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Rehak-Nitsche: Zahlen sprechen derzeit gegen generellen Lockdown Light

17. November 2020 | Kategorie: Kreis Germersheim, Politik regional
Katrin Rehak-Nitsche

Dr. Katrin Rehak-Nitsche
Foto SPD-Fraktion RLP, A. Heimann

Wörth – Die SPD-Landtagsabgeordnete Dr. Katrin Rehak-Nitsche hat sich ausführlich zu unterschiedlichen Corona-Themen und -Diskussionen geäußert und auch Kritik an ihrem Landtagskollegen von der CDU, Martin Brandl, artikuliert.

Rehak-Nitsches  Statement im Wortlaut:

„Die teilweise hochemotional geführten Diskussionen zur Frage des Schulunterrichts unter Pandemie-Bedingungen belegen die Bedeutung von Bildung in unserer Gesellschaft. Das ist zunächst einmal sehr erfreulich, da die Zukunftsaussichten unserer Kinder und Enkel maßgeblich von deren Bildungschancen abhängen. Bildung für Kinder und Jugendliche ist der Schlüssel zum Leben und ein kostbares Gut. Insofern stellt sich selbstverständlich die Frage, wie dieses hohe Gut in Pandemie-Zeiten gewahrt werden kann. Hierzu ist eine sachliche Debatte hilfreich und notwendig.

Viele Bereiche des öffentlichen Lebens wurden heruntergefahren, damit die Kitas und Schulen, aber auch unser Wirtschaftsleben geöffnet bleiben können. Die Panikreaktion des CDU-Landtagsabgeordneten Brandl verdeutlicht, wie richtig es ist, dass die Landesregierung in der Krise einen klaren Kopf behält. Der CDU sind offenbar die Beschlüsse nicht bekannt, die von allen Ministerpräsident:innen und der Kanzlerin am Montag veröffentlicht worden sind. Darin ist zu lesen, dass die Offenhaltung von Einrichtungen im Präsenzunterricht mit hohem Infektionsschutzniveau eine wichtige politische Priorität sei.

Auch die Hotspot-Strategie, nämlich die gezielte Bekämpfung dort, wo vermehrt Infektionen auftreten, ist Teil der Vereinbarungen zwischen Bund und allen Ländern. Der Klärungsbedarf in der CDU wird damit offensichtlich, denn fast die Hälfte der Ministerpräsidenten sind Parteifreunde von Brandl. Aktionismus vor Ort ist kein Ersatz für tragfähige politische Arbeit, die Ergebnisse zeigt und in der Krise den Weg weist. Die Länder und auch die Bildungsministerien agieren geschlossen und betonen gemeinsam die Wichtigkeit, die Schulen in Präsenz geöffnet zu halten.

Von einem raschen Verschwinden von Corona darf nicht ausgegangen werden. Wer nun fordert, Schulen teilweise zu schließen oder Unterricht in Wechselmodellen umzusetzen, obwohl die Infektionszahlen unter Schüler:innen und Lehrer:innen nachweislich sehr klein sind, muss dazu sagen, dass das angesichts der absehbar fortbestehenden Pandemielage höchstwahrscheinlich bis Ende des Schuljahres gelten müsste. Ein spontanes Hin- und Herwechseln zwischen Präsenzphasen und Wechselmodellen wäre nicht praktizierbar. Damit wäre nach den Einschränkungen des Frühjahrs ein weiteres Schulhalbjahr nur von begrenztem Nutzen für die Bildung der Kinder und Jugendlichen.

Auch der Austausch und die Kontakte unter Gleichaltrigen sind für den Reifungsprozess von Kindern und Jugendlichen unerlässlich. Zu Erinnern ist zudem an die Sorgen und Nöte der vielen Eltern, die eine Betreuung in solchem Maße nicht dauerhaft leisten können, ohne den Arbeitsplatz oder den Burnout zu riskieren. Die schmerzlichen Erfahrungen des Lockdowns im Frühjahr haben gezeigt, dass diese Schließungen eine immense Kraftanstrengung für die Familien waren und dass viele Kinder darunter massiv gelitten haben.

