Bad Dürkheim. Ehrenamtliches Engagement trifft Kunst: Zum ersten Mal hat am Sonntag, 12. März, die Verleihung des Bürgerpreises der Kreisstiftung Bad Dürkheim gemeinsam mit einer Vernissage stattgefunden. Projekte aus Lambrecht, Neuleininingen und Ungestein wurden geehrt und Cemile Memili eröffnete ihre Ausstellung „Momente eines Lebens“.
„Alle Projekte, Vereine, Arbeiten, die vorgeschlagen wurden, verdienen unseren höchsten Respekt und unsere Achtung. Der Stiftungsvorstand würdigt ausdrücklich die vielfältigen Aktivitäten der Vereine aber auch der vorgeschlagenen Einzelpersonen, die sich besonders um das Ehrenamt verdient machen“, sagte Landrat Ihlenfeld anlässlich der Verleihung Bürgerpreises 2016.
„Die Vielfalt und die Kreativität in unserem Landkreis sind bemerkenswert. Wir verleihen den Bürgerpreis zum neunten Mal und sind in jedem Jahr von den unterschiedlichen Vorschlägen überrascht und begeistert.“
Auch in diesem Jahr musste sich der Stiftungsvorstand, der aus dem Kreisvorstand und je einem Vertreter der Kreistagsfraktionen besteht, für drei Preisträger entscheiden. „Wir haben uns für Vorschläge aus verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen entschieden, die alle eine Facette unserer gemeinsamen Verantwortung für Menschen und Natur abbilden.
In diesem Jahr haben wir aber auch unser Augenmerk auf die Vorschläge von einzelnen Personen gelegt, deren persönliches Engagement für die Gemeinschaft über viele Jahre eine Bereicherung für die Gemeinden darstellen und die Vorbild sind für alle Bürger, die für ihr Gemeinwesen einstehen und sich aktiv einbringen.“
Erster Platz: Ungsteiner Vereine für Engagement „Römisches Weingut Weilberg“
Für die Mitglieder der Ungsteiner Vereine (siehe Foto ganz oben. Zu nennen sind die Trachtengruppe, die Liedertafel, Bauern- und Winzerschaft, der Turnverein, Ungstein 21, die evangelische Kirchengemeinde und die Museumsgesellschaft Bad Dürkheim, sowie mehrere Traditionsgruppen zur römischen Geschichte) und die vielen nicht in Vereinen gebundenen unermüdlichen Helfer bei der Einrichtung des Freilichtmuseums „Römisches Weingut Weilberg“ wurde stellvertretend an Dr. Fritz Schumann vom Arbeitskreis der erste Preis verliehen.
1981 wurde bei Flurbereinigungsarbeiten in Ungstein ein römisches Weingut freigelegt. Die an der Flurbereinigung beteiligten Winzer stellen Teile des Geländes kostenlos zur Verfügung. Seit 1983 richtet der Arbeitskreis römisches Weingut Weilberg das „Weinfest an der Römerkelter“ auf dem Gelände des Freilichtmuseums aus.
Die Einnahmen haben bisher zur Anschubfinanzierung, für Untersuchungen und wissenschaftliche Darstellungen beigetragen. Insgesamt haben die vielen Helferinnen und Helfer der Vereine und viele andere Ungsteiner Bürgerinnen und Bürger, die nicht in Vereinen gebunden sind, seit dieser Zeit rund 30.000 Arbeitsstunden für die Vorbereitung und Durchführung des Festes unentgeltlich aufgebracht. Als Lohn wurde dem Fest 2007 der Titel „Schönstes Weinfest an der Weinstraße“ verliehen.
Jährlich besuchen etwa 60.000 Personen einzeln oder in Gruppen die historische Anlage. „Das Weingut ist ein touristischer und geschichtlicher Anziehungspunkt im Landkreis, der in vielen Veröffentlichungen zur Geschichte der Pfalz vorgestellt wird. Auf diese Entwicklung sind wir zu Recht stolz und vergeben gerne den ersten Preis an dieses gelungene bürgerschaftliche Engagement, der mit 3000 Euro dotiert ist“, so der Landrat. Der Vorschlag kam von Fritz Schumann und Walter Wolf, Ortsvorsteher von Ungstein.
Zweiter Platz: Bernhard Freyland und Lothar Müller – Neuleiningen
Für ihr langjähriges und unermüdliches Engagement für Neuleiningen und die Region wurden Bernhard Freyland und Lothar Müller mit dem zweiten Preis geehrt. Erstmals wurden damit Einzelpersonen mit dem Bürgerpreis ausgezeichnet. Der Vorschlag kam von Barbara Knopp vom Heimat- und Kulturverein Neuleiningen, vom Neuleininger Ortsbürgermeister Franz Adam und dem Verbandsbürgermeister Reinhold Niederhöfer.
