Mittwoch, 24. April 2024

Jens Spahn in Herxheim: Austausch mit Pflegekräften – Wie geht es voran in der Pflege?

19. August 2021 | Kategorie: Bundestagswahl 2021, Kreis Germersheim, Kreis Südliche Weinstraße, Landau, Politik regional, Regional

Fotos: Rolf H. Epple/Licht/Pfalz-Express – Video (c) Pfalz-Express – Video und Fotostrecke am Textende

Herxheim – Von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt hat sich am Donnerstag Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) auf den Weg in die Südpfalz gemacht – nach Herxheim ins Schönstattzentrum.

Dort tauschte sich der Minister auf Einladung seines Staatssekretärs (und südpfälzer CDU-Bundestagsabgeordneten) Dr. Thomas Gebhart mit Pflegekräften der Herxheimer Einrichtungen aus. Die Pflegekräfte konnten mit Jens Spahn direkt über die aktuelle Situation in der Pflege, ihre Erfahrungen in der Praxis und über all das, was ihnen sonst noch auf dem Herzen lag, sprechen.

Man wolle immer eine menschliche Gesellschaft bleiben, sagte Gebhart eingangs, deshalb sei eine gute Pflege so wichtig. Spahn berichtete über die Initiativen, die man in den letzten dreieinhalb Jahren auf den Weg gebracht habe – als da unter anderem wären: Flächendeckende Abschaffung des Schulgelds (Spahn: „Das war ja sowieso völlig verrückt“), Ausbildungsvergütung für jeden, oder Perspektiven im Pflegeberuf wie Weiterbildungen, die man auch mit Bachelor und Master ergänzen kann. Das seien wichtige Optionen für den weiteren Berufsweg, so Spahn.

Außerdem habe man zusätzliche Pflegestellen geschaffen, die Refinanzierung gleich mit geregelt und man sei dabei, die Digitalisierung im Pflegesektor weiter voranzutreiben. „Oft entsteht der Eindruck, das alles ist ein Tropfen auf den heißen Stein“, sagte der Minister, „aber wir sind ein ganzes Stück vorangekommen.“ Trotzdem gebe es natürlich noch viel zu tun. „Wir müssen einen langen Atem haben und an diesen Schrauben weiter drehen.“

„Stressig und belastend“

Der Arbeitsmarkt indes sei leergefegt, so Spahn. Deshalb sei „stressig und belastend“ ein häufiger Kritikpunkt im Pflegeberuf – wegen zu wenig Personal in den Einrichtungen. Das bestätigten die meisten der anwesenden Pflegekräfte. „Wir arbeiten oft zwölf Tage am Stück“, sagte eine Frau. „Aber wir hätten auch gerne eine Fünf-Tage-Woche.“

Eine andere Pflegekraft beklagte die stetig anschwellende Bürokratie, die exorbitant zugenommen habe. Komplizierte Abrechnungssysteme, kein Pragmatismus sondern viel Mehrarbeit, wenn eine Kleinigkeit auf einem Formular mal nicht passt – das alles erschwere die Arbeit. „Geld und Leute fehlen am Bett, weil alles in den Verwaltungsschlunden verschwindet.“

Digitale Umstellung kommt nur langsam voran

„Weg vom Papierkram“ will der Gesundheitsminister auf jeden Fall, betonte er mehrmals. Eine digitale Umstellung sei zwar auch zuerst aufwändig und es gebe zum Beispiel bei der digitalen Zeiterfassung noch „Gehakel“ zwischen Kassenverbänden und Trägern, aber letztendlich sei die Digitalisierung die Zukunft in der Verwaltung. „Wenn denn mal das Mobilfunknetz funktioniert“, warf ein Pflegedienstmitarbeiter ein und erntete zustimmendes Gelächter.

Entlass-Management vielerorts verbesserungswürdig

Überrascht war Spahn vom Bericht einer Pflege-Mitarbeiterin und auch des obigen Pflegemitarbeiters, wonach in manchen Krankenhäusern Patienten ohne Ankündigung entlassen würden und ohne Behandlungsplan oder Rezept quasi auf der Straße stünden. Das spreche nicht für das Krankenhaus, meinte Spahn. Die gesetzlichen Regelungen für ein Entlass-Management seien aber da. Thomas Gebhart kündigte an, bei Gesprächen mit Verantwortlichen der gemaßregelten Krankenhäuser der Sache nachzugehen.

Zu wenig niedergelassene Ärzte

Bürgermeistern Hedi Braun merkte an, dass zur Versorgung der Bevölkerung schlicht und einfach Ärzte fehlten – auch Fachärzte. So habe sie unlängst die Möglichkeit gehabt, einen Kardiologen in Herxheim anzusiedeln. Leider habe sie von der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) keine Zulassung erwirken können. Der Bedarf sei aber da. „Fährt man stattdessen nach Landau, hat man unglaubliche Vorlaufzeiten.“

Pflegekosten für Mittelschicht am meisten belastend 

Zur Sprache kam letztendlich auch noch die Beteiligung der Angehörigen an den Pflegekosten. Diesbezüglich müsse man noch weiter nachjustieren, sagte Spahn. „Die ganz Armen müssen nichts bezahlen, den Wohlhabenden tut es vielleicht nicht ganz so weh, aber der ´mittlere` Teil der Bevölkerung, der sich ein bisschen was angespart hat, den trifft es am stärksten.“

Die Kritik und Anregungen des Nachmittags in Herxheim will Spahn mit nach Berlin nehmen. Das Dauerthema „Corona“ kam dieses Mal nicht zu Sprache. Zum Abschied gab es für den Gesundheitsminister einen „gesunden Korb“ mit reichlich Vitaminen. (cli)

 

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