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Geheimpapier: Grenze hätte 2015 geschlossen werden können – Öffentlichkeit durfte nichts erfahren

11. November 2018 | Kategorie: Nachrichten

Foto: dts Nachrichtenagentur

Berlin – Im Herbst 2015 erstellten Spitzenbeamte einen Plan, wie die deutsche Grenze gegen die anhaltende Massenflucht geschützt werden könnte.

Dazu wurden mehrere sogenannte Non-Paper erstellt, die niemals veröffentlicht werden sollten. Über eines dieser Geheimpapiere schreibt die „Welt am Sonntag“.

Das inoffizielle Dokument des Innenministeriums trägt den Titel „Möglichkeit einer Zurückweisung von Schutzsuchenden an deutschen Grenzen“. Die Autoren erörtern darin die rechtliche Handhabe, die Grenzen doch noch zu schließen und Menschen abzuweisen, die als Flüchtlinge über Österreich nach Deutschland strebten.

Auch spielte das Gemeinsame Analyse- und Strategiezentrum illegale Migration, kurz „GASIM“, in einer vertraulichen Analyse verschiedene Szenarien für die Grenzschließungen entlang der Balkanroute durch.

Vor der Öffentlichkeit sollten diese Überlegungen verborgen bleiben. Wie bekannt, blieb die Grenze trotz all der Bemühungen geöffnet, obwohl es nach dem Urteil der Experten keine rechtlichen Bedenken gegen eine Schließung gab.

Das geht aus den Geheimpapieren klar hervor. Die Folgen der Flüchtlingskrise für Deutschland nahmen ihren Lauf. Die Veröffentlichung der Non-Paper in dieser Zeitung führt zu einer Neubewertung der Politik vor allem auf Seiten der Opposition.

FDP-Parteichef Christian Lindner fordert endlich eine restlose Aufklärung der gesamten Ereignisse des Jahres 2015. „Die Enthüllungen werfen ein grelles Licht auf die Regierungspraxis von Frau Merkel. Für das Land zentrale Fragen werden in abgeschotteten und verdunkelten Runden debattiert.

Die Entscheidung, ob unser Land über das geordnete Rechts- und Grenzregime hinaus Flüchtlinge aufnehmen soll, hätte aber öffentlich und parlamentarisch debattiert werden müssen“, sagte Lindner der „Welt am Sonntag“.

Die neue Entwicklung bestätige „die Notwendigkeit eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses, damit die gesamten Vorgänge des Jahres 2015 offen gelegt werden“.

„Die Große Koalition und die Grünen sollten sich endlich dafür öffnen, damit eine Aufarbeitung und Befriedung dieses Komplexes möglich wird“, sagte Lindner.

Ähnlich beurteilt Oskar Lafontaine die Lage. Selbstverständlich müsse man über 2015 reden, um zukünftig Fehler zu vermeiden, sagte der Fraktionsvorsitzende der Linken im Saarländischen Landtag dieser Zeitung.

„Weder der Bundestag noch die Bundesländer noch die europäischen Nachbarn wurden in diese Entscheidungen ausreichend einbezogen. Bis zum heutigen Tag fehlt es an der notwendigen Transparenz, die Voraussetzung einer demokratischen Entscheidung ist.“

Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) lehnt die Einberufung eines Untersuchungsausschusses ab. „Ich wüsste nicht, was das bringen sollte“, sage Pistorius der „Welt am Sonntag“.

Die Willensbildung innerhalb einer Regierung sei ein fachlich und manchmal auch juristisch hochkomplexer Prozess. „Am Ende ist es eine politische Entscheidung der Bundesregierung gewesen. Es nützt doch niemanden, diese erneut aufzuarbeiten.“

Die Fehler, die damals gemacht worden seien, seien intensiv aufgearbeitet worden. „Fest steht, wir waren nicht ausreichend vorbereitet, weder administrativ noch logistisch.“

Heute seien die Lehren aus dem Jahr 2015 gezogen worden. Statt einen Untersuchungsausschuss zu fordern, sollten „alle Parteien einschließlich der demokratischen Oppositionsparteien die Zeit besser nutzen, um einen Migrationsfrieden zu erarbeiten“, so Boris Pistorius.

„Die Entscheidung, im Falle eines Asylgesuches an der Grenze – unter Verzicht auf die bis dahin notwendigen Einreisevoraussetzungen wie Erfüllung der Passpflicht und Visum – die Einreise zu gestatten, war nicht rechtlich geboten, sondern politisch gewollt“, stellt der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach fest.

Das sei ebenso wenig aufklärungsbedürftig wie der Umstand, dass es darüber unterschiedliche rechtliche und politische Bewertungen gab. Viel wichtiger sei die Frage: „Soll es tatsächlich auf Dauer bei dieser Praxis bleiben? Meiner Überzeugung nach, sollten wir möglichst rasch wieder zur Rechtspraxis vor der Grenzöffnung im September 2015 zurückkehren.“

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Christoph de Vries hält auch nichts von einem Untersuchungsausschuss. „Auf einer endlosen Vergangenheitsbewältigung liegt kein Segen“, sagte de Vries.

