
Moderator Peter Kallusek, Obada Barmou, Professor Dr. Armin Grau und Corinna Rüffer (v.l.)
Foto: Pfalz-Express/Ahme
Landau. Am 8. Februar luden die Grünen Südpfalz zu einer Diskussionsveranstaltung ins Haus am Westbahnhof in Landau ein.
Im Fokus standen zentrale Themen wie Sozial-, Gesundheits- und Klimapolitik, die unter dem Motto „Fair und gerecht für alle, satt für wenige“ beleuchtet wurden.
Auf dem Podium nahmen Professor Dr. Armin Grau (MdB), Spitzenkandidat der Grünen Rheinland-Pfalz und auf Listenplatz 2 für die Bundestagswahl, sowie Corinna Rüffer (MdB), die auf Listenplatz 3 antritt, Platz. Ergänzt wurde die Runde durch Obada Barmou, den Grünen Direktkandidaten für die Südpfalz und Moderator Peter Kallusek. Gemeinsam erörterten sie Perspektiven und Lösungsansätze drängender Probleme.
Trump und Abstimmung CDU mit AfD-Stimmen
Natürlich waren die Vorkommnisse der letzten Wochen, die Wiederwahl Trumps sowie das Verhältnis AfD und CDU, das gemeinsame Abstimmungsverhalten, ein Thema dem man sich zuerst widmete.
Die CDU habe die AfD „hoffähig gemacht“, so Moderator Peter Kallusek. „Das ist bedrückend“. „Es war schockierend und ich bin entsetzt darüber, dass Gesetze mit Rechtsextremen durchgeboxt werden sollen“, beschreibt Obada Barmou seine Eindrücke. Jedes Problem, das sich auftue, werde mit Migration in Verbindung gebracht. „Aber die Mehrheit der Menschen, und ich komme mit vielen Leuten ins Gespräch, sind nicht AfD-freundlich.
„Aschaffenburg war ein unfassbares Ereignis“, so Corinna Rüffer. Auch die Amokfahrt in Trier 2018 habe bei Vielen „ein Störgefühl“ verursacht. Man habe nicht entsprechend reagiert in der Politik, nun treibe die AfD das politische Geschäft, etwas was die Angehörigen auch nie gewollt hätten.
Merkel habe jetzt mal Tacheles geredet: „Das macht mir Hoffnung in düsteren Zeiten.“
„Für mich war das die schlimmste Woche“, so Grau. Er spricht von einem Dammbruch, Bruch der Brandmauer. Merz „spiele mit dem Feuer“, und sei nicht für das Amt des Bundeskanzlers geeignet.
Die demokratischen Parteien seien sich nicht einig. „Wir lehnen eine Verquickung von Asylpolitik und Innerer Sicherheit ab“, so Grau. „Wir dürfen unseren Kampfesmut nicht verlieren, müssen aber gesprächsbereit bleiben“.
Thema Sozialpolitik
Die nächste Gesprächsrunde bezog sich auf das Thema Sozialpolitik und Probleme wie gestiegene Mieten, Coronajahre mit Kontaktverboten, das Kneipensterben, die Einsamkeit der Menschen, der Zusammenbruch des Leiharbeitsangebots, das Bürgergeld für Geflüchtete, der Versuch, sie in den Arbeitsmarkt zu bringen: „Das sind große Baustellen“, so Rüffer. „Ich kenne Niemanden, der im Bürgergeld landen will“. Das habe auch etwas mit Sozialprestige zu tun.
Thema Gesundheitspolitik
Auch auf dem Gesundheitssektor gebe es viel zu tun. Gegen eine Zweiklassenmedizin und für eine bessere Versorgung auf dem Land wolle man sich einsetzen. Professor Grau, selbst Mediziner (Neurologe), wendet sich gegen die bisher geläufige Praxis der Fallpauschalen. Verabschiedung der Krankenhausreform: Es habe eine Reform nach Leistungsgruppen gegeben. Sektorübergreifende Versorgungseinheiten werden nach Tagessätzen bezahlt. Durch Gründung von medizinischen Versorgungszentren (MVZ), wie es sie ja schon zum Teil gibt, könne auch eine flächendeckende Versorgung erzielt werden.
„Kern der Reform ist eine neue Form der Finanzierung, die nicht mehr einseitig auf Fallpauschalen setzt: Krankenhäuser werden weitgehend für die übernommenen Versorgungsaufgaben bzw. die Absicherung von Versorgungsaufgaben bezahlt – und es geht nicht mehr um eine möglichst hohe Zahl von Patienten“, bestätigt Corinna Rüffer.
