Montag, 29. April 2024

Razzia im Erzbistum Köln – Kardinal Woelki in der Klemme

28. Juni 2023 | Kategorie: Nachrichten, Panorama

Kölner Dom.
Foto: dts Nachrichtenagentur

Im Erzbistum Köln haben Staatsanwaltschaft und Polizei am Dienstagmorgen mehrere Objekte durchsucht. Hintergrund sind Meineid-Ermittlungen gegen den Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki.

Kardinal Woelki wird vorgeworfen, vor Gericht falsche Angaben gemacht zu haben, als er über einen Priester aussagte, der mehrere Jugendliche sexuell belästigt haben soll. Woelki behauptete, von den Vorwürfen gegen den Priester nichts gewusst zu haben, bis sie im März 2023 öffentlich wurden. Der WDR hat jedoch Dokumente veröffentlicht, die zeigen, dass Woelki bereits 2018 einen Brief an die Glaubenskongregation im Vatikan geschrieben hat, in dem er die Übergriffe des Priesters detailliert beschreibt.

Demnach wurden seit 8 Uhr an insgesamt sechs Orten Durchsuchungen durchgeführt, davon vier in Köln sowie je einer in Kassel und Lohfelden. Es handele sich um die Räumlichkeiten des Generalvikariats, des Offizialats und des Erzbischöflichen Hauses sowie ferner die Geschäftsräume des den E-Mail-Verkehr im Erzbistum Köln verwaltenden EDV-Dienstleisters.

Ziel der Maßnahmen sei die Sicherstellung schriftlicher Unterlagen und die Erhebung der innerbistümlichen Kommunikation zu den Vorgängen gewesen, in deren Zusammenhang die als unwahr angezeigten Äußerungen Woelkis gefallen sind.

Die Aus- und Bewertung der sichergestellten Beweismittel werde geraume Zeit in Anspruch nehmen, fügte die Staatsanwaltschaft hinzu. An den Maßnahmen waren rund 30 Polizeibeamte sowie vier Staatsanwälte beteiligt.

Kirchenrechtler hält Woelki nach Razzia für angeschlagen

Nach der Razzia ist Kardinal Woelki nach Ansicht des Kirchenrechtlers Thomas Schüller stark angeschlagen. „Es liegt nun an Woelki, selbst zu entscheiden, ob er die Reißleine zieht“, sagte Schüller der „Rheinischen Post“. „Allerdings zeigt sein bisheriges Verhalten, dass er an seinem Bischofsstuhl klebt und sein persönliches Wohlergehen über das der Erzdiözese Köln stellt. Das ist das eigentliche Drama.“

Diese Durchsuchungen seien nur möglich, wenn begründete Ansatzpunkte für eine Straftat vorlägen, so Schüller. Dieser in Deutschland „einzigartige Vorgang“ zeige, dass die staatlichen Strafverfolgungsbehörden erkennbaren Hinweisen auf eine Straftat nachgingen.

Ob Rom darauf reagiert, ist offen. Nach weltlichen Maßstäben sei der Kölner Kardinal nicht mehr haltbar, so Schüller. „Nach kirchlichen Usancen kann es sein, dass der in dieser Angelegenheit völlig beratungsresistente Papst auf stur stellt und jetzt erst recht keinen Rücktritt annimmt, weil dies als Vorverurteilung gedeutet werden kann.“

Auch für die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Irme Stetter-Karp, sei nicht einzuschätzen, wann der Papst handeln werde. „Erwartet hätten wir mit vielen Menschen gemeinsam seine Entscheidung im Interesse einer glaubwürdigen deutschen Kirche schon länger. Beschädigt ist die gesamte katholische Kirche. Das neuerliche fatale Signal aus Köln ist: Aufarbeitung gelingt nur, wenn Staatsanwaltschaften eingreifen“, sagte Stetter-Karp.

Für den Salzburger Fundamentaltheologe Gregor Maria Hoff ist Woelki „nicht mehr zu halten“. „Woelki ist das Gespenst eines katholischen Amtsnimbus, das noch am Lebensfaden päpstlicher Unentschiedenheit haftet, aber dessen Glaubwürdigkeit verspielt ist. Der Autoritätsverlust der katholischen Kirche wird mit der Kölner Razzia manifest: im öffentlichen Bewusstsein steht sie als kriminelle Vereinigung dar“, schätzt Hoff die Lage ein. (dts Nachrichtenagentur/red)

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