Dienstag, 16. April 2024

Themenführung mit Manfred Ullemeyer: Großes Interesse für Geschichte der Juden in Landau

26. Mai 2013 | Kategorie: Landau

Auf großes Interesse stieß die Führung „Juden in Landau“. Hier spricht Manfred Ullemeyer am Galeerenturm. Foto: Ahme

Landau. Überraschend großer Zuspruch: Trotz Regenwetter beteiligten sich cirka 50 Personen heute an einer Führung zur Geschichte der Juden in Landau. Das Interesse an jüdischer Kultur scheint also überdurchschnittlich groß zu sein.

Kultur- und Weinbotschafter Manfred Ullemeyer´s Motivation sich des etwas heiklen Themas anzunehmen: Mentale Stolpersteine setzen und Plätze zeigen, die mit jüdischem Leben zu tun haben, denn „man weiß nur, was man sieht“. Im letzten Jahr tat dies das Chawwerusch Theater mit „Landauer Leben- Ein Theaterweg durch die Jüdisch-Landauer Geschichte“. Aus Anlass der Einweihung des Frank-Loebschen Hauses vor 25 Jahren erarbeitete das Chawwerusch Theater zusammen mit über einhundert Amateurschauspielern aus Landau und Umgebung Szenen zur Jüdisch-Landauer Geschichte. Auch Manfred Ullemeyer war unter den Darstellern und war tief beeindruckt, wie das Thema verarbeitet wurde (www.chawwerusch.de/landauer-leben.htm)

Deutlich wurde: Die Geschichte Landaus ist eng verknüpft mit dem jüdischen Leben in der Stadt. Schon bevor die Siedlung „Landawe“ zur Stadt erhoben wurde, lebten Juden in Landau. Beginnend am Galeerenturm, wo die ersten Juden wohnten, kam der Stadtführer auf die Situation im 13. Jahrhundert zu sprechen.
1274 erhielt Landau die Stadtrechte. Die Rechte der Juden wurden verbrieft und dem Schutz durch die Herrschenden unterstellt.

Die Ausbreitung der Pest 1348 und 1349 führte zu einer neuen Welle der Judenfeindlichkeit in Mitteleuropa. An vielen Orten des heutigen Deutschlands wurden in dieser Zeit Juden verfolgt und verbrannt. Man unterstellte ihnen, an der Pest schuld zu sein, denn sie hätten Christus ans Kreuz geschlagen und sie würden die Brunnen vergiften. Zu sehen sind dazu die Fresken der Katharinenkapelle um 1340, die zeigen, wie die Kirche seinerzeit die Bevölkerung aufhetzte und die Juden als Ketzer anprangerten- eine „bewusste Verdummung der Bevölkerung“, wie Ullemeyer anmerkt.

Auch die Landauer Juden wurden aus der Stadt vertrieben. Einige der Vertriebenen konnten kurz darauf wieder nach Landau zurückkehren.
Im Jahr 1511 brauchte die Stadt viel Geld, um sich aus der Pfandschaft des Bischofs von Speyer auslösen zu können. Dafür wurden 10 jüdische Familien in der Stadt aufgenommen.
Auch während des Festungsbaus 1688 bis 1691 war der Zuzug von Juden willkommen, um die großen Mengen von Arbeitern und Soldaten in der Region zu ernähren. In der Französischen Revolution, die Landau als Teil Frankreichs durchlebt, erhalten die Juden 1791 erstmals die vollen Bürgerrechte, welche unter Napoléon aber wieder eingeschränkt werden.

Unter den Bayern, welche ab 1816 die Herrscher über Landau und die Pfalz sind, werden die Juden rechtlich dem anderen Bürgern gleichgestellt, allerdings mit erblichen Einschränkungen in ihrer Freizügigkeit. Mit der Entfestigung wird ein Wachstum der Stadt möglich. Viele Juden aus dem Umland ziehen nach Landau, um hier als Kaufleute tätig zu werden. Insbesondere der Weinhandel wird von Juden beherrscht und erfährt eine Blütezeit.

Die Schriftstellerin Martha Saalfeld, die in der Theaterstraße geboren wurde, beschrieb in ihrem Roman  „Die Judengasse“ die Verhältnisse und das harte Leben der Juden, die als Lumpenjuden oder Trödeljuden arbeiten mussten.

Mit der Schrittweisen Machtübernahme der Nationalsozialisten wird es den Juden zunehmend schwerer gemacht,  in Landau zu leben. In der Reichspogromnacht 1938 wird die Synagoge in Brand gesetzt; zwei Tage später wird sie wegen Baufälligkeit gesprengt und komplett abgerissen.

„In der so genannten Bürkel-Aktion im Jahr 1940 werden die Landauer Juden, zusammen mit weiteren jüdischen Mitbürgern aus dem südwestdeutschen Raum, in das Lager Gurs in Südwestfrankreich gebracht. Von dort aus werden sie in verschiedene Konzentrationslager im Großdeutschen Reich verschickt; vielfach kam dies einem Todesurteil gleich“ beschreibt Stadtführer Ullemeyer die schlimme weitere Geschichte.

Seit 2003 erinnert das Museum im Frank-Loebschen-Haus (Kaufhausgasse 9) an jüdisches Leben, unter anderem auch mit Kultgegenständen. Im Frank-Loebschen-Haus wohnten die Großeltern von Anne Frank. Eine weitere Führung „Jüdisches Leben in Landau“ soll im Herbst stattfinden. (desa/mu)

Aufmerksame Zuhörer ließen sich in der Katharinenkapelle von Manfred Ullemeyer in die Welt der Pestpogrome im 14. Jahrhundert versetzen. Foto: Ahme

Print Friendly, PDF & Email
Zur Startseite

Abonnieren Sie auch unseren Pfalz-Express-Kanal bei YouTube

Diesen Artikel drucken Diesen Artikel drucken

Ein Kommentar auf "Themenführung mit Manfred Ullemeyer: Großes Interesse für Geschichte der Juden in Landau"

  1. Manfred Ullemeyer sagt:

    Danke für diese sehr treffende Zusammenfassung.