Hot Spots zudem sind stets lokal verortbar – und bislang hat das Gesundheitsamt des Landkreises gute Arbeit gemacht, wenn es um die Eindämmung von lokalen Ausbrüchen ging, gerade auch in unseren Schulen. Dass Brandl den Kreis nun für nicht zuständig erachtet, ist schwer verständlich und zeigt Unkenntnis über die tagtägliche Arbeit des Gesundheitsamts. Diese Leistung und die Kompetenz vor Ort muss gewürdigt werden, denn sie ist sehr wertvoll. Ich danke allen Beteiligten sehr herzlich für das große Engagement!

Die Ansage des Bildungsministeriums in Rheinland-Pfalz ist klar, ebenso wie die Aussage aller Bildungsministerien im gesamten Bundesgebiet: Schulen und Kitas sollen geöffnet bleiben, solange es das Infektionsgeschehen irgend möglich zulässt. Das Infektionsgeschehen an den Kitas und Schulen wird in Rheinland-Pfalz deshalb sorgfältig beobachtet. Die Statistiken zeigen eindeutig: Schulen und Kitas sind bislang keine Hotspots. Dies ist nicht zuletzt den großartigen Leistungen der Lehrerinnen und Lehrer, der Erzieherinnen und Erzieher vor Ort zu verdanken. Ebenso ist es das Verdienst der Träger der Bildungseinrichtungen: Die Kommunalverwaltungen machen einen exzellenten Job in dieser Krise.

Dies ist durch Zahlen klar belegbar*: Die 131 Indexfälle unter Schülern seit Ende der Sommerferien hatten Kontakt zu 4.063 Kontaktpersonen der Kategorie 1. Bei diesen 4.063 Kontaktpersonen hat es lediglich 22 Ansteckungen gegeben. Das entspricht 0,54 Prozent. Die Ansteckungsquote bei Kontakten im privaten Bereich liegt dagegen bei fast 20 Prozent. Die Schulen und Kitas sind folglich nach wie vor sicher – die Landesregierung kommuniziert alle Zahlen sehr transparent unter: www.corona.rlp. Von den insgesamt 521.000 Schüler:innen sind derzeit gut 1.000 Schüler:innen infiziert. Von den insgesamt 1.590 Schulen waren am 9.11.2020 10 Schulen geschlossen, am 17.11.2020 war es keine einzige.

Teilgeschlossen waren am 9.11. 216 Schulen, am 17.11. waren es 234. Diese Zahlen bedeuten, dass Klassen, die vor zwei Wochen in Quarantäne waren, heute bereits wieder im Klassenzimmer sind, derzeit 95 Prozent der Schüler:innen. Es bedeutet, dass 520.000 Schüler:innen gesund sind und in die Schule gehen können. Ein genereller Lockdown oder Lockdown Light ist angesichts der massiven negativen Folgewirkungen für Schülerinnen und Schüler und die betroffenen Familien also nicht zielführend. Sollte sich die Lage in den Schulen ändern, werden gegebenenfalls weitergehende oder regional angepasste Maßnahmen notwendig werden. Auch dies ist klar dem Bund-Länder-Papier vom Montag und den Aussagen des Bildungsministeriums zu entnehmen.

Die Arbeit an den Schulen und in den Kitas ist derzeit alles andere als einfach. Die Situation muss ständig neu bewertet, geprüft und abgewogen werden. Dieser Verantwortung kommen alle Beteiligten nach – ob in den Schulen, in den Kitas oder in den Ministerien in Bund und Ländern. Menschen, die Verantwortung tragen und klare Aussagen treffen, werden es niemals allen recht machen können, aber das darf – zumal in Krisenzeiten – nicht handlungsleitend sein.“

*Zahlen aktualisiert am 18.11. 2020.

 

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