Kinderwunsch: 40 Jahre Reproduktionsmedizin in Deutschland

17. Juni 2022 | Kategorie: Familie, Gesundheit, Ratgeber

Quelle: pixabay.com

1982 – vor 40 Jahren – kam Deutschlands erstes Retortenbaby zur Welt, vier Jahre nach dem weltweit ersten Retortenbaby aus Großbritannien.

Damals handelte es sich um eine Sensation, heute gilt die künstliche Befruchtung als Selbstverständlichkeit. Seit der Geburt des ersten Babys, das im Reagenzglas gezeugt wurde, hat die Reproduktionsmedizin riesige Fortschritte gemacht.

Drei Prozent aller Kinder sind Retortenbabys

Vor 40 Jahren sorgte das erste deutsche Retortenbaby noch für Schlagzeilen und löste heftige Diskussionen rund um die ethischen Aspekte von Kinderwunschbehandlungen aus. Mittlerweile kommen ungefähr drei Prozent aller Kinder infolge einer Fruchtbarkeitsbehandlung zur Welt. Dieser Wandel ist in erster Linie durch die gesellschaftlichen Veränderungen der letzten Jahrzehnte bedingt. Immer mehr Frauen schieben es auf, ein Kind zu bekommen.

Aktuell liegt das Durchschnittsalter erstgebärender Mütter bei 30 Jahren. Das höhere Alter der Erstgebärenden ist einer der Gründe dafür, dass Fruchtbarkeitsbehandlungen immer häufiger in Anspruch genommen werden. Auch haben sich die traditionellen Rollenbilder stark verändert. Viele Frauen sind bewusst alleinerziehend, andere leben in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung. Doch auch viele Paare haben mit Fruchtbarkeitsproblemen zu kämpfen. Laut WHO liegt eine ungewollte Kinderlosigkeit vor, wenn trotz ungeschütztem Geschlechtsverkehr nach 12 Monaten keine Schwangerschaft eintritt. Rund zehn Prozent aller Paare gelten als unfruchtbar. Viele Paare entscheiden sich viel zu spät für eine Behandlung, was die Erfolgsaussichten auf eine Schwangerschaft deutlich schmälert.

Unfruchtbarkeit: Woran kann es liegen?

Wir werden älter, bleiben jedoch nicht länger fruchtbar. Gleichzeitig hat es sich die Sexualmedizin zur Aufgabe gemacht, Menschen in erster Linie über existierende Verhütungsmethoden zu informieren. Dies hat zur Folge, dass viele Paare sehr wenig über gängige Kinderwunschbehandlungen wissen. Nur bei den wenigsten bleibt die Ursache für ihre Unfruchtbarkeit unbekannt. Bei Frauen sind hauptsächlich Veränderungen an den Eileitern und Endometriose für den unerfüllten Kinderwunsch verantwortlich, bei Männern hingegen liegt es an der beschränkten Anzahl und Beweglichkeit der Spermien.

Quelle: freepic

Welche Behandlungen gibt es?

Neben der hormonellen Stimulation und der Insemination gibt es mittlerweile weitere gängige Therapiemethoden, die bei einem Kinderwunsch zum Einsatz kommen.

Insemination

Unter der Insemination versteht man eine künstliche Besamung. Bei dieser Methode wird der Samen des Mannes in den Genitaltrakt der Frau übertragen. Kommt das Sperma des männlichen Partners zum Einsatz, spricht man von einer homologen Insemination. Im Fall einer Samenübertragung von Spendersamen ist von einer heterologen Insemination die Rede. Die Insemination kann zu Hause von der Frau selbstständig durchgeführt werden. Wichtig ist, dass die Besamung zum richtigen Zeitpunkt stattfindet – zwei bis fünf Tage vor dem Eisprung ist ideal.

Hormonelle Stimulation

Bei dieser Methode nimmt die Frau Hormonpräparate ein, um die Reifung der Eizellen anzuregen. Sobald die Eibläschen groß und reif genug sind, wird der Eisprung mittels weiterer Hormone ausgelöst. Bei ungeschütztem Verkehr kann dann eine Schwangerschaft eintreten.

In-Vitro-Fertilisation (IVF)

Eizellen und Spermien werden in einem Reagenzglas zusammengebracht, wo eine Befruchtung stattfindet. Anschließend reifen die befruchteten Eizellen mehrere Tage lang im Brutschrank heran. Diese sogenannten Blastozysten werden dann in die Gebärmutter übertragen, wobei es maximal drei sein dürfen.

Intracytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI)

Bei der Intrazytoplasmatischen Spermieninjektion ICSI handelt es sich um eine besondere Art der In-Vitro-Fertilisation. Eine männliche Samenzelle wird direkt in die Eizelle gespritzt, was eine gescheiterte Befruchtung so gut wie ausschließt. Die ICSI-Methode wird kritisiert, da sie die Entwicklung von Embryonen mit Erbkrankheiten nicht verhindert.

Social Freezing (Kryokonservierung)

Wenn eine Frau zwar vorhat, Mutter zu werden, der richtige Zeitpunkt dafür jedoch noch nicht absehbar ist, kann sie ihre Eizellen einfrieren lassen. Die Eierstöcke werden stimuliert, damit Eizellen entnommen werden können. Diese werden in flüssigen Stickstoff mit einer Temperatur von -196 °C getaucht. Die Eizellen können mehrere Jahrzehnte lang gelagert werden.

Was kostet eine Kinderwunschbehandlung?

Die Kosten variieren stark und sind von der Art der Methode abhängig. Eine Insemination kostet rund 200 Euro, bei einer hormonellen Behandlung muss man mit 1.000 Euro rechnen. In Deutschland werden drei ICSI-Versuche von der Krankenkasse zu 50 % bezuschusst. Allerdings können nur verheiratete Paare von diesem Angebot profitieren. Für Selbstzahler belaufen sich die Kosten einer ICSI-Behandlung auf 3.000 bis 10.000 Euro.

 

 

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