Südwestpfalz: Landrätin Dr. Ganster verdeutlicht: Große Privatfeiern unterbinden, aber kein Schnüffeln

11. November 2020 | Kategorie: Südwestpfalz und Westpfalz

Dr. Susanne Ganster und Markus Zwick im März 2020.
Foto: Werner G. Stähle

Südwestpfalz. Die Landrätin des Kreises Südwestpfalz sieht sich zum Thema „Kontrolle privater Feiern“ in der öffentlichen Berichterstattung teilweise unzutreffend wiedergegeben sowie in einem dieser angefügten Meinungsbeitrag unzutreffend interpretiert.

Dies ginge „deutlich über die beim Pressegespräch gemachten Aussagen hinaus“, ließ sie erklären.

Landrätin Dr. Susanne Ganster hatte  gemeinsam mit Markus Zwick, dem Oberbürgermeister von Pirmasens, ein Pressegespräch geführt. Von Oberbürgermeister Zwick angeregt und von der Landrätin zur weiteren Besprechung im Kreisvorstand aufgenommen worden, sei die Möglichkeit eines weitergehenden Erlasses durch das Land oder für die Kommunen selbst, schildert ihr Referent Thorsten Höh.

Bislang könne lediglich an die Bürgerschaft appelliert werden, größere Feiern im Privaten zu unterlassen. Solche Feiern nicht effektiv unterbinden zu können, sei kaum vermittelbar vor dem Hintergrund, dass diese in der Region Auslöser für größere Infektionsketten gewesen wären. Die augenscheinliche Unverhältnismäßigkeit gegenüber anderen kontaktreduzierenden Maßnahmen sorge für weiteres Unverständnis in der Bevölkerung.

Konkret gehe es um die Regelung, dass private Feiern in privaten Räumen mit mehr als zehn Personen oder zwei Hausständen derzeit nicht erlaubt sind, aber nicht dagegen vorgegangen wird.

Dies gelte ausschließlich für Hessen, Nordrhein-Westfalen und eben Rheinland-Pfalz, wo trotz gültiger Allgemeinverfügung eine solche Ansammlung im Sinne des Infektionsschutzgesetz nicht aufgelöst und damit die Kontaktreduzierung nicht umgesetzt werden könne.

Bürger würden sich zurecht fragen, warum Ordnungsämter oder Polizei solche Feiern weder auflösen noch das Vergehen ahnden können. Dementsprechend würden sich bei den zuständigen Ordnungsämtern der Verbandsgemeinden, der Stadt Pirmasens sowie des Landkreises vermehrt besorgte Bürger melden wegen Ansammlungen und Zusammenkünften von Menschen.

Häufig würde Unverständnis geäußert wenn bei offensichtlichen Regelverstößen nicht nicht eingeschritten wird und nicht eingeschritten werden kann. Daher wolle Oberbürgermeister Zwick auf das Land zugehen und diese Frage erörtern.

Konsens des Bund-Länder-Gipfels sei gewesen, dass Gruppen feiernder Menschen auf öffentlichen Plätzen, in Wohnungen sowie privaten Einrichtungen angesichts der ernsten Lage inakzeptabel sind.

Verstöße sollen sanktioniert werden, laute die in Berlin erzielte Einigung. In Rheinland-Pfalz könnten Verstöße dagegen bislang nicht sanktioniert werden. Auch von einzelnen Sanktionen könnte eine eindämmende Signalwirkung ausgehen, erwartet Landrätin Dr. Ganster und betont „es geht hier ausdrücklich nicht um Schnüffeln durch gezielte, turnusmäßige Kontrollen“.

Das Pressegespräch wurde vom OKTV Südwestpfalz e. V. (Rodalben) aufgezeichnet und ausgestrahlt. Es kann in voller Länge in dessen Mediathek abgerufen werden.
Das OKTV Südwestpfalz ist zu empfangen im Kabelnetz der Vodafone Deutschland sowie zeitgleich im Internetstream.

Landrätin Dr. Ganster und Oberbürgermeister Zwick: Infektionsschutz – aber kein Betreten der Wohnung

Es ist ein Dilemma, dass überall in Deutschland private Feiern untersagt sind, aber unsere Ordnungsämter in Rheinland-Pfalz nicht wie in anderen Bundesländern wenigstens ein Bußgeld bei Verstößen verhängen können“, bedauern Oberbürgermeister Markus Zwick und Landrätin Dr. Susanne Ganster in einer gemeinsamen Presseerklärung.

