Donnerstag, 18. April 2024

Rheinland-Pfalz: Statements zur britischen Brexit-Entscheidung

16. Januar 2019 | Kategorie: Allgemein, Politik regional, Regional

In Deutschland macht man sich Gedanken, wie es mit dem Brexit weiter gehen soll.
Foto: dts nachrichtenagentur

Nach monatelangem Tauziehen ließ sich am gestrigen Dienstag keine Mehrheit im britischen Unterhaus für das mühsam ausgehandelte Brexit-Abkommen finden.

Damit scheiterte Premierministerin Theresa Mays Plan für einen geordneten Austritt Großbritanniens aus der EU und einer zweijährigen Übergangsphase mit temporärem Verbleib in der europäischen Zollunion.

Auch in Rheinland-Pfalz beschäftigt man sich mit den möglichen Folgen. Hier einige Statements aus Politik und Wirtschaft.

Ministerpräsidentin Malu Dreyer: Ein schlechter Tag für Europa

„Die Entscheidung des britischen Unterhauses über das von der Regierung ausgehandelte Austrittsabkommen mit der EU bedauere ich außerordentlich. Damit rückt ein geregelter Brexit weiter in die Ferne“, erklärte Ministerpräsidentin Malu Dreyer heute in Mainz.

„Dieses Ergebnis ist sehr ernüchternd, gleichwohl sind wir auf alles vorbereitet. Ein anderes Austrittsabkommen wird es nicht geben. Die EU27 ist bis an die Grenzen des Vertretbaren gegangen, um der britischen Regierung entgegenzukommen und hat insbesondere in der Nordirlandfrage alles getan, um eine harte EU-Außengrenze auf der irischen Insel zu vermeiden“, so die Ministerpräsidentin.

Wie die britischen Nachbarn nun mit dem Abstimmungsergebnis weiter verfahren, bleibe abzuwarten. „Die EU, die Mitgliedstaaten und auch wir in Rheinland-Pfalz haben uns bereits seit geraumer Zeit mit großer Akribie auch auf einen harten Schnitt im März 2019 vorbereitet“, so Dreyer.

Unabhängig von der Frage, ob und welche Schritte nun in Großbritannien in den nächsten Wochen weiter unternommen würden, sei man in der EU27 nicht unvorbereitet, erklärte die Ministerpräsidentin.

„Wir beteiligen uns nicht an Spekulationen über Neuwahlen oder einen ‚Exit vom Brexit‘, sondern konzentrieren uns darauf, die Veränderungen am 29. März 2019 für die Bürger, die Wirtschaft und die vielfältigen Beziehungen, die wir zum Vereinigten Königreich haben, so wenig einschneidend wie möglich zu gestalten.“

Es gehe zunächst in erster Linie darum, Härtefälle durch ein abruptes Ausscheiden Ende März zu vermeiden. So habe der Bund bereits eine Reihe gesetzlicher Anpassungen an einen harten Brexit vorbereitet. Zudem griffen in vielen Fällen vorhandene Drittstaatenregelungen und fingen die wichtigsten Situationen auf.

Auch im Land habe man im Einzelnen geprüft, ob flankierende gesetzliche Regelungen erforderlich seien. „Wir sind da bereits nach der jetzigen Gesetzeslage gut aufgestellt und auch Wirtschaft und Verbände haben sich im Vorfeld schon exzellent auf denkbare Szenarien vorbereitet.“

Die Veränderung werde natürlich spürbar und auch nicht einfach, dennoch gebe es keinen Grund, angesichts der Entscheidung in London in Unruhe zu verfallen: „Wir müssen die weiteren Entwicklungen abwarten, noch ist der Prozess nicht abgeschlossen. Ich erwarte von der EU und von der Bundesregierung, dass sie die Länder und auch die  Bürger zeitnah über alle relevanten Schritte informiert. Für die Zukunft wünschen wir uns perspektivisch eine gute und intensive Neugestaltung der Beziehungen zu Großbritannien“, so Ministerpräsidentin Malu Dreyer.

