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Dienstälteste Preisermittlerin in Rheinland-Pfalz gibt Ehrenamt ab: Preise gucken als Berufung

7. Februar 2019 | Kategorie: Leute-Regional, Regional, Rheinland-Pfalz, Südwestpfalz und Westpfalz

 

Ein Prosit auf 40-jähriges erfolgreiches Wirken: Doris Labisch, Carsten Schreiner vom Stadtplanungsamt, Präsident des Statistischen Landesamtes Marcel Hürter, Bürgermeister Markus Zwick (v. l. n. r).
Foto: Allmann-Stübinger

Pirmasens. Sie sind die Spürnasen der Nation und keiner kennt sie. Unauffällig, aber akribisch genau streifen sie durch die Geschäfte und ermitteln Warenprodukte.

Nur mit Block und Bleistift gehen sie auf die Pirsch, doch das von ihnen ermittelte Ergebnis ist wichtig für die Menschen im Land und für das Statistische Landesamt in Bad Ems.

Eine die genau in den Pirmasenser Geschäften hingeschaut hat, ist Doris Labisch. Und das mittlerweile seit vier Jahrzehnten – bei etwa 1.400 Produkten aus den Warenangeboten der Geschäfte, wie Tankstellen, Bäckereien, Discounter, Drogerien oder Supermärkten. Eine große Herausforderung. In ganz Deutschland werden 300.00 Produkte monatlich erfasst.

Jetzt plant sie ihren Urlaub nicht mehr um diese wichtige Tätigkeit, denn nach 37 Jahren ist Schluss mit den Ermittlungen nach den „heißen“ Preisen.

Doris Labisch gibt das investigative Zepter weiter und geht in den wohlverdienten Ruhestand. Ab April dieses Jahres wird Simone Köhler, 49 Jahre aus Pirmasens, diese wichtige Tätigkeit fortführen.

In einer kleinen Feierstunde wurden nun die langjährigen Verdienste von Preiseermittlerin Doris Labisch von Bürgermeister Markus Zwick, und dem Präsidenten des Statistischen Landesamtes Bad Ems, Marcel Hürter, sowie Carsten Schreiner vom Stadtplanungsamt, gewürdigt.

Sie dankten Doris Labisch nicht nur für akribisch genaue Arbeit, sondern auch für die Freundlichkeit und Wertschätzung, mit der sie an die Sache herangegangen ist. Und auch dafür, dass sie ihre selbst ausgesuchte Nachfolgerin ein Jahr lang als „stille Beobachterin“ im Boot hatte und ihr so den Ablauf ihrer Tätigkeit in aller Ruhe zeigen konnte.

In einem kleinen Interview, das Doris Labisch dem Pfalz-Express (PEX) gab, schilderte sie ihre interessante Arbeit:

PEX:  Sie waren die dienstälteste Ermittlerin von den 18 Beauftragten im Land. Gibt es da einen Blick zurück mit etwas Wehmut?

Doris Labisch: Ja, schon. Es gab viele schöne Begebenheiten in den vier Jahrzehnten. Dafür bin ich dankbar. Der Kontakt zu „de`Leut`“ war immer toll.

PEX: Haben Sie ein paar Anekdoten für uns?

Doris Labisch lacht: Ganz am Anfang meiner Tätigkeit: Ich musste Kohle, unter anderem Schmiedekohle, in einem Kohlegeschäft erfassen und wiegen. Hatte keine Ahnung von der Materie und stellte mich auch so an. Der Kohlehändler schaute mir eine Zeitlang zu, dann meinte er: Mädsche, geh`mol mit, ich erklär`s dir“. Und da war ich echt froh darüber.

PEX: Was hat sich preistechnisch nicht verändert in Pirmasens und was hat sich regelmäßig geändert?

Doris Labisch: Die Mieten. Die sind, gegenüber anderen Städten, in vier Jahrzehnten fast gleich geblieben. Bei den versteckten Preiserhöhungen war da mal als Beispiel im Jahre 2017 eine Dose Rinderrouladen einer bekannten Firma, die bei gleichem Preis einfach so das Volumen des Doseninhaltes von 500 auf 450 Gramm reduzierte. Oder die Preise wurden stark vor dem Euro erhöht, da fiel es danach nicht so auf.

PEX: Was ist zum Beispiel mit der ständigen Preiserhöhung eines Bällchen Eis?

Doris Labisch: Den Preis habe ich leider nie erhoben. Aber Zitronen, Orangen, Blumenkohl, usw. mussten ständig gewogen und so erfasst werden.

Und nach fünf Jahren wird neu katalogisiert. Diese Erhebungen gehen bis nach Brüssel. Dort wirken sie unter anderem in Wahltendenzen und allgemeinen Bundesstatistiken ein. Man muss akribisch und verantwortungsbewusst vorgehen.

Wissen Sie, die genaue Erfassung zeigt später den Bürgern, ob das Leben in Deutschland billiger oder teurer geworden ist.

PEX:  Jetzt ist damit aber Schluss. Und nun?

Doris Labisch lächelt: Ich brauch meinen Urlaub nicht mehr nach dem Erfassungstermin zu richten. Tolles Gefühl. Rückblickend stelle ich fest, es hat sich nie ein Geschäft beschwert, obwohl es in den Anfangszeiten viel Erklärungsbedarf gab. Wahrscheinlich war das auch die Neugier darauf, was ich mache. Es war eine tolle Zeit und ich wünsche meiner Nachfolgerin alles Gute! (Allmann-Stübinger)

Hintergrund:

Die ehrenamtlichen Erhebungsbeauftragten in Rheinland-Pfalz beobachten – gegen eine kleine Aufwandsentschädigung – im Auftrag des Statistischen Landesamtes mit Sitz in Bad Ems etwa 20 000 Preise für rund 700 Waren und Dienstleistungen in etwa 2 000 Berichtsstellen.

Zusätzlich erfolgt für viele Güterarten eine zentrale Preiserhebung, u.a. im Internet oder in Versandhauskatalogen.

Insgesamt werden monatlich deutschlandweit über 300 000 Einzelpreise erfasst. Für die Preismessung werden die Verkaufspreise einschließlich Mehrwertsteuer und Verbrauchssteuern beobachtet. Das Land hat die Aufgaben der Erhebungsstelle für die Durchführung der Statistik der Verbraucherpreise per Landesverordnung u.a. auf die kreisfreien Städte übertragen. Bei der Stadtverwaltung Pirmasens ist die Statistikstelle beim Amt für Stadtplanung in der Schützenstraße angesiedelt.

Stichwort:

Grundlage für den Verbraucherpreisindex sind der sogenannte Warenkorb und das Wägungsschema. Im Warenkorb werden die Waren und Dienstleistungen festgelegt, die der monatlichen Preisbeobachtung unterliegen (z.B. Butter, Benzin, Mieten und Pauschalreisen), während das Wägungsschema bestimmt, wie stark Preisveränderungen einzelner Produkte in die Berechnung eingehen.

Der Inhalt des Warenkorbs und die Gewichtung der einzelnen Güter im Wägungsschema werden in der Regel alle fünf Jahre an die aktuellen Konsumgewohnheiten angepasst. Die wesentliche Informationsquelle für die Anpassung ist die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe.

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