„Meine Überzeugung ist aber, dass wir Vertrauen und Glaubwürdigkeit nur dann zurückgewinnen können, wenn wir nach vorne schauen und es besser machen.“ (dts Nachrichtenagentur) 

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10 Kommentare auf "Geheimpapier: Grenze hätte 2015 geschlossen werden können – Öffentlichkeit durfte nichts erfahren"

  1. Danny G. sagt:

    Und alle die es damals schon sagten, waren Verschwörungstheoretiker, Populisten und Misanthropen.
    Im Laufe der manipulierenden Berichterstattung der Presse wurden dann aus ihnen, wahlweise Nazis, brauner Mob oder Hetzer.
    Und das Ergebnis ist das selbe wie bei Maaßen. Wer die Wahrheit sagt wird bitterlich vom linken Mainstream bekämpft und beleidigt.
    Der gleiche Fehler passiert übrigens gerade erneut und nennt sich Migrationspakt.

  2. Philipp sagt:

    Wer es wissen wollte, wusste das auch schon vor 3 Jahren.
    „Auf einer endlosen Vergangenheitsbewältigung liegt kein Segen“, sagte de Vries.
    Das ist aber mal eine interessante Aussage! Liegt es an dieser Haltung, dass heute noch SED und Stasi in Deutschland offen ihr Unwesen treiben dürfen?
    Wie war das, als man aus dem Wort „Fliegenschiss“ eine Riesenaffäre gemacht hat?
    Wenn man die Fortsetzung des National-Sozialismus in der Ostzone genau so gründlich und nachhaltig aufgearbeitet hätte wie die NS-Zeit selbst, hätten wir nicht die Probleme mit linken Schlägerbanden und grün-linker Propaganda auf (fast) allen Medienkanälen.
    Wahrscheinlich hätten wir noch eine Medienlandschaft, die sich durch Berichterstattung und investigative Recherche auszeichnen würde!

  3. KlausMichael sagt:

    „Meine Überzeugung ist aber, dass wir Vertrauen und Glaubwürdigkeit nur dann zurückgewinnen können, wenn wir nach vorne schauen und es besser machen.“

    Und wann will man damit beginnen?

    „Auf einer endlosen Vergangenheitsbewältigung liegt kein Segen“.
    Kommt natürlich darauf an welche Vergangenheit und wer da welche Fehler gemacht hat…

  4. Steuerzahler sagt:

    Oh, weiß es jetzt auch schon die „Welt am Sonntag“ was interessierte Bürger schon seit Dezember 2015 wissen! Das ist unsere investigative Presse!!!

  5. Steuerzahler sagt:

    Compact of Migration. Weiß jemand wo dagegen demonstriert wird?

  6. GGGGGGKKKKKEEEE sagt:

    Zitat Welt am Sonntag:
    „Je dramatischer sich die Lage entwickelte, desto weniger wurde das politische Handeln dokumentiert. Eine bewusste Entscheidung: Die Beteiligten versuchten von ihren internen Erwägungen so wenig wie möglich schriftlich festzuhalten.“
    Zitat Ende

    Das erinnert eher an das Vorgehen von Verbrecher-Syndikaten statt an das einer rechtstreuen Regierung.

    Da macht es doch Sinn, dass Merkel nichts mehr von _ihrer_ Entscheidung wissen will:
    „Wenn wir uns für den Rest des Jahrzehnts damit beschäftigen wollen, was 2015 vielleicht so oder so gelaufen ist und damit die ganze Zeit verplempern, dann werden wir den Rang als Volkspartei verlieren.“ Merkel beim Parteitag der CDU Thüringen in Leinefelde-Worbis am 20.10.2018.

  7. GGGGGGKKKKKEEEE sagt:

    Zitat Welt am Sonntag:
    „Schon damals im September versuchte man so wenig Spuren wie möglich zu hinterlassen. Schriftlich wurde an diesem Tag kaum etwas festgehalten.“

    Weiterhin:
    „Die Kunde von Deutschlands nicht ernst zu nehmender Grenz-Simulation verbeitete sich schnell.“

    „Altemaier installierte ein System des Durchreichens.“
    Zitat Ende

    Im September 2015 wurde damit ohne jeden Zweifel eine Migrationsputsch durchgeführt, der vom der Rechtsordnung und dem Grundgesetz nicht gedeckt war.

    Es ist an der Zeit Merkel vo Gericht zu stellen.

  8. GGGGGGKKKKKEEEE sagt:

    Und dann bleibt noch eines festzuhalten: Der Zustand (…) hält bis heute an! Es hat sich nichts geändert!

  9. GGGGGGKKKKKEEEE sagt:

    „Und dann ist doch die Aufgabe einfach, dass man so rangeht, dass man es schafft. Und dann kann man das auch schaffen. Ich habe überhaupt keinen Zweifel. Stellen Sie sich mal vor, wir würden jetzt alle miteinander erklären, wir schaffen’s nicht. Und dann?“ – Merkel bei Anne Will

    Dass solche Sätze weitgehend unkritisiert blieben, ist ein Dokument absoluten Versagens.

  10. Bengt sagt:

    Merkel muß endlich vor Gericht (…)

    ,,Jegliche Praxis oder Politik die das Ziel oder den Effekt hat, die demographische Zusammensetzung einer Region, in der eine nationale,ethnische, sprachliche oder andere Minderheit oder eine autochthone Bevölkerung ansässig ist, zu ändern, sei es durch Umsiedlung und/ oder durch die Sesshaftmachung von Siedlern, oder eine Kombination davon, ist rechtswidrig.“

    (Entschließung der UN Menschenrechtskommission vom 17.4.1998)