Dienstag, 10. Dezember 2024

Emotionaler Abschied von Fritz Brechtel: Landrat übergibt nach 23 Jahren Amt an Martin Brandl

29. November 2024 | Kategorie: Kreis Germersheim, Politik regional, Regional

Scheidender Landrat Dr. Fritz Brechtel (li.) und der neue Landrat Martin Brandl.
Foto: Pfalz-Express/Rolf H. Epple

Kreis Germersheim – In Rülzheim hat der bisherige Landrat des Landkreises Germersheim, Dr. Fritz Brechtel, am Freitagabend in der „Dampfnudel“ sein Amt an seinen Nachfolger Martin Brandl übergeben. Es wurde ein Abend der lobenden und ehrenden Superlative für den scheidenden Landrat und voller guter Wünsche für den neuen Landrat.

Über 23 Jahre lang stand Brechtel an der Spitze des Landkreises. Und so kam in der Dampfnudel alles zusammen, was Rang und Namen hat: Landräte, Bürgermeister, Vorsitzende von Institutionen und Organisationen, französische Freunde, Freunde aus dem Partnerlandkreis Krotoszyn, die mit 11 Stunden die längste Anfahrt hatten. Auch der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) und die Bundestagsabgeordneten Thomas Gebhart (CDU), Thomas Hitschler (SPD) und Mario Brandenburg (FDP) waren gekommen.

Foto: Pfalz-Express/Licht

Als Kreistagssitzung benannt, gab es nur einen Punkt auf der Tagesordnung: Die Übergabe des Amts. Brechtel richtete persönliche Worte an Martin Brandl: „Du hast dich zum Glück für die politische Laufbahn entschieden und auch das Vertrauen der Wähler gewonnen. Mit Wirkung zum 1. Dezember 2024 wirst du zum Landrat ernannt.“

Brandl wurde auf die Bühne gebeten. Doch sorgte ein unerwarteter Moment für Gelächter: Die Eidesformel fehlte. Kurzerhand wurde Google konsultiert, und Brandl sprach den Schwur – allerdings, wie sich herausstellte, den für die Bundesebene. Brandl musste schließlich ein zweites Mal den Amtseid leisten – diesmal mit der richtigen Formulierung – auf die Verfassung von Rheinland-Pfalz.

Foto: Pfalz-Express/Rolf H. Epple

Von Brechtel bekam er zudem ein symbolisches Geschenk: Einen Stift, den er mit grüner Mine ausstatten solle, „denn Grün darf nur der Landrat.“

Mit 50,03 Prozent der Stimmen bei fünf Mitbewerbern hatte Brandl bei den Landratswahlen im Juni ein außergewöhnliches Wählervertrauen erhalten. In seiner Rede bedankte er sich dafür und betonte, dass mit diesem Vertrauen auch große Verpflichtungen einhergingen. Er machte in seiner Ansprache deutlich, dass die Zeiten sich ändern müssen. „Seit Corona, der rasant fortschreitenden Digitalisierung und dem Krieg in der Ukraine brauchen wir jetzt Veränderung.“ Dass Brechtel sein Amt vorzeitig abgegeben habe, sei keine Selbstverständlichkeit. „Ich werde genau das umsetzen, was ich vor der Wahl versprochen habe.“

Foto: Pfalz-Express/Rolf H. Epple

Im Anschluss sprach Brandl verschiedene Themen an, die er in seiner neuen Amtszeit angehen möchte. Digitalisierung und Modernisierung seien für ihn zentrale Schwerpunkte, aber auch schnellere Abschiebungen und ein Zusammenführen von Kommunen zu einem handlungsfähigen Verbund. „Das ist das beste Mittel gegen Populismus und Extremismus, und ich werde jede Form davon immer bekämpfen“, so Brandl.

