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GGG: 10y diskutiert mit Bundestagsabgeordnetem Gebhart

Selbstbestimmung und Schutzfunktion

8. Februar 2022 | Kategorie: Kreis Germersheim, Politik regional

Foto über GGG

Germersheim – „Jetzt würde mich aber einmal Ihre Position zur Legalisierung von Cannabis interessieren“, sagt Thomas Gebhart und blickt in die Kamera seines heimischen Rechners.

Gleich drei Schülerinnen der 10y am Johann-Wolfgang-Goethe-Gymnasium melden sich hierauf zu Wort: Jasmin Schaaf sieht in der Freigabe von Marihuana ein Stück Selbstbestimmung, während ihre Mitschülerinnen Anna Plett es als „verantwortungslos“ empfindet, das populäre Rauschgift aufzuwerten. Miriam Malthaner hingegen betont die Chance eines kontrollierten Anbaus und Konsums.

Der CDU-Politiker hört zu, wie die Schülerinnen lebhaft diskutieren und unterstreicht schließlich, dass der Staat eine Schutzfunktion für seine Bürger habe. Er habe sich in seiner Zeit als Parlamentarischer Staatssekretär bei Gesundheitsminister Jens Spahn mit Konsumenten und Behandelnden ausgiebig ausgetauscht. Letztere warnten vor allem hinsichtlich einer Freigabe für Heranwachsende. Die Legalisierung sei ein schwieriges Signal. Für Erwachsene könne man über eine kontrollierte Abgabe diskutieren. Stärkstes Argument sei aber, dass etwas legalisiert werde, obwohl es schwere Schäden verursachen könne. Außerdem würden viele Jugendliche Cannabis im Moment nicht konsumieren, weil es verboten sei.

Auf Ciara Naukes Nachfrage, ob man dann nicht auch Zigaretten verbieten müsse, gibt der Bundestagsabgeordnete zu, dass auch diese, genauso wie Alkohol, schädlich seien. Dennoch verursache das Rauchen keine Psychosen. Generell müsse man sich fragen, warum noch weitere Drogen legalisiert werden sollten. Ziel müsste es sein, den Tabakkonsum zurückzudrängen, indem man die Tabaksteuer erhöhe und die Tabakwerbung verbiete.

Aber nicht nur die Frage zur Drogenpolitik, die ursprünglich Elinor Neb dem CDU-Obmann im Energie- und Klimaausschuss in der 40-minütigen Videokonferenz am 2. Februar 2022 stellte, bewegte die 24 Schüler der Klasse 10y, sondern auch zahlreiche andere angesprochene Themen, die zuvor im Sozialkundeunterricht vorbereitet wurden.

Sinthu Paramanantham wollte hierbei wissen, wie Gebhart das Problem lösen würde, dass Deutschland unter Umständen keine Energiequelle mehr übrigbliebe, wenn es aus der Atom- und Kohleenergie aussteige und auch russisches Gas durch den Ukraine-Konflikt entfalle. Der Oppositionspolitiker hob hervor, dass die erneuerbaren Energien ausgebaut werden müssten. Jedoch bliebe die Frage, was geschehe, wenn Sonne und Wind nicht zur Verfügung stünden. Erdgas müsse eine Übergangstechnologie bilden. Die Abhängigkeit von Russland müsse zurückgefahren werden. Putin dürfe nicht noch mehr Macht erhalten.

Janani Ruban erkundigte sich nach Gebharts Meinung zum Paritätsgesetz. Der aus Jockgrim stammende Volksvertreter stellte klar, dass man sich im Ziel doch einig sein: Frauen sollten gleichberechtigt sein und auch dieselben Chancen bekommen wie Männer. Unterschiedlich sei jedoch der richtige Weg dorthin. Männer und Frauen müssten nicht zwingend abwechselnd auf die Landeslisten der Parteien. Es gebe Situationen, in denen die Eignung eine größere Rolle spiele. Erstes Kriterium dürfe nicht immer das Geschlecht sein. Vor allem die jüngere Generation setze eher auf Eignung.

Miriam Malthaner hakte nach und thematisierte den unterdurchschnittlichen Anteil von Frauen in der Unions-Fraktion. Gebhart gab zu, dass für die Christdemokraten viel zu wenig Frauen in den Parlamenten säßen. Ein erster Schritt müsse es sein, dass mehr Frauen in der Politik mitmachen. Die CDU setze hierbei auf eine vom neuen Vorstand vorangetriebene Frauenquote.

Frauenrechte standen auch bei Helen Etzkorns Frage im Vordergrund, die das Informations- bzw. Werbeverbot für Abtreibungen ansprach. Die Lesart der Ampelparteien, es handele sich um ein Informationsverbot, wies Gebhart zurück. Die Große Koalition habe bezüglich des Paragrafen 219a des Strafgesetzbuchs ein Werbeverbot erlassen. Informationen gebe es, außerdem existierten Listen, über die sich jeder informieren könne. Es gehe um den Schutz des ungeborenen Lebens. Werbung für Abtreibungen seien falsch. Dennoch müsse es Hilfe für Frauen und Männer in schwierigen Konfliktsituationen geben.

Amely Neb wollte erörtert wissen, ob es sinnvoll sei, dass der Genesenenstatus in Deutschland nur drei Monate gelte, während dies im Bundestag zwischenzeitlich sechs Monate möglich gewesen sei, in Russland sogar zwölf. Gebhart kritisierte, dass im Bundestag für eine kurze Zeitspanne eine andere Regelung gegolten habe als für die Bevölkerung und er sei froh darüber, dass dies von Bundestagspräsidentin Bas schnell wieder zurückgenommen worden sei. Aufgrund von wissenschaftlichen Erkenntnissen sei er für einen Genesenenstatus, welcher sechs Monate anhält. Dies sehe auch die Europäische Union so. Russland dürfe selbst entscheiden.

Jasmin Schaaf bat um Auskunft, ob die Unabhängigkeit des Bundesverfassungsgerichts in Gefahr sei, da es zu Abendessenseinladungen seitens der Bundesregierung Merkel an die Richterinnen und Richter des höchsten deutschen Gerichts gekommen sei. Gebhart akzentuierte, dass die Unabhängigkeit der Justiz und die Gewaltenteilung ein ganz hohes Gut sei. Die Kritik sei überzogen. Die Richter ließen sich nicht beeinflussen. Jasmin Schaaf ließ nicht locker und fragte, ob auch der direkte Wechsel des heutigen Bundesverfassungsgerichtspräsidenten Stephan Harbarth aus der CDU/CSU-Bundestagsfraktion nach Karlsruhe in Ordnung gewesen sei. Gebhart unterstrich die Unabhängigkeit des Gerichts und dass Harbarth zunächst alle Ämter habe ruhen lassen. Die Parteizugehörigkeit von Richterinnen und Richtern sei völlig in Ordnung.

Die Videokonferenz war auf Initiative der Schülerin Miriam Malthaner zustande gekommen, die Anfang Januar ihr Sozialpraktikum bei Herrn Gebhart absolviert hat. Für die 10y war es bereits die sechste außerunterrichtliche Aktion in diesem Schuljahr.

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