
Bikage-Prinzessin Lena I. war auserwählt, die Linde zu entfalten – in luftigen Höhen.
Fotos und Video: Pfalz-Express / Licht – Fotostrecke am Textende
Kandel – Seit dem 1. März 2025 schmückt wieder eine Friedenslinde das Plätzel in Kandel. Und wenn ein Baum einen Empfang mit so viel Pomp und Humor bekommt, dann muss es ein ganz besonderer Baum sein.
Das Plätzel wimmelte von gut gelaunten Besuchern, Bikage-Elferräten, Wikingern in voller Montur und Lokalpolitikern. Die Stadt und die Bikage hatten sich richtig was einfallen lassen, um die neue Linde gebührend zu feiern.
Bewegte Geschichte
Die alte Friedenslinde hatte einiges mitgemacht. 2013 erlitt sie beim Brand der Musikschule Schäden, hielt sich aber tapfer. Doch im Februar 2022 fegte ein Sturm über Kandel und machte ihr endgültig den Garaus – der stolze Baum musste gefällt werden.
Bürgermeister Michael Gaudier (CDU) erinnerte in seiner Ansprache daran, dass die Linde ein fester Bestandteil des Stadtlebens gewesen sei („viele Feste sind unter der Linde gefeiert worden“) – und dass die Natur manchmal ihre eigenen Wunder vollbringt: So trieb das tote Holz des Baums ein halbes Jahr nach der Fällung tatsächlich noch einmal aus. Und als der Baum gefällt wurde, erschien tatsächlich ein Regenbogen am wolkenlosen Himmel. Wenn das nicht nach Mystery klingt!

Foto: Pfalz-Express/Licht
Die Linde wurde am 10. Mai 1871 gepflanzt, dem Tag, an dem der Krieg zwischen Deutschland und Frankreich von 1870/1871 beendet wurde. Mitten im Herzen Kandels hatte sie ihren Platz, bei der St. Georgskirche und dem Löwendenkmal. Mit der Linde verschwand auch ein Kandeler Symbol, mit dem sich viele Bewohner seit Generationen identifiziert hatten. [Mehr zu den geschichtlichen Hintergründen hier: Warum Kandel eine Friedenslinde pflanzte]
Brandl: Frieden wichtigstes Gut
Die neue Linde soll nun nicht nur die Tradition fortführen, sondern auch an das Jahr 2025 erinnern, in dem die Welt erneut in einem schwierigen Umfeld steht. Landrat Martin Brandl (nach dem offiziellen Teil mit blonder Hippie-Mähne) betonte vor Ort, dass Frieden das wichtigste Gut sei und dass man sich täglich dafür einsetzen müsse – ein Gedanke, den die ursprüngliche Friedenslinde seit dem Deutsch-Französischen Krieg verkörpert hatte.
Stadthistoriker Dr. Werner Esser gab einen historischen Überblick über die Zeit vor der Pflanzung der Friedenslinde. Er sprach über den Deutsch-Französischen Krieg und die Schlacht bei Reichshoffen – heute Kandels Partnerstadt. Doch seine Rede wurde so oft vom Glockengeläut unterbrochen, dass er sie schließlich abbrach. Die Kandeler brauchen ihr Symbol, stellte er fest.
Auch der katholische Pfarrer Stanislaus Mach nahm Bezug auf die Bedeutung von Bäumen für die Menschen. Er zitierte einen Abschnitt aus dem Buch Jeremia und schilderte, wie ein Baum nicht nur Früchte und Brennholz liefert, sondern auch ein fester Bestandteil des Lebens ist.
Fliegende Prinzessin

Foto: Pfalz-Express/Licht
Spektakulär wurde es, als Faschingsprinzessin Lena I. in schwindelerregende Höhen gehoben wurde. Mit einer Drehleiter der Feuerwehr schwebte sie in Begleitung des stellvertretenden Wehrführers Thorsten Dries zur Linde, um die noch zusammengebundene Krone zu befreien. Eine echte Herausforderung – aber die Hoheit bewältigte sie mit Bravour.
Gelbfießler-Linde wird Pfälzerin
Danach griffen die Stadtspitze, der Landrat und die Elferräte zur Gießkanne und gaben dem sieben Meter hohen Baum (plus ein Meter Wurzeltiefe) eine feierliche Taufe aus Gießkannen. Und weil die Linde aus Baden-Württemberg stammt (aus dem „Gelbfüßler“-Land, pfälzisch Gelbfießler), konnte sich Bürgermeister Gaudier einen kleinen Spaß nicht verkneifen: Er verpasste dem Baum einen Spritzer Pfälzer Schorle. „Damit sie auch weiß, dass sie jetzt in der Pfalz steht.“

Foto: Pfalz-Express/Licht
Für die Bikage ist der Baum passend zum diesjährigen Wikinger-Motto der Kampagne auch Yggdrasil – der Weltenbaum aus der nordischen Mythologie, der die neun Welten verband. Vielleicht verbindet dieser Baum ja auch die Kandeler Zukunft mit ihrer Vergangenheit. Diese symbolische Bedeutung griff Klaus Zahneisen, Bikage-Wikinger und begeisterter Kelten-Reenactment-Fan, in einem Gedicht auf, das der neuen Friedenslinde gewidmet wurde.
Von Gemeinschaft und einem dreifachen donnernden Bika-Helau!
BKG-Präsident Markus Jäger-Hott betonte, dass die Linde ein wunderbares Beispiel dafür sei, wie man durch Gemeinschaft etwas bewegen könne. Und vielleicht würden in 100 Jahren wieder „Buwe und Mädels“ um den Baum tanzen – und sich an „die alten Säcke von damals“ erinnern.
Doch es gab nicht nur Worte, sondern auch Taten: Die Bauhof-Mitarbeiter, die für die Pflanzung verantwortlich waren, wurden mit einer Einladung zum Essen belohnt – spendiert vom Malerbetrieb Roth. Der Malerbetrieb schnappte sich dann auch gleich ein weiteres Highlight des Tages: Ein Gemälde der Linde vom Kandeler Künstler Benjamin Burkhard. Nach eifrigem Bieten ging das Werk für stolze 1.444 Euro an Peter Roth, wo es nun einen Ehrenplatz bekommt, wie der Co-Geschäftsführer dem Pfalz-Express verriet. Der Erlös geht an den „Lindenfond“.

Peter Roth (links neben dem Gemälde) ist der stolze neue Eigentümer des Werks.
Foto: Pfalz-Express/Licht
Nach dem offiziellen Teil wurde ausgelassen gefeiert. Die Bikage sorgte mit einer Lotterie und leckeren Speisen für beste Stimmung, während das Krautkopfteam Faschingslaune aufs Plätzel brachte. Stadtbürgermeister Gaudier musste sich noch dem Narrengericht stellen – kam aber glimpflich davon.
Ein gebührender Einstand also für die neue Linde – in Kandel werden eben Tradition und Gemeinschaft großgeschrieben. (cli)