Buttweiler: „Ein Vorbild für den Landkreis“

Bei der Versetzung in den Ruhestand würdigte Christoph Buttweiler, der Erste Kreisbeigeordnete und Stellvertreter des Landrats, die Verdienste des scheidenden Landrats. „Es fällt mir nicht leicht, den hochgeschätzten Landrat und vor allem einen ganz besonderen Menschen zu verabschieden, der eine prägende Rolle für den Landkreis übernommen hat“, begann Buttweiler seine Rede.

Foto: Pfalz-Express/Rolf H. Epple

Besonders hob er die charakteristischen Eigenschaften des Landrats hervor: „Klarheit, Empathie, Souveränität und Sachlichkeit. Du hast jeden wichtig genommen, allen zugehört und komplexeste Sachverhalte sofort überblickt“, sagte Buttweiler und betonte die Fähigkeit des Landrats, in schwierigen Situationen stets Ruhe zu bewahren.

„Du warst nicht nur ein Lenker, sondern ein Begleiter und bist immer auf Augenhöhe geblieben“, so Buttweiler weiter. Diese Haltung habe den Landrat nicht nur zu einer Führungspersönlichkeit, sondern auch zu einem vertrauten Ansprechpartner für alle gemacht. „Du hast das Amt mit Herzblut ausgeführt. Danke für deinen unermüdlichen Einsatz.“

Ministerpräsident Schweitzer würdigt jahrzehntelange Führung

Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) sprach Landrat Brechtel seine Anerkennung für dessen 23 Jahre an der Spitze des Landkreises und für insgesamt drei Jahrzehnten in Führungsverantwortung aus. „Das können nicht viele von sich sagen. Da hat jemand wirklich etwas gut hinbekommen“, betonte Schweitzer.

Er unterstrich, dass es in der Politik nie etwas Selbstverständliches gebe, sondern dass man sich das Vertrauen der Bürger immer wieder neu erarbeiten müsse.

Foto: Pfalz-Express/Rolf H. Epple

„Ich spreche hier meine persönliche Anerkennung und die des Landes Rheinland-Pfalz aus“, fuhr Schweitzer fort. Der Landkreis habe sich wirtschaftlich weiterentwickelt, dank der Führung von Brechtel. „Verwaltungen sind große Tanker, die immer wieder neu ausgerichtet werden müssen.“ In diesem Zusammenhang sei es wichtig, über kommunale Strukturen nachzudenken. „Es geht nicht nur um Verwaltung, sondern immer auch um die Menschen“, so Schweitzer.

Zum Abschluss seiner Rede brachte Schweitzer noch eine humorvolle Bemerkung an und bot Brechtel scherzhaft seine Hilfe für die bevorstehende private Lebensphase an – als ehemaliger Arbeits- und Transformationsminister sei er dafür geeignet. 

Landrat aus Krotoszyn würdigt Zusammenarbeit mit Brechtel

Der Landrat von Krotoszyn, Pawel Radojewski, drückte seine Dankbarkeit für die langjährige und enge Zusammenarbeit mit dem Landkreis aus. Über eine Dolmetscherin richtete er folgende Worte an Landrat Brechtel: „Du, Fritz, hast viel zur Annäherung unserer Völker beigetragen. Seit 15 Jahren arbeiten unsere Verwaltungen und Bürger eng zusammen, was zu vielen Freundschaften und einer tiefen Solidarität geführt hat. Das ist in hohem Maße dein Verdienst.“

Foto: Pfalz-Express/Rolf H. Epple

Er betonte besonders, wie wichtig der Einsatz von Brechtel und seinem Team war, als der Krieg in der Ukraine ausbrach. „Ohne Zögern hast du gemeinsam mit deinen Mitarbeitern Hilfe geleistet, um die Ukraine zu unterstützen“, sagte der Landrat. Als Zeichen der Freundschaft überbrachte er Brechtel, dem studierten Biologen, ein Geschenk: Ein Insektenhotel, gebaut im Jugendhilfezentrum in Krotoszyn und Honig von den Wiesen der polnischen Stadt.