Die Reform stärke insbesondere auch kleine Krankenhäuser in ländlichen Räumen: Mit dem neuen Typus Krankenhaus, den sogenannten sektorenübergreifenden Versorgungseinrichtungen, erhalte die Gesundheitsversorgung vor Ort ein starkes Zentrum.
Hintergrund:
Kurzzeitpflege, ambulante Behandlungen und kleinere stationäre Eingriffe sind unter einem Dach vereint. Hinzu kommt, dass mit dem Gesetz auch kurzfristig auf die finanzielle Situation vieler angeschlagener Kliniken reagiert wird, da Kostensteigerungen vor allem beim Personal nun schneller und vor allem vollständig refinanziert werden.
Um die Krankenhäuser auf diesem Weg gut aufzustellen, werden für die Reform für die nächsten zehn Jahre insgesamt 50 Milliarden Euro bereitgestellt. Bisher war im Gesetzentwurf vorgesehen, dass die Mittel zur Hälfte von der Gesetzlichen Krankenversicherung und den Ländern kommen. Die Grünen erreichten, dass auch die private Krankenversicherung beteiligt wird.

Zum Abschluss gab es noch für jeden Podiumsgast eine Flasche Südpfälzer Wein.
Foto: Pfalz-Express/Ahme
„Die Krankenhausreform ist absolut notwendig, um die flächendeckende Gesundheitsversorgung abzusichern und unsere Krankenhauslandschaft zukunftsfähig umzubauen“, so Rüffer.
Dazu gehört auch eine mögliche Bürgerversicherung um einer 2-Klassen-Medizin zu begegnen.
Thema Hausärzte
Viele Ärzte wollten erst eine Anstellung, bevor sie sich selbstständig machen. Dafür seien die MVZ-Einrichtungen optimal. „Auf jeden Fall müssen wir den Beruf attraktiver machen und die Bürokratie in der Medizin abbauen“, weiß Professor Grau.
Klimatransformation
Mit einem Klimageld für kleinere und mittlere Einkommen soll den Menschen die Mittel an die Hand gegeben werden um in eine „klimaneutrale Zukunft zu starten“. Mit sozial ausgerichteten Förderprogrammen, zum Beispiel für die Sanierung von Häusern. Die Förderung könne bis zu 70 Prozent betragen (nach sozialer Staffelung). Weitere Stichworte: Energie-und Wärmegenossenschaften sowie „social leasing“ von E-Autos.
Ziele des Bundestagskandidaten Barmou
Obada Barmou beschreibt seine Ziele folgendermaßen: Es sei dies zum Beispiel bezahlbarer Wohnraum, die Digitalisierung und Entbürokratisierung der Verwaltung. Er sei Fan der europäischen Zusammenarbeit, begrüße den Ausbau erneuerbarer Energien und er fordert zinsgünstige staatliche Kredite. Insgesamt fehle es bei der Umsetzung „oft am politischen Willen“.
Mit wem der letztendlich umzusetzen sei, so eine Frage aus dem Publikum war nicht so leicht zu beantworten. Barmou: „Wir müssen gesprächsbereit bleiben“. Grau: „Ja, sonst haben wir bald österreichische Verhältnisse“. In Trier, ihrem Heimatort, habe man gute Erfahrungen mit einer Jamaica-Koalition (schwarz(gelb/grün) gemacht, berichtet Corinna Rüffer.
Obada Barmou, selbst aus Syrien 2015 gekommen, (er beschreibt diese Flucht ausführlich auf der Homepage https://obada-barmou.de/ueber-mich/ )möchte, dass Intensivstraftäter ausgewiesen werden sollten. Er hatte selbst als Migrationsberater gearbeitet und festgestellt, dass im Asylverfahren „oft Fehler passieren“. „Viele scheitern am System. Ich bin für eine differenziertere Asylpolitik. Der größte Teil ist gut integriert, auf dem Land geht das viel besser als in der Stadt“.
Die Schluss-Statements
Professor Dr. Armin Grau: „Wir Grüne gehen die großen Menschheitskrisen an! Ich träume von einem Grünen-Verkehrsminister und einer gerechten Sozialpolitik.“
Corinna Rüffer: „Wir sollten ohne irrationale Ängste weiter machen, uns die öffentlichen Räume zurück erobern“.
Obada Barmou: „Wir müssen das Gesellschaftssystem stabilisieren.“