„Wenn Sie ihr Auto im Parkverbot abstellen, bekommen Sie ein Bußgeld, wenn Sie in Corona-Zeiten eine größere Party zuhause feiern, darf das Ordnungsamt nicht einschreiten“, erläutern die Landrätin des Kreises Südwestpfalz und der Oberbürgermeister von Pirmasens die aktuelle Situation in Rheinland-Pfalz.

„Wir wollen ausdrücklich nicht in Privatwohnungen oder Grundrechte aushebeln, die verfassungsrechtlich aus gutem Grund geschützt sind. Aber wir bitten im Sinne des Bevölkerungsschutzes das Land um Überprüfung der aktuell geltenden Rechtsverordnung“, betonen die beiden Kommunalpolitiker.

Das Land lasse die Unvernünftigen gewähren, verlange aber von den Vernünftigen Opfer, kritisieren sie. Die aktuelle Landesverordnung gestatte weiterhin private Feierlichkeiten, gleichzeitig seien aber Einrichtungen mit durchdachten Hygienekonzepten zu Wochenbeginn geschlossen worden.

Dies sei der Bevölkerung schlichtweg nicht zu vermitteln. „Durch die bestehende Lücke und fehlende Sanktionsmöglichkeiten wie Bußgelder wird der gewünschte Erfolg der Kontaktbeschränkungen leichtfertig aufs Spiel gesetzt“, so die beiden Politiker weiter. Dabei seien gerade private Feierlichkeiten in der Region erwiesenermaßen eine Hauptursache der dramatisch steigenden Zahl der Infektionen.

Dr. Susanne Ganster und Markus Zwick betonen, es gehe bei diesem Vorstoß ausdrücklich nicht um das Betreten oder gar die Durchsuchung von Wohnungen oder regelhaftes Kontrollieren.

Auch soll kein Denunziantentum gefördert werden und man wolle verantwortungsbewusste Bürger weder gängeln oder diesen misstrauen. Übereinstimmend betonen sie, „dass die Unverletzlichkeit der Wohnung ein besonders hohes Rechtsgut ist, in das ausschließlich unter sehr engen Voraussetzungen eingegriffen werden darf.“ Allerdings könnten von Seiten des Landes Vorsichtsmaßnahmen ermöglicht werden, die in anderen Bundesländern praktiziert würden.

Bund und Länder hätten sich am 28. Oktober 2020 einstimmig darauf verständigt, weitreichende Maßnahmen zu ergreifen, um zügig die Infektionsdynamik zu unterbrechen.

Allerdings enthalte im Gegensatz zu vielen übrigen Bundesländern die aktuell gültige Corona-Bekämpfungsverordnung des Landes Rheinland-Pfalz lediglich einen Appell an die Bürger, die sozialen Kontakte möglichst zu reduzieren, nicht aber eine Grundlage für die Ordnungsbehörden, insbesonders bei Feiern und Partys in Wohnungen, zu reagieren.

Private Feiern in Wohnungen seien in Rheinland-Pfalz derzeit nicht untersagt oder reglementiert, hingegen Ansammlungen von Personen oder Veranstaltungen im öffentlichen Raum oder in angemieteten oder zur Verfügung gestellten Räumen. Das stelle die kommunalen Ordnungsbehörden vor große Herausforderungen.

Bereits zu Wochenbeginn hatten Dr. Susanne Ganster und Markus Zwick auf diese Situation als unbefriedigend bezeichnet. Auch private Feierlichkeiten seien in jüngster Vergangenheit Auslöser für größere Infektionsketten in der Südwestpfalz gewesen. Die beiden Verwaltungschefs kündigen an, das Land um eine verbindliche Rechtsgrundlage zu bitten, „damit Ordnungsamt und Polizei überhaupt tätig werden können“.

Ziel sei, eine Rechtsgrundlage zu schaffen, um im Einzelfall auf besonders unvernünftiges Verhalten auch im privaten Bereich einwirken zu können, gegebenenfalls mit einem Bußgeld, aber ohne das Betreten der Wohnung.
(Werner G. Stähle)

Print Friendly, PDF & Email
Zur Startseite

Abonnieren Sie auch unseren Pfalz-Express-Kanal bei YouTube

Diesen Artikel drucken Diesen Artikel drucken

Kommentare sind geschlossen