RLP-Wirtschaftsminister Dr. Volker Wissing: Brexit muss Einzelfall bleiben

Ob mit oder ohne Abkommen – im Interesse aller Bürger Europas sowie Großbritanniens sollten wir daran arbeiten, dem Land einen Weg aus der Europäischen Union zu ermöglichen, der den Spalt zwischen Europa und Großbritannien nicht zusätzlich vertieft.

Die enge Verbindung zwischen Menschen oder Unternehmen aus dem Vereinigten Königreich und den Staaten der EU sollte erhalten bleiben.

Für die langfristige Gestaltung der Wirtschaftsbeziehungen sollte die EU ein Übereinkommen anstreben, das negative Auswirkungen auf die Bürger sowie den freien Handel auf die nicht vermeidbaren Konsequenzen reduziert.
Der Brexit ist beispiellos und wird hoffentlich ein Einzelfall bleiben.

Wir alle müssen uns die Vorteile der Europäischen Union wieder stärker ins Bewusstsein rufen. Die Europäische Union ist mehr als ein Geschäftsmodell. Sie ist ein Garant für ein Leben in Frieden, Freiheit und Wohlstand.
Unabhängig von einer EU-Mitgliedschaft bleiben wir alle Bürger Europas.

LVU-Präsident Dr. Gerhard F. Braun: Ungehinderten Austritt verhindern

Die Entscheidung des britischen Unterhauses ist katastrophal für Europa, Deutschland und vor allem Großbritannien. Das Votum von zwei Dritteln der Abgeordneten zeugt von Verantwortungslosigkeit, von Zukunftsvergessenheit und von Geschichtsvergessenheit.

Die Parlamentarier haben ihrem Land einen Bärendienst erwiesen. Die Unsicherheit hält nun weiter an. Wie ein Damoklesschwert schwebt die Gefahr eines ungeordneten und damit chaotischen Brexit über dem Land.

Unter einem ungeordneten Austritt würde auch die Exportnation Deutschland leiden, ebenso Rheinland-Pfalz: Großbritannien steht an vierter Stelle der rheinland-pfälzischen Exportmärkte. Die Unternehmen des Landes exportieren jährlich Güter im Wert von rund 3,5 Milliarden Euro ins Königreich.

Wir appellieren daher dringend an die Politik in Großbritannien, Deutschland und der Europäischen Union, einen ungeordneten Austritt zu verhindern.

Gleichzeitig sollte das Trauerspiel in und um Großbritannien all jenen bei uns Mahnung sein, die Gedankenspiele über einen „Dexit“ betreiben.

IHK Pfalz: Harter Brexit: Folgen für die rheinland-pfälzische Wirtschaft schwerwiegend

„Wir bedauern die Entscheidung des britischen Unterhauses und betrachten die wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Region mit großer Sorge „, sagt Volker Scherer, Sprecher International der IHK-Arbeitsgemeinschaft Rheinland-Pfalz.

„Der mögliche ungeordnete Austritt Großbritanniens kann zu drastischen Änderungen für deutsche Unternehmen führen. So werden ab dem Austrittstermin 29. März 2019 Zollverfahren im Warenverkehr wahrscheinlich wieder eingeführt und gegenseitige Zölle erhoben.“

Der weitere Verlauf des Verfahrens hängt im Wesentlichen vom Ausgang des Misstrauensantrags gegen Theresa May heute Abend im britischen Unterhaus ab.

Um die Unternehmen dabei zu unterstützen, sich auf den künftigen Handel mit Großbritannien vorzubereiten, bieten die rheinland-pfälzischen IHKs demnächst Informationsveranstaltungen mit den zuständigen Hauptzollämtern an.

6,5 Prozent der rheinland-pfälzischen Exporte gehen nach Großbritannien. Damit belegt das Land die vierte Stelle in der Rangfolge der Exportmärkte. (red)

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Ein Kommentar auf "Rheinland-Pfalz: Statements zur britischen Brexit-Entscheidung"

  1. GGGGGGKKKKKEEEE sagt:

    So, kommen nun auch noch die Orstvorsteher von Rinnthal und Hofstätten zum schrecklichen Brexit zu Wort?

    Der Weltuntergang muss halt beschworen werden …