Bernhard Freyland war Initiator und einer der engagiertesten Helfer beim Umbau des Burgturmes der Neuleininger Burg zu einem kleinen Burgmuseum. Das Museum verfügt zwischenzeitlich über viele Exponate und Darstellungen des Lebensablaufes einer mittelalterlichen Burg. Freyland war in seiner Heimatgemeinde immer zur Stelle für Reparaturen jeder Art. Er hat vielen Besucherinnen und Besuchern in anschaulicher Weise die Geschichte des Ortes vermittelt. Seine aktive Tätigkeit im Verein geht zurück bis in das Jahr 1960.
Seit mehr als 40 Jahren ist die Entwicklung von Neuleiningen und dem Heimat- und Kulturverein auch verbunden mit dem Namen Lothar Müller. Er hat sich außerordentlich engagiert für die Sanierung des alten Hauses Kirchengasse 6 im historischen Ortskern und die Umwandlung in das „Museum an der Münze“.
Die Organisation von unterschiedlichsten Veranstaltungen, die alle darauf abzielen, das dörfliche Brauchtum zu pflegen, gehört zu seiner Lebensaufgabe (Winterverbrennung, Weihnachtsmarkt, Kerwe, und darüber hinaus auch Organisation der Proben und Aufführungen der örtlichen Laienspielgruppe, sowie das jährliche Konzert des Heimat- und Kulturvereins).
In Zusammenarbeit mit Bernhard Freyland im Heimatmuseum war unter Federführung von Lothar Müller die Konzeption der Ausstellung im Burgturm entstanden. Auch Sonderausstellungen wurden von ihm initiiert und mitgestaltet. Führungen durch Burg und Dorf gehören ebenso zu den Steckenpferden der beiden Preisträger.
„Beide Persönlichkeiten haben sich so vielfältig und unermüdlich für ihre Gemeinde eingesetzt, dass hier im Rahmen dieser Bürgerpreisverleihung nicht alle einzelnen Aktivitäten aufgezählt werden können“, sagte Ihlenfeld. Als Anerkennung für ihre Lebenswerke und ihr Wirken für ihre Heimatgemeinde werden Freyland und Müller gemeinsam mit dem zweiten Preis und 2000 Euro geehrt.
Dritter Platz: Pflege von Wiesen und Streuobstwiesen in Lambrecht
Der dritte Platz ging an eine Projektgruppe aus Lambrecht, die alte Wiesen pflegt und neuanlegt und sich um Streuobstwiesen kümmert. „Ein Projekt, bei dem eine kleine Gruppe sehr viel für die Natur in ihrer unmittelbaren Umgebung getan hat und das zeigt, dass man sehr viel erreichen kann, wenn man einen Missstand erkennt und gemeinsam anpackt“, so Ihlenfeld.
Anfang Oktober 1997 begannen Wolfgang Mildner und Andreas Kuntz mit den ersten Arbeiten in Lambrecht auf bis dahin nicht genutzten und wilden Wiesen. Bis 2004 wurden circa 1,5 Hektar Land freigeräumt und freigeschnitten.
Samstags waren immer zwei bis 15 freiwillige Helfer dabei Bäume zu fällen, und die Wiesen mit Obstbäumen zu bestücken. Über 100 Obstbäume konnten zum Großteil mit Baumpatenschaften angepflanzt und finanziert werden.
Mittlerweile umfasst das Gebiet rund neun Hektar. Teilweise stehen in den Flächen noch alte Obstbäume, die gepflegt und erhalten werden. Auch für die Tiere setzt sich die Gruppe ein: Trockenmauern wurden angelegt und bieten seltenen Tierarten Schutz. Der dritte Platz und wird mit 1000 Euro honoriert. Vorgeschlagen hatte die Gruppe Kreistagsmitglied Pia Werner.
„Momente eines Lebens“
Zum ersten Mal erfolgte die Verleihung des Bürgerpreises gemeinsam mit einer Vernissage: Cemile Memili zeigt noch bis 28. April im Foyer des Kreishauses ihre Ausstellung „Momente eines Lebens.“ Ihr Engagement passt zu den Idealen des Bürgerpreises, wie Ihlenfeld ausführte.
Sie engagiert sich für Menschen, die wie sie ihren Weg in Deutschland finden wollen: In der alevitischen Gemeinde Neustadt/Edenkoben, als Mitglied im Verein „Neustadt gegen Fremdenhass“ und in der Flüchtlingshilfe, besonders für Frauen.
