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Rheinzabern: Saturnalien und Narrenpredigt – Tolle Tage im Reich von Guido I. und Sarina I.

15. Februar 2019 | Kategorie: Kreis Germersheim

Bürgermeister Beil: Tanz vor geballter Gardemacht.
Fotos: Beil

Rheinzabern – Nachgewiesen ist es nicht, ob einst die alten Römer in „Tabernae“ die bacchantischen Saturnalien gefeiert haben. Doch die bedauernswerten Südländer mussten sich wohl mit mehr als nur „Vinum“ trösten, um es im rauen Germanien auszuhalten. Während der Saturnalien saßen Herren und Sklaven an einem Tisch, tranken und aßen nach Herzenslust.

Schon unterm Fürstbischof gab ’s Fasenacht

Doch „…auch die Kirche – über 1000 Jahre gehörte Rheinzabern zum Hochstift Speyer – feierte früher eifrig Narrenfeste, wofür sich die Kleriker sogar verkleideten. Dass unsere Fürstbischöfe der Fasenacht nicht abgeneigt waren, zeigt die Tatsache, dass man z.B. 1511 in Speyer ein närrisches „Königreich“ –  mit Hofnarr, Vermummung, Tanz und Spielleuten- veranstaltete.

Der Bischof von Speyer erhielt zu Fastnacht Gaben, Fastnachtsküchelchen und einen steuerartigen Fauth-Pfennig. Und dass später am barocken Hofe zu Bruchsal nach italienischem und französischen Vorbild gefeiert wurde, liegt auf der Hand. Zum Fastnachtsbrauch zählte damals schon eine „Narrenpredigt“, bei der die Rollen vertauscht und dem Pfarrer die „Leviten“ gelesen werden konnten“.

Im Grunde schufen die Obrigkeiten ein psychologisches Ventil, indem sie für kurze Zeit eine Ausnahmesituation zuließen. Unter kirchlicher Kontrolle sollte dem „gemeinen Mann“ sozusagen ein Ausgleich für sein entbehrungsreiches Alltagsleben gewährt werden, was durchaus stabilisierend auf die Herrschaft wirken konnte.

Das Aschekreuz an Aschermittwoch machte schließlich wieder die Rolle des „armen, reuigen Sünders“ überdeutlich. Heute entsteht „Reue“ nach den tollen Tagen vor allem beim Anblick des leeren Portemonnaies“. Soweit ein geschichtlicher Diskurs von Gerhard Beil zum Brauchtum, das im Grunde auch heute noch traditionelle Intentionen pflegt, wenn auch deren ursprünglicherer Kern verschüttet ist.

Fastnachtsdienstag ist Machtübernahme

Zur „Gardinenpredigt“ für die „Prominenz“ können auch heute noch die Prunksitzungen unter Leitung von Sitzungspräsident David Hoffmann werden. Zwei von drei Prunksitzungen – am 23.2. und 2.3. – sind längst ausverkauft, für die Auftaktsitzung am 22.2. könnte es eventuell noch Karten geben.

Das Hofzeremoniell mit Hofnarren, Garden, Hofstaat und närrischem Rat steht ganz im Zeichen der schmeichelnden Verehrung der närrischen Monarchie mit Huldigungen an und Tuschs und Trinksprüchen auf das Prinzenpaar, ebenso wie der Hofball am Fasenachtssonntag.

Fastnacht-Dienstag, am letzten Tag vor dem Aschermittwoch, geht es dann nochmals rund. Gestärkt durch ein gemeinsames Frühstück, stürmt die Narrenschar die letzten beiden noch arbeitenden „Behörden“ des Ortes, die Kindergärten, wo das Personal zuerst geküsst und dann abgesetzt wird.

Derweil herrscht im Rathaus „Ausnahmezustand“, der mit dem Eintreffen der Karnevalskutsche seinen Siedepunkt erreicht. Aufgepeitscht durch schmissige Marschmusik stürmt das närrische Volk das Gemeindehaus, wo sich der Ortsbürgermeister vergeblich verstecken wird. Pfiffige Gardistinnen haben ein Gespür für Bürgermeisterverstecke und werden ihn im Ratssaal vorführen.

Trotz braven Aufsagens eines Gedichts und der Bitte um Verschonung, trotz Überreichens von Blumen an Ihre Lieblichkeit, wird die Prinzessin den armen OB durch den Saal tanzen lassen und ihm sanft, aber bestimmt, die zur Machtdemonstration erschienene Parade der Garden zeigen.

Nach einer Bowle-Pause muss der abgesetzte Nachfolger fürstbischöflich-speyerischer Schultheiße eine letzte Schmach erdulden, indem er seine Absetzung bekanntgeben muss, wozu das närrische Volk in den Straßen tanzen und jubeln wird.

Defilee zum Höhepunkt

Der Fastnachtsdienstag Nachmittag sieht dann eine wahre Siegesparade der närrischen Monarchie über die nüchterne Republik. Die Hauptstraßen werden zur „Via Triumphalis“ der Narretei, wenn sich ein lindwurmartiger Umzug durch sie hindurch wälzt, ehe er sich bei der Spielwiese im Töpferring auflöst, um reibungslos zum Ausklang in der Turn- und Festhalle überzugehen.

Ex-Prinzenpaare bringen-bunte Farben.

Zur Geisterstunde werden die Kappen abgenommen – und der Alltag ergreift wieder Besitz vom Römerdorf. Der Humor aber wird nicht eingemottet, sondern wird das ganze Jahr über als Lebenselixir bei Jung und Alt wirken. Mehr auf www.rhe-na.com.

Die Veranstaltungen im Telegrammstil

Fr. 22.02.2019: Prunksitzung, Einlass 18:30, Beginn 19:30 Uhr, Eintritt 13,- €

Sa. 23.02.2019: Prunksitzung, Einlass 18:30, Beginn 19:30 Uhr, Eintritt 13,- €

Sa. 02.03.2019: Prunksitzung, Einlass 18:30, Beginn 19:30 Uhr, Eintritt 13,- €

So. 03.03.2019: Hofball 2.0, Einlass 19:00, Beginn 20:00; Eintritt 10,- €

Mo. 04.03.2019: Kinderkostümfest, Einlass 13:00, Beginn 14:00, Eintritt 3,- €

Mo. 04.03.2019: Fasenachter ziehen durch die Gassen, Start ca. 20 Uhr

Di. 05.03.2019: Sturm auf Kindergärten und Rathaus, Start 9:30 Uhr

Di. 05.03.2019: Umzug, Aufstellung 13:33 Uhr; Abmarsch: 14.33 Uhr

Di 05.03.2019, Abschlussparty im Anschluss an den Umzug, -Eintritt frei.

Die Tollitäten tanzen.

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