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Internationale Frachtstation Speyer: Schmuggelware auf der Spur – ein Blick hinter die Kulissen

25. März 2015 | Kategorie: Kreis Germersheim, Neustadt a.d. Weinstraße und Speyer, Regional

Diese Schildkröte wurde zusammen mit fünf Artgenossen verklebt in einem Paket geschickt – und von den Angestellten der IFS gerettet.
Fotos: IFS/pfalz-express.de/Licht

Speyer – Schokoladennikoläuse oder Nutellagläser mit Marihuana angefüllt, Viagra in Zigarettenschachteln, teure Uhren für 20 Euro deklariert, lebende Vogelspinnen oder mit Isolierband verklebte Schildkröten, illegal beschaffte Kulturgüter, Waffen, Munition oder Sprengstoff – das sind nur einige Beispiele für in Postsendungen versteckte Schmuggelware, die die Mitarbeiter der Internationalen Frachtstation Speyer (IFS) aus dem Verkehr gezogen haben.

Die IFS ist eine Abfertigungsstelle des Zollamts Germersheim und gehört zum Hauptzollamt Saarbrücken.

Postsendungen – Päckchen, Pakete oder Briefe mit Waren -, die aus Süd- und Westeuropa nach Deutschland transportiert werden, landen in Speyer. Seit Beginn der Auslandseinsätze der Bundeswehr fertigt die IFS auch die Feldpost ab und ist für Sendungen aus den USA zuständig.

Robert Ott, Leiter der IFS.

Etwa 6000 Sendungen werden dort täglich abgefertigt. In Spitzenzeiten wie Weihnachten oder Ostern erhöht sich das Aufkommen nochmals.

Gutes Gespür gefragt

In riesigen Lastwagen kommen die Postsendungen bei der IFS in Speyer an und werden von Bediensteten der Post vorsortiert. In einer ersten Auswahlstelle werden die Pakete getrennt – quasi in „gut und böse“. Dafür braucht es viel Erfahrung und ein gutes Gespür.

Erste Vorsortierung

Das gilt ebenso für diejenigen Zollbeamten, die die aussortierten Päckchen stichprobenartig und bei bestehendem Verdacht öffnen lassen, was ausschließlich den Angestellten der Post erlaubt ist. Das Brief- und Postgeheimnis ist in dieser Hinsicht eingeschränkt.

Ist das verdächtige Paket geöffnet, sichten Post- und Zollbeamter die Ware gemeinsam. Ist dann alles in Ordnung, wird das Paket wieder verschlossen und mit einem Aufkleber „durch die Deutsche Post für die Zollabfertigung geöffnet“ versehen. So weiß der Empfänger, dass sein Paket kontrolliert wurde, was nicht in jedem Fall auf Verständnis stößt. In einem persönlichen Telefonat können Irritationen jedoch meist ohne Konflikte ausgeräumt werden.

Gemeinsames Öffnen eines Pakets.

Stellt sich der Inhalt aber als noch zu verzollen oder gar als illegal heraus, werden weitere Schritte in die Wege geleitet. Für steuerpflichtige Waren wird ein Steuerbescheid erstellt. Waren, deren Einfuhr verboten ist, werden sichergestellt, der Empfänger wird schriftlich über die weitere Vorgehensweise unterrichtet

Tierische Spürnase und ausgefeilte Technik

Schmuggelware ist nicht einfach zu erkennen, aber es finden sich häufig auch Anhaltspunkte: Wenn beispielsweise das Gewicht nicht mit der Inhaltserklärung übereinstimmt oder bei angeblichen Geschenksendungen der Absender fehlt, sind das mögliche Indizien, dass etwas nicht stimmt.

Unterstützung gibt es sowohl von maschineller als auch von tierischer Seite: Zollhund Bruno, ein Weißer Labrador-Retriever, erschnüffelt mit feiner Nase Dinge, die nicht in die Pakete gehören: Bärenfelle, Rauschgift, lebende Tiere hat er schon gefunden. Bruno ist der Liebling der IFS und wird von allen Angestellten und seinem dort ebenfalls beschäftigten Herrchen bestens versorgt und gerne auch ein wenig verwöhnt.

Bruno hat Witterung aufgenommen.

Die Technik ist das andere Standbein: Hochmoderne Röntgengeräte – ähnlich denen der Flughafenkontrollen – können speziell dafür geschulten Mitarbeitern Aufschluss über den Inhalt eines Pakets geben.

Gefährliche Ware

„Waffen, Sprengminen, Zünder, Munition, Sprengstoff – das alles entdecken wir immer wieder“, berichtet Robert Ott, der Leiter der IFS. In manchen Fällen müssen Fachkräfte angefordert werden, um die riskante Fracht aus den Paketen zu entnehmen und an die entsprechenden Stellen weiterzuleiten.

Paket mit Pistole.

So wird gemogelt

Auch wertvolle Reisemitbringsel werden offenbar gerne ohne die entsprechenden Einfuhrabgaben ins Land geschmuggelt: Davon zeugen leere Verpackungen. Die im Ausland getätigten Einkäufe – oft Schmuck – werden dann bei der Einreise getragen, die teuren Verpackungen, auf die die Käufer nicht verzichten wollen, nachgesandt. In einem solchen Fall lässt die ISF beim Empfänger, unter Umständen auch beim Schmuckgeschäft anfragen, sollte der Betroffene uneinsichtig sein.

Die IFS arbeitet deshalb eng mit der Strafsachenstelle und der Zollfahndung zusammen, die weitere Ermittlungen anstellen, denn der Warenwert liegt in diesen Fällen nicht selten bei 10.000 bis 15.000 Euro.

Haschisch-Nikolaus.

Auch umgekehrt wird gerne genommen: Teures Stück in günstiger Verpackung mit falschen Angaben oder aber der „Klassiker“, wie Robert Ott beschreibt: Ein ausgehöhltes Buch, in dem dann die hochpreisige Schmuggelware versteckt ist.

Sogenannte hochsteuerbare Ware wie Zigaretten, Alkohol oder Kaffee zu verschicken, ist übrigens auch innerhalb der EU nicht erlaubt, erklärt Robert Ott. Diese Waren unterliegen der deutschen Verbrauchsteuer. Daher können diese Artikel erst nach Zahlung der angefallenen Steuern ausgeliefert werden.

Beim sonstigen Postverkehr liegt bei gewerblicher Einfuhr die Warengrenze vom Ausland in die EU bei 22 Euro. Für Soldaten gibt es die sogenannten Marketenderpreise: „Diese günstigen Preise wenden wir an – also nicht zum Schaden der Soldaten.“, betont Robert Ott.

Eingespieltes Team

Bei Geschenksendungen von Privatpersonen liegt die Wertgrenze übrigens bei 45 Euro. Liegt der Warenwert darüber, verlangt der Zoll Einfuhrabgaben (Differenzverzollung).

Die zugeklebten Landschildkröten, die über zehn Tage unterwegs gewesen waren, haben es übrigens gerade noch geschafft, mit dem Leben davonzukommen. Die IFS hat die Tiere dem Zoo Landau und dem Reptilium übergeben, wo sie gesund gepflegt und artgerecht untergebracht wurden. (cli)

 

Gerettete Schildkröten

Schmuggel-BH mit Taschen.

Hasch-Kekse, Dosen und Überraschungseier mit ganz „spezieller“ Füllung.

Das Röntgengerät zeigt eine ganze Ladung Gewehre.

Urne mit einem Nagel eines ehemals künstlichen Hüftgelenks.

Anlieferung an den Toren.

 

 

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