Landau: 13 neue Stolpersteine erinnern an ehemalige Landauer Schüler

6. Februar 2020 | Kategorie: Landau, Regional

Gedenken und Stolpersteinverlegung vor der Maria Ward-Schule…
Fotos (auch Galerie): Rolf H. Epple

Landau. „75 Jahre und zehn Tage ist es her, seitdem sowjetische Truppen das Konzentrationslager Auschwitz befreit haben. Den Soldaten bot sich ein kaum zu ertragender Blick in eine Hölle, gemacht von Menschenhand“, so Bürgermeister Dr. Max Ingenthron bei seiner Ansprache an die Schüler der Maria-Ward-Schule und des Otto-Hahn-Gymnasiums (OHG) wo seit 6. Februar 13 neue Stolpersteine daran erinnern.

Die Befreiung des KZ Auschwitz war aber längst noch nicht das Ende des Leidens und Sterbens. Viele ließen ihr Leben auf den Todesmärschen und erst am 5. Mai 1945, drei Tage vor der bedingungslosen Kapitulation, wurde das Konzentrationslager Mauthausen befreit.

Rund 1000 Konzentrations- und Nebenlager sowie sieben Vernichtungslager bildeten eine der Säulen der Mordmaschinerie der Nationalsozialisten. Rund zwei Drittel der ca. sechs Millionen ermordeten Menschen jüdischen Glaubens wurden in diesen Lagern umgebracht.

Unter ihnen war auch Annemarie Joseph, 1918 geboren und Schülerin hier des damaligen Instituts der Englischen Fräulein, der heutigen Maria-Ward-Schule betonte Ingenthron. Sie wurde in Auschwitz ermordet, wie rund 1,1 Millionen andere Menschen auch.

….und vor dem OHG.
Fotos: Rolf H. Epple

„Dem Terror und Krieg, dem Vernichtungs- und Rassenwahn der Nazis fielen insgesamt rund 60 Millionen Menschen zum Opfer. 1933-1945 – die zwölf furchtbaren Jahre der NS-Diktatur. Jahre, die nicht ohne deren Vorgeschichte zu verstehen sind. Wie es zu dieser Entartung menschlicher Zivilisation kommen konnte. Mit brutaler und nimmermüder Energie säten die Nazis über Jahre Hass und Intoleranz, Verrohung und Gewalt. Sie grenzten aus, machten Nachbarn zu Fremden, Menschen zu Feinden. Sie schossen die Demokratie und ihr Wertefundament aus allen Rohren sturmreif“, erzählt der Bürgermeister sehr eindringlich.

All das habe sich auch in Landau abgespielt. „Der Nationalsozialismus war auch Teil unserer Stadt und im Alltag gegenwärtig. Nicht mehr Teil unserer Stadt und nicht mehr im Alltag gegenwärtig sollten die rund 600 Bürger jüdischen Glaubens sein“, so Ingenthron.

Ebenso wie Sinti und Roma. Ebenso wie all jene, die die Nazis zu ihren Gegnern zählten. Die ihnen politisch, in den Kirchen oder wo auch immer im Wege standen. Vor allem aber jene, die rassisch minderwertig oder nutzlos im Sinne ihrer mörderischen Ideologie waren. Gerade die Angehörigen der jüdischen Glaubensgemeinschaft wurden immer weiter aus der Mitte der Gesellschaft an den Rand gedrängt. Schritt für Schritt, ganz systematisch. Sie wurden gedemütigt, verfolgt, vertrieben, eingekerkert, ermordet.

„Sie sahen sich damals als integraler und integrierter Teil der Gesellschaft und als nichts Anderes, wollten ein Leben führen wie Sie und Ihr und ich, wie wir alle“, so Ingenthron.

Weiter sagte er: „Wenn wir heute weitere 13 Stolpersteine verlegen, dann in dem Wissen, dass es wieder Menschen gibt, die Hass sähen, mit Worten und Taten ein Leben in Frieden und Freiheit torpedieren und attackieren. Die nicht vor Attentaten auf Synagogen und Morden zurückschrecken. Ob in der Anonymität des Netzes oder mitten auf den Straßen und Plätzen auch in Landau: Rechtsextremismus und Rechtsradikalismus – das ist ein permanenter Appell an das Schlechte und Dumpfe, an die niederen Instinkte im Menschen.“

OHG-Schulleiter Andreas Doll legt eine Rose zum Gedenken nieder.
Foto: Rolf H. Epple

Und um zu sehen, wohin das führen könne, reiche es, den Kopf zu senken. „Das muss uns ein Weckruf und Warnsignal sein. Schauen wir auf die Stolpersteine: Unsere persönliche Freiheit, die Freiheit in unserer Gesellschaft, unser aller Zukunft hängt davon ab, wie sehr wir uns selbst engagieren. Für Demokratie und Pluralität, gegen Niedertracht und Kleingeist. Wir sind und wir müssen die Mitte der Gesellschaft bleiben. Und in der Mitte der Gesellschaft darf nichts Anderes als die Demokratie Platz haben. Eine Aufgabe, ja eine Verpflichtung, die die Menschen zu jeder Zeit aufs Neue fordert.“

Deshalb richtete sich der Bürgermeister am Schluss seiner Rede vor allem an die Schüler. „Ihr seid es, die in diese Aufgabe hineinwachst und das Staffelholz der Verantwortung übernehmen müsst. Es ist Eure Demokratie, Eure Freiheit, Eure Zukunft – wir zählen auf Euch! Möge Euch und uns allen das Schicksal derjenigen Mädchen sowie den Jungen am heutigen OHG, für die wir heute Stolpersteine verlegen, Mahnung und Motivation zugleich sein.“

Herzlich bedankte sich Ingenthron bei Gunter Demnig. Er war es, der dieses herausragende Projekt vor 24 Jahren initiiert hat. Im vergangenen Jahr hat er die Schwelle von 75.000 verlegten Stolpersteinen erreicht – und führt es mit nicht nachlassender Energie fort.

Von den 13 Stolpersteinen wurden 10 Stück am OHG verlegt, die durch den traditionellen OHG-Lauf finanziert wurden. Drei der Stolpersteine an der Maria-Ward-Schule. Damit wurde den Schülern erinnert und ihnen symbolisch ihren Platz in Landau wiedergeben. Die Aktion fand schon zum 14. Mal in Landau statt und am Endes des Tages wurde damit bereits für 267 der früheren Landauer Mitbürger mit einem Boden-Mahnmal gedacht. (rhe)

Bildergalerie Maria Ward Schule (5) und OHG (9) von Rolf H. Epple

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