues Denken, das Veränderungen als festen Bestandteil der Organisation verankert. „Der Tanker beginnt sich zu bewegen – das war mein Ziel“, resümiert Brandl nach seinen ersten 100 Tagen im Amt.
Wirtschaftsstandort Kreis Germersheim – E-Ladestruktur für Lkw soll ausgebaut werden
Ein weiteres Thema des Pressegesprächs war die wirtschaftliche Zukunft des Kreises Germersheim – insbesondere im Hinblick auf die Elektromobilität im Schwerlastverkehr. Brandl betonte die Bedeutung des Daimler-Truck-Werks in Wörth, das nicht nur einer der größten Arbeitgeber der Region sei, sondern auch einen erheblichen Anteil am wirtschaftlichen Wohlstand der Südpfalz habe. Zahlreiche Zulieferbetriebe seien ebenfalls von der Entwicklung des Standorts abhängig.
Mit Blick auf den Wandel in der Automobilindustrie müsse der Landkreis aktiv werden, erklärte Brandl. Es sei eine entscheidende Phase – „der letzte Schuss“, wie er es formulierte. Sollte der Wandel nicht gelingen, drohten massive wirtschaftliche Probleme. Er sehe es als seine Aufgabe, sich als „Lobbyist der Region“ einzusetzen, um die Interessen der heimischen Wirtschaft zu vertreten.
E-Ladestruktur als Schlüssel für die Zukunft
Die Umstellung auf emissionsfreie Lkw sei ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz, doch die Rahmenbedingungen müssten stimmen. Derzeit sei der Business-Case für E-Trucks bedroht.
Brandl verwies auf die geplanten CO₂-Flottenziele der EU und die ab dem kommenden Jahr geltende Lkw-Maut. Es könne nicht sein, dass die Mautbefreiung für emissionsfreie Fahrzeuge auslaufe, betonte er. Hier seien neue Regelungen erforderlich, um den Umstieg auf Elektro-Lkw wirtschaftlich tragfähig zu machen.
Ein weiteres Problem sei die fehlende öffentliche Ladeinfrastruktur. Derzeit dauere es bis zu zwölf Stunden, um einen E-Truck vollständig zu laden – ein klarer Nachteil gegenüber Diesel-Fahrzeugen. Brandl sprach sich für den massiven Ausbau von Hochleistungsladesäulen aus, die mit leistungsstarken Kabeln („richtige Trümmer“, wie er es ausdrückte) ausgestattet sein müssten. Zudem müssten Umspannwerke entsprechend angepasst werden.
Schnellere Genehmigungsverfahren für Lade-Infrastruktur
Um den Ausbau der Lade-Infrastruktur voranzutreiben, müsse der Kreis bereit sein, zusätzliche Flächen für Ladestationen auszuweisen – auch wenn dies eine gewisse Flächenversiegelung bedeute. Brandl forderte erleichterte Genehmigungsverfahren, ähnlich wie sie für den Ausbau der Windkraft bereits existierten. Es sei nicht nachvollziehbar, warum erneuerbare Energien als „von übergeordnetem Interesse“ eingestuft würden, Lade-Infrastruktur aber nicht.
Ein mögliches Modell sei eine gezielte Planung entlang der großen Verkehrs- und Stromachsen. Ziel sei es, Verfahren zu beschleunigen und Investoren anzulocken. Brandl sprach von einem „Musterverfahren“, das, wenn es im Kreis Germersheim funktioniere, als Vorbild für andere Landkreise und sogar für andere Länder dienen könnte. (cli)

