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Hitze, Staub und Stechmücken – Germersheimer Stabsfeldwebel Wiedemann im Mali-Einsatz: „Wir wollen den Menschen helfen“

18. März 2019 | Kategorie: Kreis Germersheim, Leute-Regional, Regional

Kinder begrüßen Frank Wiedemann begeistert – die UN-Soldaten sind in der Bevölkerung gerne gesehen. 
Fotos: Frank Wiedemann für Pfalz-Express

Germersheim – Helfen zu können und gute Kameradschaft war das Schönste am Mali-Einsatz von Frank Wiedemann vom Luftwaffenausbildungsbataillon in der Südpfalz-Kaserne – Stechmücken und unerträgliche Hitze das Schlimmste.

Der Stabsfeldwebel hat dreieinhalb Monate im Rahmen der Minusma-Mission im Camp „Castor“ in Gao im Süden des afrikanischen Landes verbracht. Minusma (Multidimensionale Integrierte Stabilisierungsmission der Vereinten Nationen in Mali) ist eine Friedensmission unter UN-Mandat.

Auch „Castor“ ist ein internationales Camp der UN, in dem hauptsächlich Deutsche, Kanadier und Niederländer untergebracht sind, rund 1.200 an der Zahl. Das blaue Barett der Vereinten Nationen ist die Standartkopfbedeckung der Soldaten im UN-Einsatz.

Viel Einsatzerfahrung mitgebracht

Wiedemann hat sich auf Anfrage des Presse- und Informationszentrums der Luftwaffe hin auf den Einsatz als Presseinformationsfeldwebel freiwillig gemeldet. Genügend Erfahrung hat er bei zwei Auslandseinsätzen in Afghanistan, einem im Kosovo und einem in Usbekistan erworben. Trotzdem musste er nochmals die Einsatzvorbereitende Ausbildung absolvieren, sowohl die allgemeine als auch die landesspezifische, denn sie hat nur drei Jahre Gültigkeit.

Gefährliche Tropenkrankheiten

Bevor Wiedemann im Juli letzten Jahres mit einem Militär-Airbus in Köln startete, wurde er erst einmal durchgeimpft: Diphtherie, Tetanus, Hepatitis, Gelbfieber und – mit am Wichtigsten – die Malaria-Prophylaxe. Die Tabletten mussten auch vor Ort täglich eingenommen werden.

48 Grad im Schatten un 15 Quadratmeter zu dritt

In Mali traf den Stabsfeldwebel – wie wohl jeden Neuankömmling – die Dauerhitze mit Temperaturen bis zu 48 Grad im Schatten wie ein Schlag: „Man braucht einige Wochen, bis man sich aklimatisiert hat.“

Vom „Spieß“, dem Kompaniefeldwebel, und vom Teileinheitsführer sei er sehr herzlich begrüßt worden, erzählt Wiedemann, der sogleich seine Unterkunft zugewiesen bekam. Die allerdings war alles andere als komfortabel: Ein 20-Fuß-Container Container, etwa 15 Quadratmeter, den sich drei Soldaten teilen mussten. Auf engstem Raum drei Betten, drei Stühle, drei Spinde und ein kleiner Tisch. Privatsphäre: keine. Wiedemann machte das Beste daraus. „Immerhin gab es eine Klimaanlage. Die war auch zwingend notwendig. Man konnte es eigentlich nur in klimatisierten Räumen aushalten.“

Auch in der Nacht sank die Temperatur nicht unter 30 Grad. Zuerst hatte er kaum Sport treiben können, obwohl die Fitnessräume waren ebenfalls klimatisiert sind. Nach etwa drei Wochen hatte er sich angepasst.

Zwei Minuten Zeit zum duschen

Nach einem Tag unter Strom sei man am Abend nur froh über eine Dusche gewesen, berichtete Wiedemann weiter. Für das Wasser im Camp hatten die Deutschen Brunnen mit einer Grundtiefe von 200 Metern gebohrt. Eine Wasseraufbereitungsanlage reinigte das Wasser.

Haushalten mit dem kostbaren Nass war dennoch geboten, duschen auf zwei Minuten beschränkt. „Gleich danach war man sofort wieder nassgeschwitzt“, erinnert sich Wiedemann. Im ganzen Camp gilt übrigens rund um die Uhr Alkoholverbot: Es gibt keinen Tropfen Alkohol zu trinken.

Patroullienfahrten

Der Tag des Stabsfeldwebels war lang. Um 6 Uhr begann der Dienst bis 19 Uhr am Abend und manchmal noch später. Wiedemann betreute Pressevertreter, die das Camp besuchten und sich aus Sicherheitsgründen nicht allein im Lager bewegen durften. Es galt, Inhalte zu besprechen, Interviews vorzubereiten, das Camp und seine Funktionen zu erläutern. Fast alle Journalisten wollten bei einer Patrouille mitfahren, Wiedemann und die anderen Presseinformationsfeldwebel begleiteten sie.

Die Patrouillen – auch in der Nacht – dienen der Aufklärung. Die Soldaten versuchen zu erkennen, ob etwas „im Busch“ ist, ob beispielsweise Attentate vorbereitet werden.

