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Leserbrief: Verdichtete Bebauung des Germersheimer Werft-Geländes

22. Dezember 2018 | Kategorie: Kreis Germersheim, Leserbriefe und Kommentare, Politik regional

Altes Werftgelände am Rhein.
Foto: Manfred Anker

In seiner letzten Sitzung für 2018 hat der Germersheimer Stadtrat unter anderem auch den Bebauungsplan Nr. 62 für das Gelände der „Alten Werft“ beschlossen. Dieser neue Bebauungsplan ist auf die Vorstellungen des Investors A-RT Rheinpark GmbH zugeschnitten.

Das Baugebiet wird als Mischgebiet ausgewiesen und sieht eine verdichtete Bebauung mit acht 5-stöckigen Wohngebäuden vor, in denen bis zu 300 Wohnungen errichtet werden sollen. Weiterhin sind ein Hotel und ein Verwaltungsgebäude mit jeweils sieben Stockwerken geplant.

Vor der Abstimmung darüber wurde ein Plädoyer für die Zustimmung zu diesem Bebauungsplan gehalten. Hierbei wurde Bezug auf die gelungene Bebauung des ehemaligen Hafenbeckens der Stadt Speyer genommen und der Vergleich der beiden Bebauungen suggeriert.

Dieser Vergleich ist aber nicht haltbar. Die Bebauung in Speyer ist gelungen. Keine Frage. Völlig inakzeptabel ist aber ein Vergleich der dortigen Hafenbebauung mit der geplanten Werftbebauung in Germersheim.

Die Speyerer Hafenstraße wurde im vorderen Teil (Haus-Nr. 1a-e und 2-16) ebenfalls mit 5-geschossigen und im hinteren Teil (Haus-Nr. 18-34) mit 4-geschossigen Wohngebäuden bebaut. In allen Gebäuden ist jedoch die Erdgeschossetage als Garagenbebauung ausgeführt, sodass nur die oberen 3 bzw. 4 Etagen als Wohnraum dienen.

Die 5-geschossigen Gebäuden enthalten 7 und zum Teil 8 Wohnungen, die 4-geschossigen alle nur 5 Wohnungen. Aufgrund der Größe der Gebäude und der Anzahl der Wohnungen ist klar, dass hier familiengerechte und geräumige 3- bis 4- Zimmer-Wohnungen oder größere errichtet wurden.

In den 22 Gebäuden der Speyerer Hafenstraße wurden insgesamt 142 Wohnungen gebaut; im Mittel etwas weniger als 7 Wohnungen pro Gebäude.

Nun führe man sich die geplante Germersheimer Bebauung vor Augen: Hier sollen bis zu 300 Wohnungen realisiert werden. Wenn man, aufgrund der Parksituation auf dem Baugebiet, von „nur“ 250-280 Wohnungen ausgeht, bedeutet das aber trotzdem bis zu 35 Wohnungen pro Gebäude oder bis zu 7 Wohnungen pro Etage. Dies lässt sich nur realisieren, wenn der Schwerpunkt auf Kleinraumwohnungen, also auf 1- und 2-Zimmer Apartments, gelegt wird. Dies ist auch nicht verwunderlich, da Kleinraumwohnungen sowohl im Verkauf also auch in der Vermietung einen höheren Ertrag pro qm erbringen. Die Beweggründe des Investors sind nachvollziehbar.

Es bleibt die Frage, ob das auch im Interesse der Stadt ist. Liegen der Stadt aktuelle Bedarfszahlen der benötigten Wohnungen und deren Größe in Germersheim vor?

Eine derartige Erhebung sollte die Basis für eine solche weitreichende Entscheidung zur Stadtentwicklung sein, um entsprechend agieren und Einfluss nehmen zu können, wenn man schon nicht selbst baut. Die Errichtung von familiengerechten und bezahlbaren Wohnraum sollte immer ein wichtiger Punkt einer städtischen Wachstumspolitik sein. Die Nachfrage danach ist nicht nur in Germersheim groß.

Natürlich gibt es einen Trend zu Singlehaushalten. Dieser basiert aber auch auf vielen Haushalten alleinstehender Senioren, deren Wohnungen dann auch barrierefrei auszuführen sind. Aufgrund rückläufiger Studentenzahlen hat Germersheim derzeit eigentlich genug Kleinraumwohnungen.

Mit dem neuen Baugebiet sollte ein städtebaulicher Akzent gesetzt werden, der eine weitere positive Entwicklung auch des angrenzenden Geländes ermöglicht. Es bleibt zu wünschen, dass die Verantwortlichen aus den Baufehlern der Vergangenheit gelernt haben. Wir brauchen kein weiteres Wohngebiet mit einem sozialen Brennpunkteffekt.“

Gerald Seibel, Germersheim, Mitglied der SPD

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