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Neujahrsempfang der Stadt Neustadt: „Wünsche können nicht zum Nulltarif umgesetzt werden“

22. Januar 2016 | Kategorie: Allgemein, Neustadt a.d. Weinstraße und Speyer, Regional
Im Neustadter Saalbau informierten sich die Bürger über zukünftige Vorhaben der Verwaltung. Foto: Schädler

Im Neustadter Saalbau informierten sich die Bürger über zukünftige Vorhaben der Verwaltung.
Foto: Schädler

Neustadt. Die Big Band des Leibniz Gymnasiums unter der Leitung von Michael Gilb eröffnete den diesjährigen Neustadter Neujahrsempfang mit flotten Rhythmen. OB Löffler konnte cirka 800 Gäste im Neustadter Saalbau begrüßen.

Bevor er auf die Entwicklung und Vorhaben der Stadtpolitik zu sprechen kam, umriss er weltpolitische Ereignisse und beleuchtete die Flüchtlingspolitik. „Trotz wirtschaftlicher Prosperität ist die Mehrheit zutiefst verunsichert. Der Optimismus der Bürger ist binnen weniger Wochen stark zurückgegangen. Sie empfinden die Verhältnisse in Deutschland als beunruhigend.“

Flüchtlingsfrage auch 2016 ein Thema

Die Flüchtlingsfrage habe sich innerhalb weniger Monate zu einem Megathema entwickelt. Auch in Neustadt habe dies unmittelbare Auswirkungen.

„Da der Zustrom nach wie vor anhält und ein Ende nicht abzusehen ist, wird die Betreuung mit weiteren nicht unerheblichen organisatorischen, personellen und finanziellen Belastungen verbunden sein“, so Löffler. Es sei unbestritten logisch, dass Deutschland nicht alle Flüchtlinge aufnehmen könne.

Trotzdem werde die Flüchtlingsthematik auch 2016 ein Thema sein. Die Unterkünfte werden
naturgemäß weniger. Wir benötigen nach wie vor Wohnräume. Auf eine Belegung von Schulturnhallen im Notfall würde ich gerne verzichten.“

Nach Neustadt sind 577 Asylsuchende, 322 Männer, 103 Frauen und 152 Kinder gekommen. Der Stadtrat hat für Unterbringung etc. Mittel in Höhe von rund 18,5 Millionen Euro bewilligt. Löffler bedankte sich in diesem Zusammenhang für „das großartige ehrenamtliche Engagement vieler Mitbürger und den „beispiellosen Einsatz der Kollegen in der Verwaltung“.

Immer wichtiger werde es auch, die wachsenden Ängste der Bürger ernst zu nehmen, auf ihre Fragen und Befürchtungen Antworten zu geben und „nicht alle Menschen, die eine kritische Frage stellen, in eine bestimmte Ecke abzustellen“.

Löffler übte Kritik an der Landesregierung: „Zur finanziellen Seite der Betreuung von Flüchtlingen hat der Rechnungshof des Landes Rheinland-Pfalz in seinem letzten Bericht bei den Kommunen ein Defizit von 50 Mio. Euro, das sich auf die Aufnahme von 10.000 Flüchtlingen jährlich in Rheinland-Pfalz bezog, festgestellt. 10.000 Flüchtlinge, das war einmal. Momentan beträgt die Zahl der Flüchtlinge in unserem Bundesland ca. 53000.

Auf das Trauerspiel bezüglich der Finanzierung dieser Aufwendungen in Rheinland-Pfalz möchte ich nicht weiter eingehen. Es bleibt festzuhalten, dass es dem Land Rheinland-Pfalz gut gestanden hätte, die zusätzlich vom Bund bereitgestellten Mittel in Höhe von 670 Euro pro Person zusammen mit den bisher vom Land gewährten Mitteln in Höhe von 513 Euro pro Person an die Kommunen weiterzureichen,
wie dies teilweise in anderen Bundesländern geschehen ist.

Die Ende des Jahres 2015 von unserer Landesregierung beschlossenen Änderungen des Landesaufnahmegesetzes führen wiederum zu einer neuen zusätzlichen Belastung der Kommunen“.

Die gerechteste Lösung sei eine Spitzabrechnung; wie sie die Spitzenverbände der Kommunen einforderten.

Finanzen und Stadtentwicklung

Und weiter: „Nicht durch Misswirtschaft und Prestigeobjekte, nicht durch exorbitant hohe Leistungen in Wirtschaft-, Kultur-und Sportförderung, nicht weil die Kämmerer nichts von Haushaltswirtschaft verstehen, sondern weil die uns ständig von Bund und Land per Gesetz übertragenen neuen Sozialaufgaben nicht durch entsprechende Finanzzuweisungen ausfinanziert sind, haben einzelne Städte in Rheinland-Pfalz schon Kassenkreditschulden in Höhe von 1 Milliarde Euro angehäuft.“

Bedenklich sei dies vor allem im Hinblick auf die Tatsache, dass es für die Kommunen immer schwieriger werde, Darlehen zu akzeptablen Konditionen auf dem Weg eines klassischen Bankkredits zu bekommen. So habe Kaiserslautern erstmals am Markt ein sogenanntes Schuldscheindarlehen in Höhe
von 50 Mio. Euro platziert.

Löffler bedauerte, dass die Musterklagen gegen das Land wegen der unausgewogenen Finanzausstattung der Kommunen und die Klage wegen der unzureichenden Mittel im Kitabereich keinen Erfolg hatten.

„Ich denke und hoffe aber, dass das Signal bei der derzeitigen und der zukünftigen Landesregierung angekommen ist.

