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Truppenpsychologiefeldwebel Thomas Finck: „Im Kopf kann viel passieren“

22. Oktober 2014 | Kategorie: Kreis Germersheim, Leute-Regional, Regional

Truppenpsychologiefeldwebel Thomas Finck kümmert sich um seine Kameraden.
Fotos: Schrief

Germersheim – Wenn die Seele aus dem Gleichgewicht gerät, ist er da: Hauptfeldwebel Thomas Finck, derzeit im letzten Ausbildungsabschnitt zum Truppenpsychologiefeldwebel beim Luftwaffenausbildungsbataillon in der Hans-Graf-von-Sponeck-Kaserne in Germersheim.

Finck ist momentan ein Peer, ein in psychosozialer Kameraden-und auch Selbsthilfe geschulter Soldat. Er ist ein wichtiges Bindeglied zwischen dem Truppenpsychologen und den Soldaten.

Fünf Einsätze im Ausland hat er mit seinen 33 Jahren schon hinter sich. Einmal war er in Usbekistan, vier Mal in Afghanistan. Dort hat er gesehen, wie belastende oder gefährliche Situationen manch einem Kameraden zur schweren Bürde wurden.

Auch er selbst hat bedrohliche Momente erlebt wie feindliche Lagerbeschüsse.

„Das Adrenalin steigt gewaltig, wenn Raketen oder Mörser ins Lager einschlagen. Da gibt es viele verschiedene Reaktionen bei den Soldaten. Unterschiedliche Mentalitäten gehen eben auch unterschiedlich damit um.“

Finck war als Feldlagerbetriebsfeldwebel mit Fachrichtung Stromerzeuger im Einsatz. Feldlagerkräfte sind die ersten, die in den Einsatz gehen, stellen Infrastruktur her, damit die Truppen im Lager überhaupt leben können. Er baute Generatoren für Beleuchtung, Heizung, Kochfelder oder Klimaanlage auf – durch seine Arbeit kam im Lager der „Strom aus der Steckdose“.

Angefangen hat Hauptfeldwebel Finck bei dem Flugabwehrraketensystem HAWK in Rottenburg als Stromerzeugungsaggregatmechaniker das Raketenabwehrsystems. Zudem war er im Bereich Bodengeräteinstandsetzung (Fahrzeuge, Maschinen) tätig. So wurde der Lagerbetrieb beispielsweise in Faisabad sichergestellt. Finck war damals noch im 6./Spezialpionierbataillon 464 in Speyer.

„Ich will für meine Jungs da sein“

Die Lagerbeschüsse hat er „ganz gut weggesteckt“, sagt er.

Schon damals kümmerte er sich um Kameraden, die mit der Verarbeitung von schwierigen Situationen jedweder Art nicht immer gleich gut zurecht kamen – Traumatisierung, die lange Trennung von der Familie, extreme Belastungen, Hitze, Kälte oder einfach nur Alltagsprobleme: „Wie in einer zivilen Firma auch.“ Einfach daneben sitzen, zuhören, reden – das habe schon manchmal ausgereicht.

Manchmal aber auch nicht. Er selbst hat diese Erfahrung ebenfalls gemacht. „Viele Dinge laufen versteckt im Hintergrund, man verdrängt sie teilweise und merkt nicht, dass sich da irgendwas anbahnt.“ Im Kopf könne viel passieren, sagt Finck.

Bei seinen Einsätzen hatte er viel Kontakt mit den Truppenpsychologen, später, zuhause in Speyer, lernte er die Truppenpsychologin des Luftwaffenausbildungsbataillons aus Germersheim kennen. Das, was als Nebentätigkeit auf Auslandseinsätzen begonnen hatte – „für meine Jungs da sein“ – entwickelte sich durch die gemeinsame Arbeit mit der Psychologin zu einem handfesten Berufswunsch. Als die Stelle eines Truppenpsychologiefeldwebels in Germersheim frei wurde, bewarb er sich auf den Dienstposten und bekam ihn.

Jetzt, als Peer, unterstützt er die Psychologin in allen Belangen. Als Stabsdienstbearbeiter im Büro, bei der Planung und Organisation, auf Fachtagungen. Er ist Teil des psychosozialen Netzwerks (PSN), das aus dem Truppenarzt, dem Pfarrer, dem Sozialdienst und dem Psychologen besteht. Das PSN ist übrigens eine feste Einrichtung an diesem Standort.

Finck hat sich selbst auf seine psychische Fitness durchchecken lassen: „Ob auch wirklich alles passt. Nun kann auf einem guten Level arbeiten.“

Neben der eigenen psychischen Stabilität sind Empathie und soziale Kompetenz eine Grundvoraussetzung für diesen Job. Verständnis, Mitgefühl zeigen, Sorgen teilen, aktiv zuhören, sich in die Situation des anderen hineinversetzen – ein Pauschalrezept gäbe es nicht, sagt Finck, aber schon allein die Zuwendung helfe Vielen aus dem seelischen Tief.

„Manchmal zieht sich jemand zu sehr zurück mit seinen Problemen und merkt es oft selbst nicht. Dann versuchen, wir ihn wieder zurückzuholen.“ Es sei dennoch nicht immer ganz leicht, das richtige Gespür zu haben.

Während des Lehrgangs zum Peer wurde Finck in Gesprächsführung und Krisenintervention geschult, die zum Teil in Rollenspielen trainiert wird. Das könne manchmal „sehr intensiv“ werden: „Beim Aufbauen achten wir darauf, dass bestimmte Wortlaute nicht fallen, dafür gibt es ganz bestimmten Kriterien.“ Eine Musterlösung gebe es allerdings nicht.

Selbst therapieren darf er aber nicht. Seine Gespräche mit den betroffenen Kameraden unterliegen der Schweigepflicht – auch gegenüber dem Truppenpsychologen darf keine Silbe nach außen dringen. Als Schnittstelle kann er jedoch mit der Vermittlung an weiterhelfende Stellen gerade in schwierigen Fällen vieles bewirken – natürlich nur nach Absprache mit den Betroffenen.

Anfang 2015 absolviert Finck seinen letzten Lehrgang zum Truppenpsychologiefeldwebel und ist mit dem notwendigen Rüstzeug und den Kompetenzen ausgestattet, seinen Dienstposten anzutreten.

Er freut sich darauf: „Für mich ist die Intention, dass ich den Leuten wirklich helfen möchte. Oder sie dahingehend zu unterstützen, dass ihnen geholfen wird. (cli)

 

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