Samstag, 18. Mai 2024

Bad Bergzabern: Ärger um Wassertemperaturen im Rebmeerbad – Offener Brief an Bürgermeisterin Flory – Schwimmtrainer Klaus Janson schmeißt hin

5. Mai 2024 | Kategorie: Kreis Südliche Weinstraße, Regional, Sport Regional

Hohes sportliches Niveau und internationale Freundschaften: Das Pamina-Schwimmfest im Rebmeerbad in früheren Jahren – noch völlig diskussionsfrei, was die Wassertemperaturen betraf.
Foto (Archiv): über Klaus Janson

Bad Bergzabern – In einem offenen Brief an Verbandsgemeinde-Bürgermeisterin Katrin Flory äußert sich Klaus Janson, der Leiter der Schwimmabteilung des TV Bad Bergzabern, zu der Diskussion zu den  Wassertemperaturen im Rebmeerbad – und erklärt seinen Rücktritt.

Janson kritisiert die Entscheidung, die Temperatur auf unzureichende 21°C zu begrenzen, und betont die negativen Auswirkungen auf Kinder, Jugendliche und Vereine. Gleichzeitig übte er harsche Kritik am Flory und dem Beigeordneten Martin Engelhard (FWG). Schon seit Monaten hatte es – beginnend mit der Energiekrise – Streit um die Badetemperatur gegeben (siehe offener Brief unten). 

Unzureichende Temperatur

Die festgeschriebenen 21°C stünden im Widerspruch zur gesamten Fachwelt und beeinträchtigten den Schwimmunterricht sowie das allgemeine Wohlbefinden der Badegäste, so Janson.

Gesellschaftliche Verantwortung

Janson betont, dass der Schwimmsport nicht nur sportliche Fertigkeiten vermittelt, sondern auch eine wichtige gesellschaftspolitische Rolle spielt. In den Übungsgruppen seien Kinder unterschiedlicher Herkunft und mit verschiedenen Bedürfnissen vertreten.

Stadtwerke als Sponsor

Obwohl die Stadtwerke bereit sind, finanziell einzuspringen, um die Wassertemperatur zwischen 21°C und 24°C zu halten, bleibe die Frage, warum dies überhaupt notwendig sei. Schließlich solle die Gesundheit und das Wohlbefinden der Badegäste höchste Priorität haben, sagt Janson. (cli)

Der offene Brief von Klaus Janson im Wortlaut:

Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Flory,

nachdem die Verbandsgemeinde bereits im letzten Jahr mit einem Fake, die DLRG habe 21°C als Wassertemperatur empfohlen, die Erwärmung des Rebmeer-Freibades auf 21° C reduzierte, wurden mit den Stimmen von SPD, FWG und den Grünen auch für 2024 völlig unzureichende 21°C festgeschrieben, die im Widerspruch zur gesamten Fachwelt stehen.

Auch wenn Sie noch so lautstark äußern, dies sei keine Entscheidung gegen die Schulen und die Schwimmabteilung des Turnvereins. Der Kommentar des 1. Beigeordneten in der letzten Ratssitzung, „wir heizen nicht für die Schulen“ unterstreicht die unvermeidbare Konsequenz, dass Kinder und Jugendliche, Schulen und Vereine, die nicht wie Sie oder ich die Möglichkeit haben, in wärmere Bäder in der Umgebung auszuweichen, ihre verfehlte politische Entscheidung buchstäblich ausbaden müssen.

Mehrfach haben Sie unsere Petition diskreditiert, viele der über 1000 Unterstützer, die unterschrieben haben, wohnten nicht in der Verbandsgemeinde. Sind Bewohner aus dem Umland nicht im Rebmeerbad willkommen? Haben Sie schon vergessen, dass die Sanierung des Rebmeerbades auch mit EU-Mitteln aus dem Interreg-Programm für grenzüberschreitende Projekte kofinanziert wurde? Sind Touristen keine umworbenen Gäste?

