Brandanschlag auf Asylunterkunft in Limburgerhof: Polizei: Definitiv Brandstiftung

6. Mai 2015 | Kategorie: Regional, Rhein-Pfalz-Kreis

Ministerpräsidentin Malu Dreyer hat sich vor Ort ein Bild gemacht.
Fotos: pfalz-express.de/Ahme

Limburgerhof. Unbekannte haben in der Nacht zum Mittwoch (6.Mai) in Limburgerhof eine im Bau befindliche Flüchtlingsunterkunft in Brand gesteckt.

Auf einem von der Gemeinde bereitgestellten Grundstück sollten Container für 16 bis 18 Asylbewerber aufgestellt werden, die sich derzeit im Bau befinden.

Nach Angaben des Polizeipräsidiums Rheinpfalz und der Staatsanwaltschaft Frankenthal hatten die (oder der) Täter Bitumenrollen auf einem Dach in Brand gesetzt. In der Folge entflammten die bereits auf den Fertigbauteilen verlegten Bitumenbahnen. Verletzt wurde niemand. Der Sachschaden wird auf etwa 50.000 Euro geschätzt.

Laut eines Zeugen entfernte sich unmittelbar nach Ausbruch des Feuers ein schwarzer Kleinwagen mit quietschenden Reifen in Fahrtrichtung Mutterstadt.

Die Polizei untersucht einen fremdenfeindlichen Hintergrund, will aber auch „andere Motivationslagen“ prüfen.

Die rheinland-pfälzische Landesregierung zeigte sich nach dem Brandanschlag tief betroffen: „Wir verurteilen diesen Brandanschlag aufs Schärfste. Rheinland-Pfalz ist und bleibt ein weltoffenes und tolerantes Bundesland. Wir helfen den Menschen gerne, die bei uns Schutz suchen. Hierzu stehen wir“, teilten Ministerpräsidentin Malu Dreyer, Integrationsministerin Irene Alt und Innenminister Roger Lewentz mit.

Schweitzer: „Feige Aktionen vor unserer Haustür“

Der SPD-Fraktionsvorsitzende im Landtag Rheinland-Pfalz, Alexander Schweitzer, sagte:

„Ich bin bestürzt über den Brandanschlag in der geplanten Flüchtlingsunterkunft in Limburgerhof. Noch kennen wir nicht die genauen Hintergründe. Jetzt gilt es, die Polizei ihre Arbeit machen zu lassen, damit diese perfide Tat so schnell wie möglich lückenlos aufgeklärt werden kann.

Eines steht fest: Rheinland-Pfalz ist ein tolerantes und weltoffenes Land. Flüchtlinge sind bei uns herzlich willkommen. Solche feigen Aktionen vor unserer Haustür werden wir nicht dulden.“

Pfalz-Express ist vor Ort. Es wird in Kürze nachberichtet. (cli)

Nachtrag:

Limburgerhof, Burgstraße, 11 Uhr: Der Container, in der Nähe der Umgehungsstraße, liegt etwas abseits vom Wohngebiet. Jetzt ist er umringt von Polizei, Medienvertretern, Politikern. Über allem kreisen Hubschrauber; das Gelände wird von der Polizei kontrolliert.

Die Minsterpräsidentin persönlich und die CDU-Vorsitzende im Landtag Julia Klöckner, haben den Tatort besichtigt und auch von innen gesehen. Doch nicht alle dürfen ins Wohnheim: Medienvertreter müssen draußen bleiben und auch der eine oder andere Politiker muss außen vor bleiben.

Nach der Besichtigung gibt Dreyer der versammelten Presse ein Statement.

Sie betont: „Die Hilfe für in Not geratene Menschen ist unsere humanitäre Verpflichtung, zu der wir Demokraten voll und ganz stehen. Die Bevölkerung in Rheinland-Pfalz zeigt das tagtäglich. Dafür bin ich sehr dankbar“ (siehe auch Video- leider starke Windgeräusche!).

Wie der Leitende Oberstaatsanwalt von der Staatsanwaltschaft Frankenthal, Hubert Ströber später mitteilt, habe ein Zeuge einen schwarzen Kleinwagen in der Nacht gegen 2 Uhr mit quietschenden Reifen davonfahren sehen.

Man werde wohl von einem fremdenfeindlichen Hintergrund ausgehen müssen, glaubt Ströber, der ansonsten keine weiteren Details erwähnt. Nur soviel: die Staatsanwaltschaft ermittle jetzt „nach allen Seiten“. Ein Brandsachverständiger solle hinzugezogen werden.

Klöckner äußert Kritik: „Land muss seine Hausaufgaben machen

Julia Klöckner war heute ebenfalls vor Ort und äußerte sich betroffen: „Es ist beschämend und ein Schlag ins Gesicht für all die guten Taten, die im ehrenamtlichen Bereich auf diesem Gebiet passieren.“ Jetzt gelte es ruhigen Kopf zu bewahren: „Spekulationen sind schwierig. Fachleute müssen das aufklären“. „Wenn das Einzelne sind, die von Hass und Verblendung geprägt sind, dann muss man ihnen das Handwerk legen. Und erklären, dass die Mehrheit das anders sieht.“

Angst und Sorge vor dem Fremden seien total unbegründet: „18 Menschen können keine Bedrohung sein“, so Klöckner.
Die Pfalz und Limburgerhof seien weltoffen, das zeige das vielfältige Engagement. Beim 2. Flüchtlingsgipfel der CDU im nächsten Monat wolle man dieses Engagement Vieler wieder vernetzen.

