Donnerstag, 25. April 2024

H&M-Bau in Landau: Stadtmauer, Turm-und Brunnenreste aus dem Mittelalter gefunden

14. April 2015 | Kategorie: Allgemein, Landau, Regional

Denkmalpfleger Jörg Seitz gibt Erläuterungen zu dem ausgegrabenen Brunnen. Links OB Schlimmer, Projektentwickler Zimmer und  Bauleiter Tomislav Zupan.
Fotos: Pfalz-Express/Ahme

Landau. Die Landauer Erde gibt immer mehr Schätze preis. Nun wurden bei Bauarbeiten zur Errichtung des neuen H & M-Geschäftshauses Reste der Stadtmauer, Turmfragemente und ein Brunnen zum Vorschein gebracht.

Bei einem kurzfristig anberaumten Pressegespräch vor Ort erläuterten OB Hans-Dieter Schlimmer, Projektentwickler Frank Zimmer, Geschäftsführer der LDM 58 Grundstücksentwicklungsgesellschaft mbH  Co. KG, Bauleiter Tomislav Zupan, Denkmalpfleger Jörg Seitz, Archäologin Andrea Zeeb-Lanz  sowie Stadtplaner Roland Schneider, was die Bagger da genau frei geschaufelt haben.

Funde aus dem Mittelalter sind sehr rar und wurden in Landau schon lange nicht mehr gemacht, nicht zuletzt auch deshalb, weil es nicht mehr so viele Baustellen in der Landauer Altstadt gibt. Insofern ist dieser Fund schon sehr beeindruckend.

„Dieser Fund aus dem Mittellalter war nicht abzusehen“, so Schlimmer. „Und zwar auch deshalb, weil man aus dem Mittelalter kaum Pläne zu Landau hat“ ergänzt Jörg Seitz.

Man habe den Franzosen nicht nur Festungsanlagen zu verdanken, sondern auch Zerstörung von Bauanlagen aus früherer Zeit. Immerhin konnten Seitz und Zeeb-Lanz auf einen Plan aus der Zeit des 30-jährigen Krieges zurückgreifen .

„Spione für die gegnerische Armee haben die wohl gezeichnet“, vermutet Seitz, denn nur für die Armee relevante Punkte sind dort eingezeichnet. Auf diesen Plänen kann man wohl auch die Form der Stadtmauer in diesem Bereich ganz gut erkennen.

Dort befindet sich auch der Turm, der möglicherweise Ähnlichkeit mit dem Galeerenturm haben dürfte. Dieser Turm mit einem Durchmesser von cirka sechs Metern war wohl ein sogenannter „Narrenturm“, denn er stand am nächsten zum Bürgerhospital, in dem solche bedauernswerten Personen behandelt worden waren.

Der Turm ist aufgebrochen, es fehlen Steine. „Den könnte man so nicht stehen lassen“, sagt Zeeb-Lanz. Die Bauplanung sieht für das H & M-Gebäude dort ein Fluchttreppenhaus vor, das nicht umgeplant werden könne.

So soll der Turm abgetragen werden, möglicherweise wird noch das eine oder andere dort gefunden werden: „Wir wissen nicht, was das sein wird“, so Zeeb-Lanz. Hier, wie auch beim Brunnen kommt das 3D-Scannen zum Einsatz, mit der die Turm und Brunnen dokumentiert werden und so auch der Nachwelt erhalten bleiben können.

Auch die Infos zum Brunnen, der sich einige Meter weiter Richtung Marktstraße befindet, halten sich in Grenzen.
Er hat einen Durchmesser von etwa einem Meter. Wozu er diente und wie tief er ist, kann noch nicht gesagt werden. Das werden die weiteren Bauarbeiten wohl zu tage bringen. Auch hier gilt: „Den Brunnen wird man nicht halten können“ (Zeeb-Lanz). Man beabsichtigt, die Steine aus dem Brunnen herauszulösen und sie eventuell für eine spätere Ausstellung aufzubauen. Die Baugrube wird cirka 5,50 Meter tief sein, sodass noch drei Meter tiefer der Sache auf den Grund gegangen werden kann.

Es sei sicher traurig, dass Geschichte verschwinde, so Zeeb-Lanz, die ein überraschend leidenschaftliches Plädoyer als Archäologin pro Abriss führte. Man könne aber keine Glocke über eine Stadt stülpen. „Eine Stadt muss sich weiter entwickeln“. Die Ausgrabungen seien Puzzelteilchen, die die Stadtentwicklung dokumentierten.

„Auch für uns war das eine ziemliche Überraschung“ erklärte Projektentwickler Zimmer zum Fund von Stadtmauer, Turm und Brunnen. Man habe aber schon öfters mit solchen Funden zu tun gehabt. „Meine Leute haben ein Auge dafür“. Natürlich will man im zeitlichen Rahmen bleiben, aber trotzdem vorsichtig weiter verfahren.

Die ersten 50 Zentimeter Grund werden mit Böschungslöffeln abgehoben. Wenn dann keine Spuren zu finden sind, soll die Baugrube frei gegeben werden. (desa)

Die Reste des sogenannten Narrenturms.
Foto: Pfalz-Express/Ahme

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4 Kommentare auf "H&M-Bau in Landau: Stadtmauer, Turm-und Brunnenreste aus dem Mittelalter gefunden"

  1. Norbert Herrmann sagt:

    Ich wette, dass keinerlei Anstrengungen gemacht werden um die Fragmente dieses aussergewöhnlichen Fundes aus dem Mittelalter in unserer Stadt, unternommen werden um diese zumindest zu sichern und der Nachwelt zu erhalten. Man könnte diese Reste ausgraben und evt. an anderer Stelle zumindest wieder aufbauen und so eine wirklich interessante Stadtgeschichte erhalten.

  2. Stefan Scheerer sagt:

    Als gebürtiger Landauer finde ich es sehr schade, wie hier mit der Geschichte der Stadt umgegangen wird. Aber das war ja in der Vergangenheit auch schon so und daran wird sich leider auch nichts ändern.

  3. gerets sagt:

    Ich finde es erstaunlich wie locker die Sache bei einem größeren Investor gehandhabt wird.