Zwar sei die Situation in Neustadt besser, „aber verleiten lassen sollten wir uns davon nicht. Nach wie vor gelingt es uns nicht, den Haushalt auszugleichen.“

Löffler ging auf das Thema Stadtentwicklung mit Innenstadtbeirat, Willkomm, Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft, sowie den Breitbandausbau ein.

„Der Wirtschaft in Neustadt an der Weinstraße geht es im Allgemeinen gut. So
konnten wir 2015 die höchsten Gewerbesteuereinnahmen in der Geschichte unserer
Stadt verzeichnen“, so Löffler.

Er bedauerte gleichzeitig die schlechten Umfrageergebnisse der IHK bei den Neustadter Betrieben, bei der Neustadt schon zum zweiten Mal „schlecht“ abgeschnitten hat.

„Wir haben zwar schon erste Maßnahmen ergriffen. Zum Beispiel ein Bauberatungszentrum
eingerichtet, eine Mitarbeiterin zur Betreuung der Firmenvorhaben eingesetzt und intern insbesondere die Brandschutzbeurteilung und -beratung neu aufgestellt und personell besetzt. Ebenso erhält die Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft eine weitere Vollzeitstelle.

Allerdings haben sich diese Maßnahmen noch nicht so in der Bewertung auswirken können. Mit Vertretern der IHK werden wir die Umfrage in diesem Monat im Stadtrat analysieren und diskutieren; mir liegt aber noch mehr daran, mit all denen, die nicht mit unserer Verwaltung zufrieden
sind, ins Gespräch zu kommen, um konkret und gezielt erkennen zu können, wo noch Nachhol-und Verbesserungsbedarf besteht. Ich würde mich freuen, wenn in den nächsten Tagen mein oder Frau Schattens Telefon heißlaufen würde.“

Die Big Band des Leibniz Gymnasiums sorgte für die musikalische Umrahmung des Empfangs. Foto: Schädler

Die Big Band des Leibniz Gymnasiums sorgte für die musikalische Umrahmung des Empfangs.
Foto: Schädler

 

Sanierungen und Bauvorhaben

Straßensanierungen stehen an, nämlich die der Dammstraße, der letzte Bauabschnitt in der Hauptstraße, die weiteren Bauabschnitte in der Konrad-Adenauer-Straße, die Sanierung der Stabenbergstraße in Königsbach, der Ausbau der Kirrweilerer Straße, die Teilsanierung der B 39 in der Talstraße, die Umgestaltung des Bahnhofsvorplatzes, der Winzinger Spange sowie
die weiteren Sanierungen von Straßen, Brücken und Stützmauern.
Nicht verwirklicht werde die S-Trasse in Lachen-Speyerdorf.

Angegangen werden soll 2016 die Neugestaltung des Bahnhofsvorplatzes mit zentralem Omnibusbahnhof, die Verkehrsführung im Bereich des Saalbaus, Neugestaltung des Winzinger Knotens usw.

Verwirklicht wurden Verbesserungsmaßnahmen auf den Friedhöfen. Für die ehemaligen Bewohner des Maifischgrabens werden Wohnungen in der Schlachthofstraße bereitgestellt.

Geplant sind weitere 79 Wohneinheiten für ca. 300 Personen in drei Gebäuden im Harthäuserweg und in drei in der Böhlstraße.

Wünsche gäbe es viele, die aber nicht zum Nulltarif umzusetzen seien, so Löffler.

Steuererhöhungen: Wünsche nicht zum Nulltarif finanzierbar

Die „politische Ehrlichkeit“ gebiete es „klar zu formulieren“, dass neue Wünsche und Wohltaten nur durch neue Schulden zu Lasten der zukünftigen Generation oder durch Steuererhöhungen finanziert werden können. Die Erhöhung der Grundsteuer B sei deshalb nicht leicht gefallen.

Nicht angetastet werden solle dagegen nach seiner Überzeugung die Gewerbesteuer.

„Unsere Betriebe leisten mit ihrer Wirtschaftskraft den größten Beitrag zu unseren Haushaltseinnahmen. Mit 400 Punkten haben wir zwar den niedrigsten Hebesatz aller kreisfreien Städte; wir stehen allerdings auch im Wettbewerb mit den Gewerbegebieten der umliegenden Gemeinden, die häufig noch niedrigere Hebesätze haben. Unseren Betrieben, die treu am Standort festhalten, wollen wir nicht zusätzlich noch höhere Lasten zumuten.“

Vier Wünsche des Stadtchefs:

Neuer Besitzer und Investor für das Hertiegebäude, Verlegung der Sportanlagen in Lachen-Speyerdorf ,Vertrauen schaffen und es rechtfertigen, Mut zu zukunftsorientierten Entscheidungen.

Veranstaltungen:

Am 28.Mai findet im Saalbau ein Charity-Ball des Lionsclub Neustadt statt. Der Erlös soll dem gemeinsam mit der Bürgerstiftung geplanten Vorhaben „Wasser in die Stadt“ zugute kommen.

Vom 17. bis 19. Juni wird das 34. Neustadt-Treffen der Neustadts in Europa
in der Stadt gefeiert.

Die Partnerschaft mit der französischen Stadt Macon wird vom 14. bis 16. Mai in Neustadt gefeiert und vom 8. bis 10. Juli in Macon. Dazu ist eine Bürgerreise nach Macon geplant.

„Liebe Neustadter, packen wir auch 2016 tatkräftig an, lassen Sie uns das Jahr in Freiheit, Mitmenschlichkeit und Verantwortung gestalten. Mögen uns unsere Spitzenprodukte zu Spitzenleistungen beflügeln“, so Löffler. (desa/red)

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