Cemile Memili kam mit neun Jahren nach Deutschland. Das Pendeln zwischen drei Kulturen – der arabischen, türkischen und deutschen – prägt ihr Leben und ihre Kunst. Ihre Eindrücke und Erfahrungen malt die Neustadterin in den Farben des Orients: Bilder, die wie flüchtige Schnappschüsse, mal traurig, mal fröhlich, den Betrachter an den Momenten eines Lebens teilhaben lassen und ihn einladen, die Welt durch andere Augen zu sehen.
„Ich musste früh erwachsen werden und habe meine Erlebnisse und Sehnsüchte schon immer verarbeitet, indem ich geschrieben und gemalt habe“, sagt Memili. „Die Bilder sind wie Schnappschüsse aus meinem Leben.“ Seit 15 Jahren malt sie intensiv, doch bisher hatte sie nur eine kleine Ausstellung in Karlsruhe. „Mein Traum ist es, einmal ein Buch über das Leben meiner Familie zu schreiben. Aber die Malerei ist für mich auch fast wie ein Buch, ich drücke mich damit aus.“
Ihr Leben sei schöner geworden, seit sie in Deutschland lebt, sagt Memili. „Ich habe hier Offenheit erfahren, Freiheit, Gerechtigkeit. Ich habe gelernt, keine Angst zu haben und frei meine Meinung zu äußern.“ Anderen möchte sie ebenso helfen, in Deutschland eine Heimat zu finden. „Das Engagement von Frau Memili ist beachtlich und ganz im Sinne unserer Kreisstiftung.
Und natürlich sind Ihre Bilder etwas ganz Besonderes und bringen quasi ‚den Frühling‘ in unser Foyer“, so Ihlenfeld.
Stefan Werdelis stellte in seiner Laudatio Cemile Memili und ihre Kunst vor. Er beschrieb ihre Bilder als „Landschaften unserer Träume“ – Künstler seien diejenigen, die diese Bilder der Nacht tageslichtfähig machten und sie uns vor Augen führten. Memilis Bilder laden ein zum Verweilen. „Sie zeigen eine Melange der Gefühle, Heimweh und Melancholie“, sagte Werdelis. „Es sind bewahrte Kindheitserinnerungen, ein unverbildeter Blick auf die Vergangenheit.“
Für Musik sorgten Kenan Tülek und Heiko Duffner als „Duo Divan“ mit orientalischen Klängen auf Saz und Gitarre.
Hintergrund: Die Stiftung des Landkreises Bad Dürkheim
Die im Jahr 2004 gegründete Stiftung des Landkreises Bad Dürkheim für Kultur, Soziales, Umwelt, Bildung, Unterricht und Erziehung hat in den letzten Jahren viele Projekte im Landkreis finanziell unterstützt. Das Vermögen der Stiftung beträgt aktuell rund 3,66 Millionen Euro.
Das Hauptaugenmerk bei der Ausschüttung der Stiftungsmittel liegt dabei überwiegend auf Projekten von und für Kinder- und Jugendliche und die Partnerschaftspflege der Schulen mit den Partnern in Polen, Saale-Holzland-Kreis und Starnberg. Ein sehr reger Austausch der Schulen im Landkreis mit den Partnern in Polen und Starnberg wird von der Stiftung mitfinanziert.
Aber auch Heimatpflege, Förderung von Vereinen und Vereinigungen sind Bestandteile der Unterstützungsarbeit der Stiftung.
Die Stiftung hat seit ihrer Gründung rund 570.000 Euro ausgeschüttet. Dabei waren sowohl kleine Förderbeträge von 100 Euro aber auch Unterstützung für größere Anschaffungen von bis zu 20.000 Euro. Jede Unterstützung, die die Stiftung leisten kann, kommt den Vereinen, den Institutionen und damit den Einwohnerinnen und Einwohnern des Landkreises zu Gute.
Seit 2008 verleiht die Stiftung den Bürgerpreis des Landkreises. „Wir möchten damit ehrenamtliches Handeln im Landkreis selbst, aber auch mit Wirken über die Grenzen des Kreises hinaus, herausstellen“, so der Landrat. Mitbürgerinnen und Mitbürger, die gemeinsame Ideen entwickeln und diese in eigener Verantwortung umsetzen, die sich zum Wohle der Allgemeinheit einsetzen, sollen durch die Verleihung des Bürgerpreises in ihrem ehrenamtlichen Handeln bestärkt werden und auch einen Dank der Gemeinschaft erfahren. Für den Bürgerpreis 2016 wurden 20 Vorschläge eingereicht.
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