Pfarrer bringt Schwung in den Saal

Foto: Pfalz-Express/Licht

Pfarrer Jan Meckler von der protestantischen Kirche in Rülzheim begann humorvoll mit den Worten „Das Ende naht“, wie es viele Predigten tun.

Er fragte das Publikum, wer dem Ende seiner Arbeitszeit näher sei als dem Anfang – sehr viele standen auf. Dann fragte er, wer in den letzten zwei Jahren eine neue Aufgabe begonnen habe – es waren weniger, aber immer noch einige.

Foto: Pfalz-Express/Rolf H. Epple

In christlicher Tradition bat er um Gottes Segen für Fritz Brechtel und Martin Brandl, indem er das Publikum aufforderte, die linke Hand für Brechtel und die rechte für Brandl zu heben und sich dann die Hände zu reichen.

Und so kam es, dass beispielsweise Ministerpräsident Alexander Schweitzer mit seinem politischen Konkurrenten und Herausforderer für das Amt des Ministerpräsidenten, Gordon Schieder (CDU), Hand in Hand dastanden.

Foto: Pfalz-Express/Rolf H. Epple

Schnieder: „Engagierter Gestalter und Führungspersönlichkeit“

Gordon Schnieder, CDU-Fraktionsvorsitzender im Landtag Rheinland-Pfalz, würdigte Fritz Brechtel als „engagierten Vordenker und starke Führungspersönlichkeit“. Schnieder sagte, dass Brechtel nicht nur als Wirtschaftsförderer und Krisenmanager, sondern auch als Brückenbauer und integrativer Akteur im Landkreis gewirkt habe. 

Foto: Pfalz-Express/Rolf H. Epple

An Brandl gerichtet, hob Schnieder dessen „Fleiß, Akribie und Fachwissen“ hervor. „Wir bleiben über das politische Amt hinaus befreundet“, schloss Schnieder mit den besten Wünschen und „Gottes reichen Segen“ für Brechtel und Brandl.

„Integrität und Stabilität“ 

Auch Achim Schwickert, Vorsitzender des Landkreistags Rheinland-Pfalz, und Svend Larsen, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Südpfalz, richteten Grußworte an den scheidenden Landrat. Schwickert hob hervor, wie sehr Brechtel durch sein Engagement und seine Weitsicht zum Erfolg gemeinsamer Projekte beigetragen habe.

Svend Larsen, der als Vorstandsvorsitzender der Sparkasse mit Brechtel eng zusammengearbeitet hatte – der Landrat ist qua Amt stets Mitglied im Verwaltungsrat der Sparkasse – betonte, dass viele Entwicklungen ohne Brechtels stabilisierende Rolle und seinen unermüdlichen Einsatz nicht möglich gewesen wären. Beide lobten ihn für seine Integrität, sein Verantwortungsbewusstsein und sein langjähriges Engagement.

Der langjährige Wörther Bürgermeister Harald Seiter würdigte Brechtel als authentischen Menschen ohne Allüren, der analytisch und kompromissfähig sei und nicht mit der Brechstange, sondern mit Überzeugungskraft agiere. 

Emotionale Worte von Ehefrau Susanne

Eine emotionale Überraschung erlebten die Gäste mit, als Moritz Brechtel, der Sohn des scheidenden Landrats, einen Brief seiner Mutter an seinen Vater vorlas („Mama war dazu emotional nicht in der Lage“). Darin erzählte Susanne Brechtel von den Anfängen ihrer gemeinsamen Zeit, als sie sich am Frankfurter Flughafen kennengelernt hatten – eine Zeit, die schon damals aus Zeitgründen alles andere als einfach gewesen sei.

Foto: Pfalz-Express/Rolf H. Epple

„Trotz der vielen Herausforderungen hast du als Verwaltungschef immer Zeit für die Familie und für private Momente gefunden“, sagte Moritz unter Berufung auf die Worte seiner Mutter. „Deine Energie und dein Glaube an das Gute im Menschen bewundere ich sehr. Du hast nie geklagt, du hast es immer gerne getan. Jede Krise hast du mit Bravour gemeistert, immer gut gelaunt und selbst in stressigen Situationen einen kühlen Kopf bewahrt.“ 

Foto: Pfalz-Express/Rolf H. Epple

Von Herzen wünsche sie ihrem Mann, dass er nun die wohlverdiente Freizeit genießen könne – ein Wunsch, den nicht nur sie selbst, sondern auch die Kinder Patrick, Max und Moritz teilten.

