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Gregor Gysi in Speyer: „Wir haben am Ende Recht behalten“

30. Mai 2013 | Kategorie: Neustadt a.d. Weinstraße und Speyer, Regional

 

Linken-Franktionsvorsitzender Gregor Gysi (rechts) mit dem Karikaturisten Hans-Günter Glaser. Fotos: Licht

Speyer – Dr. Gregor Gysi, Fraktionsvorsitzender der Linksfraktion im Bundestag und politisches Verbal-Großkaliber, verschwendet keine Zeit mit Vorgeplänkel. Bei einer Versammlung der Linken in Speyer kam er gleich zur Sache: Koalition, Opposition, Marktwirtschaft und Banken bekamen ihr Fett weg – und das nicht zu knapp.

Eingeladen hatte Sebastian Frech vom Kreisverband Speyer-Germersheim mit ihrem Vorsitzenden Wolfgang Förster, Stadtrat und Direktkandidat für den Wahlkreis 209 Neustadt-Speyer. Der Saal platzte aus allen Nähten: Etwa 200 Mitglieder und Anhänger der Linksfraktion wollten Gysi sehen und hören. Gekommen waren auch die Bundestagsabgeordneten Katrin Werner (Trier) und Alexander Ulrich (Kaiserslautern).

Förster und Ulrich stimmten die Zuhörer vorab mit engagierten Reden auf das Parteiprogramm ein: Mindestlohn 10 Euro, die Bundeswehr raus auf Afghanistan, keine Waffenexporte mehr, Millionärssteuer – einige Hauptpunkte der Linkspartei.

„Wie sind die Einzigen, die wirklich Widerspruch erheben“

Gysi selbst unterstrich nochmals diese Positionen. Die Linke habe bereits vor Jahren vor einer Entwicklung des Lohn- und Rentendumpings gewarnt, wenn man bei Einführung einer gemeinsamen Währung keine gemeinsamen Richtlinien beachte. „Die anderen Fraktionen wussten ja seinerzeit alles besser“, feuerte der Linkenpolitiker vom Rednerpult. „Aber wer hat am Ende Recht behalten? Wir!“

Gleiches gelte beispielsweise auch für  Transaktionssteuer, Lohngleichheit von Mann und Frau und den Truppenabzug in Afghanistan. Überhaupt sei er der diese „Konsens-Sauce“ leid. „Die einzigen, die wirklich Widerspruch erheben, sind wir. Und je stärker wir werden, desto mehr korrigieren sich die anderen.“

„Politische Kultur in Deutschland ist intolerant

Im Gespräch mit dem Pfalz-Express ließ sich Gysi über die politische Kultur in Deutschland aus: „Das kotzt mich an“, sagte der Mann der deutlichen Worte. Der Umgang mit Andersdenkenden sei von Intoleranz geprägt. „Eine Karl-Marx-Straße wird es im Westen nie geben. Bismarck-Straßen gibt es überall. Bismarck hat Gutes und weniger Gutes im Ergebnis hervorgebracht, ich bin absolut dafür, dass Straßen nach ihm benannt werden. Ebenso Karl Marx. Aber schlagen Sie mal das vor. Das Geschrei wollen Sie nicht hören.“

„Verstehe die Sozialdemokratier nicht mehr“

Auch die SPD kommt nicht gut weg beim Linkenpolitiker. „Ich verstehe die Sozialdemokratie nicht mehr“, sagte Gysi. Wer die Agenda 2010 weiterführen wolle, und sei es nur in Teilen, sei nicht mehr sozial. Wohin das geführt habe, könne man an der ungerechten Verteilung des Reichtums in Deutschland sehen.

Überhaupt sei die Armut zu zwei Dritteln weiblich: Meist seien es die Frauen, die in schlecht bezahlten Berufen arbeiten müssten oder aufgrund ihrer Situation nur Teilzeitstellen besetzen könnten oder dürften. „Würde man den Beruf einer Kinderkrankenschwester/eines Kinderpflegers ordentlich bezahlen, was denken Sie, wie gut wir Kerle plötzlich wickeln könnten.“

PEX: Herr Gysi, wenn Sie bei der Wahl Bundeskanzler würden – was wären die ersten drei Dinge, die Sie ändern würden?

Gregor Gysi (nicht ganz ernst gemeint): Als erstes würde ich mein Zimmer ändern. Das ist ziemlich trist.

Zweitens würde ich auf jeden Fall die Kampfeinsätze der Bundeswehr beenden.

 Und drittens die Waffenexporte runterfahren.

Der Wahlkampf hat für ihn schon längst begonnen: „Wahlkampf ist immer und überall“, sagt Gysi. „Wir wollen doch die Menschen von unseren Positionen überzeugen. Und das nicht nur zu einem bestimmten Zeitpunkt.“ (cli)

Kurzinformation:

Gregor Florian Gysi, geboren am 16. Januar 1948 in Berlin, war einer der wenigen freien Rechtsanwälte in der DDR. In dieser Funktion verteidigte er auch Systemkritiker und Ausreisewillige, darunter bekannte Personen wie Robert Havemann, Rudolf Bahro, Jürgen Fuchs, Bärbel Bohley und Ulrike Poppe. 1976 erfolgte seine Promotion zum Dr. jur.

Gysi ist seit 2005 Fraktionsvorsitzender der Linksfraktion im Bundestag. Zuvor war er von 1990 bis 1998 Vorsitzender der Bundestagsgruppe der PDS und von 1998 bis 2000 der PDS-Bundestagsfraktion. 2002 bekleidete er das Amt des Bürgermeisters und Senators für Wirtschaft, Arbeit und Frauen des Landes Berlin. 16. Januar 1948 in Berlin.

 

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