„Bei den ´Show of Force´-Patrouillen wiederum hält man an, spricht mit den Einheimischen, fragt sie, ob es irgendwo Probleme gibt oder ob jemand Hilfe braucht“, erklärt Wiedemann, „Die Infos werden dann an die CIMIC weitergegeben.“

Einheimische freuen sich über UN-Soldaten

Die CIMIC (zivile und militärische Zusammenarbeit) ist eine Institution der Bundeswehr, die ebenfalls eng mit der UN zusammenarbeitet. Es werden Brunnen für die einheimische Bevölkerung gebohrt, Schule ge- oder wieder aufgebaut – quasi eine Entwicklungshilfe vor Ort.

In der Bevölkerung sind die Soldaten mit der blauen Kopfbedeckung deshalb gerne gesehen. Ein sogenannter Sprachmittler ist auf allen Patrouillenfahrten dabei. Waffen tragen die Soldaten nur zur Selbstverteidigung: „Wir machen keine Terroristenjagd“, sagt Wiedemann.

Die Einheimische drängen sich geradezu, mit den Blauhelmen zusammen fotografiert zu werden. „Ganz besonders die Kinder waren sehr zutraulich und haben Körperkontakt gesucht“, so Wiedemann. „Man hat deutlich das Sicherheitsbedürfnis der Kinder gespürt. Das war sehr ergreifend. Die Hungersnot und Armut sind schwer mit anzusehen. In Mali wühlen schon Kleinkinder nackt in Müllbergen und suchen nach Essen. Wir, die Menschen in Europa, haben es wirklich sehr sehr gut.“

Material muss viel aushalten

Land und Leute hat Wiedemann auf den stundenlangen Patrouillenfahrten kennengelernt. Oft musste ein technischer Halt eingelegt werden, um die Fahrzeuge zu überprüfen und sie unter anderem von dem feinen roten Wüstensand, Steinen und Geröll zu befreien. Die Soldaten waren angehalten, auch dem Einsatzführungskommando in Potsdam detailliert schriftlich zu berichten. Auch Bilddokumentationen hat Wiedemann erstellt, die zur Optimierung des Lagebilds verwendet wurden.

Am Niger

Stechmücken und Malaria

Während Wiedemanns Einsatzzeit in Mali herrsche Regenzeit. Stechmücken in allen Größen und Varianten umschwirrten die Soldaten ständig, weshalb kurzärmelige Bekleidung tabu war, trotz der großen Hitze.

Ein starker Belastungsfaktor für die Männer und Frauen war die Sorge, sich mit Malaria tropica zu infizieren, eine der aggressivsten Malaria-Formen. Deshalb kontrollierten sich Weidemann und seine Container-Mitbewohner täglich gegenseitig, damit keiner vergaß, die Prophylaxe-Medizin einzunehmen. Als Nebenwirkungen traten bei einigen Soldaten Alpträume auf.

Nach dreieinhalb Monaten fiel ihm der Abschied dennoch ein wenig schwer. “Wir waren ein sehr gutes Team, es wurden Freundschaften geschlossen – ich bin dann schon mit etwas Wehmut nach Hause. Aber natürlich hat die Freude überwogen.“ Vom niederländischen Kommandeur hat Wiedemann für die gute Zusammenarbeit einen Coin (spezielle Münze) bekommen, der nur sehr selten vergeben wird.

Mehr Anerkennung für Soldaten

Eins wünscht sich Frank Wiedemann von seinen deutschen Mitbürgern: „Es wäre schön, wenn sich der Ein oder Andere damit beschäftigen würde, was wir dort tun.“

Es fehle manchmal die Anerkennung und der Respekt, statt dessen müssten Bundeswehrangehörige häufig gegen Anfeindungen ankämpfen – in Deutschland wohl immer noch eine vorherrschende Einstellung. “Wir sind aber keine Kriegstreiber, wir versuchen den Menschen zu helfen“, betont Wiedemann.  (cli)

Teil des Camps „Castor“.

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4 Kommentare auf "Hitze, Staub und Stechmücken – Germersheimer Stabsfeldwebel Wiedemann im Mali-Einsatz: „Wir wollen den Menschen helfen“"

  1. GGGGGGKKKKKEEEE sagt:

    „Es wäre schön, wenn sich der Ein oder Andere damit beschäftigen würde, was wir dort tun.“

    Es wäre schön, wenn mir jemand erklären könnte warum die Bundeswehr dort ist. Mir wurde erklärt, dass es um Terrorismusbekämpfung geht. Nur haben wir seit drei Jahren ein importiertes Terrorismusproblem in Europoa. Wäre es da nicht sinnvoll die Grenzen zu kontrollieren?

  2. GGGGGGKKKKKEEEE sagt:

    ‚ „Wir sind offen wie ein Scheunentor“: Polizei-Experten fordern eine bessere Sicherung der deutschen Westgrenze zu Belgien und den Niederlanden. Das Dreiländereck mit NRW sei ein Brennpunkt illegaler Zuwanderung und grenzüberschreitender Kriminalität. ‚ – Quelle: Die WELT, 19.03.2019

    Stattdessen schützen wir angeblich unsere Freiheit am Hindukussh, in Mali und im Irak …

  3. Markus sagt:

    Alles nach dem Motto…… einer rennt vor, alle hinterher.
    Was dabei vor der eigenen Haustür raus kommt, sehen und hören wir jeden Tag.

  4. qanon sagt:

    In Mali wird auch Yellow Cake als Brennstoff für französische und europäische Atomkraftwerke gewonnen / abgebaut.

    EiN Schelm der sich böses dabei denkt?