Sie betonte aber auch ganz klar, dass Flüchtlingspolitik eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sei. Das Land müsse den Kommunen mehr Geld zur Verfügung stellen, damit Kosten gedeckt werden könnten: „Rheinland-Pfalz steht am unteren Ende bei der Bezahlung der Kommunen.“

Malu Dreyer könne zum Flüchtlingsgipfel nach Berlin nicht mit einer guten Verhandlungsposition fahren. Vor allem dürfe man Flüchtlinge nicht willkürlich auf Kommunen verteilen, sondern zum Beispiel vorhandene Kompetenzen der Asylbewerber nutzen und sich im eigenen Land besser vernetzen.

Beigeordnete sind fassungslos

Für Limburgerhof waren die Erste Beigeordnete Rosemarie Patzelt und Beigeordneter Willi Dörfler am Ort des Geschehens.

Die Gemeinde Limburgerhof nimmt schon seit 20 Jahren Flüchtlinge auf.

Im Jahr 1993 erreichten die Antragszahlen einen Höhepunkt durch den Bürgerkrieg in Jugoslawien.

„Diese Flüchtlinge leben in der Gemeinde mitten unter uns in verschiedenen gemeindlichen Wohnungen, Wohnungen des Kreiswohnungsverbandes und in Asylbewerberunterkünften. Auch Privatpersonen haben Flüchtlinge in ihrer eigenen Wohnung aufgenommen“, erzählt Rosemarie Patzelt.
Da die Gemeinde aber mittlerweile auch an den Rand ihrer Kapazitäten gekommen ist, und die bisherige Unterkunft nicht mehr den Bauvorschriften entsprach, sollte sie erneuert werden. Diese neue Unterkunft werde künftig maximal 18 Personen, vor allem junge Männer aufnehmen.

Es gibt einen Arbeitskreis Asyl, bestehend aus derzeit 20 ehrenamtlichen Helfern, die sich um die Asylbewerber kümmern, erzählt Patzelt. In sechs bis acht Wochen soll die Unterkunft bezugsfertig sein. „Wir geben nicht auf“. (desa/red)

Nachtrag:

Zur Mittagszeit traf der Brandsachverständige des Landeskriminalamts Rheinland-Pfalz am Brandort in Limburgerhof ein.
Nach der Begutachtung des Tatorts kommt dieser zu folgendem Ergebnis: „Ein technischer Defekt und eine Selbstentzündung sind ausgeschlossen. Der Brand beruht auf Brandstiftung.“ Die Ermittlungen der Kriminalpolizei dauern weiter an.

Die Polizei bittet Personen, insbesondere Anwohner, die sachdienliche Hinweise speziell zu dem dunklen Fahrzeug geben können, sich mit der Kriminalpolizei Ludwigshafen unter der Tel.-Nr. 0621/963-1163 oder per Email unter kiludwigshafen@polizei.rlp.de  in Verbindung zu setzen.

Nachtrag:

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3 Kommentare auf "Brandanschlag auf Asylunterkunft in Limburgerhof: Polizei: Definitiv Brandstiftung"

  1. Acheron sagt:

    Nachts um 2 Uhr brennt eine Bitumenrolle auf leerstehenden Wohncontainern und 9 Stunden später kreisen Hubschrauber und SPD und CDU wissen bereits, wer es gewesen ist? Wenn in alle Richtungen ermittelt wird, wieso gibt man den medienwirksam vor den Kameras Statements für „Toleranz“? Hat der Wahlkampf schon begonnen? False Flag-Aktion oder Versicherungsbetrug? Cui bono?

  2. Kehr Besen sagt:

    Limburgerhof hat sich in der Öffentlichkeit mit der Neonazi-Gruppierung „Bürgerbewegung Limburgerhof“ bzw. „Der III. Weg“ bekannt gemacht. Jetzt ist der mediale Aufschrei groß und die Aufmerksamkeit in rechten Kreisen gewiss. Polizei und Politik sind aufgerufen, die rechten Augenklappen abzunehmen und ihre Zurückhaltung gegenüber Rechtsextremisten aufzugeben. Jede Repression gegenüber links gemäßigten und bürgerlichen Gruppierungen bei Gegenveranstaltungen, wie z.B. am 21. März oder NOPEGIDA, ebnet den Weg für eine Ablehnung von und den Hass gegen Flüchtlinge und Asylbewerber. Ich kann nur hoffen, dass sich nicht bewahrheitet, was bei diesem Brandanschlag als Ursache nahe liegt.

  3. Willibald Krötzmann sagt:

    Höchstwahrscheinlich konnte der Termin der Baufirma nicht gehalten werden?!
    Oder Ähnliches?
    😉