Montag, 29. April 2024

Ungarn: Ehemaliger rechtsextremer Politiker Szegedi wird jüdisch

28. Oktober 2013 | Kategorie: Allgemein, Panorama

Hebräische Thora-Rolle.
Foto: Dieter Schütz / pixelio.de

Brüssel/Budapest  – Der ehemalige ungarische Antisemit Csanád Szegedi hat sich zum Übertritt zum jüdischen Glauben entschlossen.

Er bemühe sich, die 613 Vorschriften der Religion einzuhalten, sagte Szegedi. Er halte den Sabbath ein, ernähre sich streng koscher und lerne bei orthodoxen Rabbinern die hebräische Sprache.

Szegedi war ein führender Kopf der rechtsextremen Jobbik-Partei, für die er 2009 ins Europaparlament einzog. Nachdem er vor einem Jahr von den jüdischen Wurzeln seiner Familie erfahren hatte, trat er aus der Partei aus. Sein Mandat im EU-Parlament nimmt er als unabhängiger Abgeordneter weiterhin wahr, damit kein Jobbik-Vertreter nachrücken kann.

Nach einem Jahr der Überlegung entschied sich Szegedi, seine jüdische Identität zu akzeptieren:  „Ich habe entdeckt, dass ich meine konservative Weltsicht als Ungar und gläubiger Jude weiter leben kann.“  Er sei immer noch gottesfürchtig und familienzentriert, nur eben nicht mehr als Kalvinist, sondern als Jude. Bei zwei führenden orthodoxen Budapester Rabbinern – Baruch Oberlander und Slomo Köves – lerne er nun Hebräisch, Talmud und Torah. Die Rabbiner sagten, das jüdische Recht gebiete es ihnen, Szegedi aufzunehmen, „da er Jude ist und seine Taten bereut“.

Szegedi selbst sagte, seine früheren Hassreden seien besonders deswegen schlimm gewesen, weil er mit seinen rassistischen Brandreden „auch Kinder traf, die nichts Böses getan und vielleicht Talent hatten, aus denen etwas werden könnte,– aber ich verbaute ihnen den Weg“.

Erstmals enthüllt Szegedi nun auch die Vorgänge in der Jobbik-Partei, die zu seinem Rücktritt führten: Parteichef Gábor Vona und seine Geldgeber hätten demzufolge entschieden, dass Szegedis jüdische Abstammung ein Glücksfall sei, da man die Partei nun nicht mehr antisemitisch nennen könne.

Parteiintern aber sei er so starken antisemitischen Anfeindungen ausgesetzt gewesen, dass er lieber zurücktrat, sagte Szegedi. Er war intern aufgefordert worden, Reue zu bekunden: „Da dachte ich: – Moment, ich soll mich dafür entschuldigen, dass die Hälfte meiner Familie in Auschwitz starb?“ (dts Nachrichtenagentur)

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