Sichtlich gerührt ergriff Brechtel zum Abschluss das Wort und sagte: „In manchen Momenten habe ich mich wiedererkannt.“ Bei anderen habe er sich etwas gewundert. „Ich bin kein Heiliger“, zwinkerte er.

Foto: Pfalz-Express/Rolf H. Epple

„23 Jahre durfte ich Landrat sein. Mein Ziel war es stets, dem Vertrauen der Bürger gerecht zu werden und das Beste für den Landkreis Germersheim zu erreichen“, so Brechtel weiter. Im Rückblick hob er hervor, dass es immer darum gegangen sei, den Landkreis weiterzuentwickeln – von der Schullandschaft über den Nahverkehr mit Bus und Bahn bis hin zu Wirtschaftsförderung, Katastrophenschutz, Naturschutzprojekten und Kultur.

„Wir haben nicht nur verwaltet, sondern gemeinsam den Landkreis gestaltet. Das war niemals das Werk eines Einzelnen, sondern nur durch Zusammenarbeit möglich“, so Brechtel und nannte dabei seine engsten Mitarbeiter, seinen Fahrer Hugo Jäckel, und Astrid Seefeldt, Leiterin der Stabsstelle, die stellvertretend für das gesamte Team geehrt wurden.

Foto: Pfalz-Express/Rolf H. Epple

Mit emotionalen Worten wandte sich Brechtel dann an seine Familie: „Lieber Schatz, du hast so viel mit mir mitgemacht und manchmal habe ich den Stress nach Hause gebracht. Ohne dich hätte ich es nicht geschafft. Es gibt nicht genug Worte, um dir zu danken. Liebe Familie, ihr habt mich getragen, aufgefangen und geschützt. Ich hoffe, dass ich euch in den kommenden Jahren viel zurückgeben kann.“

Abschließend sagte er: „Vielen Dank an euch alle für diese unglaublich erfüllende Zeit als euer Landrat. Alles Gute, au revoir und goodbye.“ Mit langen Standing Ovations wurde der beliebte Landrat gebührend verabschiedet.

Doch wer nach dem langen Abend auf das Buffet gehofft hatte, musste sich noch immer etwas gedulden: Eine weitere Überraschung wartete draußen vor der Dampfnudel. Die Feuerwehren aus dem Landkreis, das DRK und die Malteser ehrten Brechtel mit einem Großen Zapfenstreich vom noch amtierenden Brand- und Katstrophenschutzinspekteur, Mike Schönlaub, und Vertretern aller Wehren, Hilfs- und Rettungsdienste. Im Namen der gesamten Blaulichtfamilie des Kreises präsentierte der Fanfaren- und Spielmannszug Schaidt nach den Stücken „One Moment in Time“ und „Probier’s mal mit Gemütlichkeit“ zum Abschluss noch die Nationalhymne.

Um die Bewirtung der Gäste kümmerten sich Mitglieder des TSC Royal aus Rülzheim sowie Schülerinnen und Schüler der Abiturjahrgänge der Schulen im Landkreis Germersheim. Für Häppchen und Nachtisch sorgten in besonderer Weise verschiedene Klassen der weiterführenden Schulen.

Foto: Pfalz-Express/Rolf H. Epple

Drinnen trat später der TSC Royal mit einer farbenprächtigen Show auf.  Moderiert wurde der Abend vom Ersten Beigeordneten der Stadt Germersheim, Dr. Sascha Hofmann. Für die Musik sorgte das Verbandsjugendorchester. (cli)

Foto: Pfalz-Express/Rolf H. Epple

 

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Foto: KV GER/mda

 

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