Die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Dr. Hubig hat in ihrer Antwort an den Landtag vom 07.12.2023 im Auftrag der Landesregierung die Bedeutung des Schwimmunterreichts noch einmal herausgestellt: „Die dabei gesammelten vielfältigen Wahrnehmungen und Erfahrungen sind für die körperliche und motorische sowie – damit eng verknüpft – die psychische und soziale Entwicklung der Kinder und Jugendlichen essentiell und nicht austauschbar.“

Offensichtlich ist es mir in einem Gespräch im letzten Jahr nicht gelungen, Ihnen zu vermitteln, dass wir nicht nur sportliche Fertigkeiten vermitteln, sondern auch wichtige gesellschaftspolitische Aufgaben erfüllen. Sport wird auch als Kitt der Gesellschaft gesehen. In unseren Übungsgruppen sind Kinder und Jugendliche unterschiedlicher Hautfarbe, verschiedener Nationalität, mit Handicaps und nicht zuletzt nicht wenige, deren Beitrag durch das Teilhabegesetz übernommen wird, damit sie am gesellschaftlich-sozialen Leben teilnehmen können.

Nachdem selbst fiskalische Hindernisse ausscheiden, die Stadtwerke sind bereit, die Spitzen zwischen 21° und 24° C finanziell als Sponsor abzufedern, wenn es die Witterung erfordert, sehe ich keine sachlich begründbaren Einwände, über andere Motive möchte ich nicht spekulieren.

Im o.a. Schreiben der Ministerin schreibt das Land zwar keine verbindlichen Wassertemperaturen vor, geht aber davon aus, dass die kommunalen Betreiber die Bedürfnisse der Nutzergruppen berücksichtigen. Dies ist bei der derzeitigen Regelung offensichtlich nicht gegeben.

Die Fachschaft Sport am Gymnasium hat eine entsprechende Stellungnahme an die VG übermittelt, selbst der Leiter der Grundschule hat in seiner heftigen Philippica in der Rheinpfalz eingeräumt, dass der Schwimmunterricht der Böhämmer-Grundschule entfällt, wenn das Wasser zu kalt (> 24°) ist. Die Position der Schwimmabteilung ist hinreichend bekannt, sie ist deckungsgleich mit weiteren Nutzergruppen (DLRG, Tauchern, Triathleten).

Deshalb werde ich mit der Öffnung des Freibads ab 1. Juni vorerst alle ehrenamtlichen Ämter ruhen lassen. Weitere Übungsleiter werden wahrscheinlich meinem Beispiel folgen.

Die unwidersprochenen Debattenbeiträge in Sitzungen des Rates während der letzten 12 Monate – „ ich bade auch bei 16° im Seehof“ / „wem es zu kalt ist, kann ja einen Neoprenanzug kaufen“ / „meine Frau war Leistungsschwimmerin auch bei ungeheiztem Wasser“/ „wir müssen aufpassen, dass wir die Kinder nicht verweichlichen“ – lassen vermuten, dass in den Fraktionen wohl hinreichende Kompetenz vorhanden ist, vielleicht kann auch ein Jugendpfleger der Verbandsgemeinde unsere Aufgaben übernehmen und verhindern, dass völlig durchgefrorene Kinder am Ende doch wegbleiben und das Schwimmen aufgeben.

Ob Ihr Vorwurf berechtigt ist, mir mangele es an Respekt und Dankbarkeit, mögen andere beurteilen, ich glaube aber, dass ich nach 45 Jahren ehrenamtlicher Tätigkeit in Bad Bergzabern das Recht habe, auf Fehlentscheidungen hinzuweisen.

Schlussendlich bleiben aber erheblich Zweifel, ob und wie weit Ihr Angebot eines offenen und fairen Dialogs auf Augenhöhe belastbar ist, nachdem Sie und Herr Engelhard mehrfach versucht haben, Kritik im Keim zu ersticken.

Ich bedauere die Entwicklung, denn ich habe dem (Schwimm-)Sport viel in meinem Leben zu verdanken und war bisher davon überzeugt, dass ich Kindern und Jugendlichen und damit der Gesellschaft etwas zurückgeben kann. Im Sport habe ich immer einen Teil einer Lösung für gesellschaftspolitische Herausforderungen, aber nie ein Vehikel parteipolitischer Auseinandersetzungen gesehen. Ich hoffe, ich muss im Alter diese Auffassung nicht korrigieren.

Hochachtungsvoll

Klaus Janson

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