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Keine Panik vor Trump: Auto-Branche boomt mit starkem Export und Investitionen in Forschung und Entwicklung

23. Januar 2017 | Kategorie: Wirtschaft
Die deutsche Autoindustrier boomt. Hersteller von Karosserien konnten 2015 insgesamt 10,4 Milliarden Euro umsetzen – ohne Zulieferer hätte das nicht geklappt. Bildquelle: fotolia.com©Rainer Plendl (CC0 1.0).

Die deutsche Autoindustrier boomt. Hersteller von Karosserien konnten 2015 insgesamt 10,4 Milliarden Euro umsetzen – ohne Zulieferer hätte das nicht geklappt.
Bildquelle: fotolia.com©Rainer Plendl (CC0 1.0).

Der neue US-Präsident wirbelt die deutsche Auto-Branche auf: „Sie können Autos für die USA bauen, aber sie werden für jedes Auto, das in die USA kommt, 35 Prozent Steuern zahlen“, drohte  Donald Trump  im Interview mit der BILD-Zeitung.

Er wendete sich damit konkret gegen Deutschland und seine Autobauer. Die deutsche Automobilindustrie hat aber allen Grund, gelassen zu reagieren. Warum? Weil sie seit Jahren den Wandel der Zeit richtig erkennt und deshalb auf dem Weltmarkt eine starke Position hat.

Diese bewahrt sie mit permanenten Produktverbesserungen und Entwicklungen neuer Technologien. Und das betrifft nicht nur Autohersteller, sondern auch die Automotivbranche.

Die sogenannte Automotivbranche ist der Motor der deutschen Mobilindustrie. Sie füttert die Automobilindustrie mit Zulieferteilen, -produkten oder –dienstleistungen. Über 60 Prozent des Produktionswerts eines Autos liegt bei den Zulieferern: Lenkrad, Tacho, Airbag, Fensterheber, Klimaanlage, Katalysatoren, aber auch Werkzeugequipment, etwa zur Herstellung von Karosserien, sind nur einige der Teile, die die Autohersteller sich liefern und produzieren lassen.

Gerät dieser Zweig ins Stottern, hat das Auswirkungen auf die exportstarke deutsche Autowirtschaft. Das betrifft aber auch den Haupt-Importeur Deutschlands, die USA: Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) warnte, die USA würden sich „ziemlich umgucken“, wenn Donald Trump auch die Zulieferteile mit Strafzoll belege.

USA sind Hauptexporteur

Die Zahlen sprechen da für sich: Nach dem Statistischen Bundesamt (Destatis) – die aktuellsten Daten wurden im März 2016 veröffentlicht – sind die Vereinigten Staaten grundsätzlich Deutschlands wichtigster Handelspartner. Beide Länder handelten 2015 insgesamt Waren im Wert von 173,2 Milliarden Euro. Damit fiel Frankreich in der deutschen Export-Rangliste auf Platz zwei zurück – nach mehr als einem halben Jahrhundert als wichtigsten Kunden der deutschen Wirtschaft.

Die deutschen Exporte nach Amerika hatten sich sogar 2015 um knapp 20 Milliarden Euro auf 113,9 Milliarden Euro erhöht. Die Folge: Die höchsten Exportüberschüsse wies Deutschland im Jahr 2015 mit den Vereinigten Staaten (54,6 Milliarden Euro) aus. Im Vergleich dazu: Vereinigtes Königreich (51,0 Milliarden Euro) und Frankreich (36,0 Milliarden Euro).

Autos „Made in Germany“ in den USA beliebt

Die US-Amerikaner kauften vor allem viel mehr Autos und KfZ-Teile mit dem Label „Made in Germany“ als umgekehrt: Denn Kraftwagen und Kraftwagenteile waren mit 34 Milliarden Euro – vom Gesamtvolumen von 173,2 Milliarden Euro – das wichtigste Exportgut, gefolgt von Maschinen mit 17,7 Milliarden Euro und Pharmaprodukten mit 13,4 Milliarden.

Die Verkäufe in den USA „legten um 6 Prozent zu und übertrafen mit einem Volumen von knapp 17,4 Millionen Fahrzeugen das bisherige Rekordniveau aus dem Jahr 2000“, fasst der Verband der Automobilindustrie (VDA) in seinem Jahresbericht 2016 zusammen. Darüber hinaus sind die USA für die deutsche Automobilindustrie der zweitgrößte internationale Produktionsstandort.

Auch Automotivbranche boomt

Laut dem VDA machten Unternehmen, die KfZ-Teile und Zubehör herstellen, in 2015 einen Gesamtumsatz von 75,8 Milliarden Euro und übertrafen ihre Erlöse das Vorjahresniveau um gut 3 Prozent.

„Mit inländischen Kunden setzten die Hersteller von Teilen und Zubehör für Kraftwagen 46,9 Milliarden Euro um (+2 Prozent). Der Auslandsumsatz legte um gut 5 Prozent auf 28,9 Milliarden Euro zu. Damit stiegen die Exporterlöse in drei aufeinanderfolgenden Jahren stärker als der Inlandsumsatz“, bilanziert der VDA. Auch die Beschäftigungsquote habe sich um zwei Prozent gegenüber dem Jahr 2014 erhöht.

Die guten Wirtschaftsdaten zeigen sich nach dem Statista-Automobil-Branchenreport 2016 genauer in den Subbranchen: Bei einem Gesamtumsatz von 404,8 Milliarden Euro in 2015 machte die Herstellung von Kraftwagen und Motoren den größten Umsatz von 318,6 Milliarden Euro und im Vergleich zu 2014 eine Umsatzsteigerung von 12 Prozent. Die Hersteller von sonstigen Teilen und Zubehör für Autos erwirtschafteten 67,5 Milliarden Euro und ein Plus von drei Prozent.

Die Herstellung von Motoren macht über drei Viertel des Gesamtumsatzes der Auto-Branche aus. Bildquelle: fotolia.com©Rainer Plendl (CC0 1.0).

Die Herstellung von Motoren macht über drei Viertel des Gesamtumsatzes der Auto-Branche aus.
Bildquelle: fotolia.com©Rainer Plendl (CC0 1.0).

Produzenten elektrischer Ausrüstung für Kraftwagen machten ebenfalls ein Plus von drei Prozent mit einem Gesamtumsatz von 8,3 Milliarden Euro. Das Karosserien-, Aufbauten- und Anhänger-Segment konnte 10,4 Milliarden Euro umsetzen mit einem Plus von sechs Prozent.

Woran liegt dieser Erfolg? An den seit 2010 kontinuierlich gestiegen Forschungs-, Entwicklungs- und Innovationsausgaben in der gesamten deutschen Autobranche.

Gestiegene Innovationsausgaben

Nach dem VDA steigerte die Automobil- und Automotivbranche 2014 die Aufwendungen für Forschung und Entwicklung auf 34,3 Milliarden Euro – ein Zuwachs von acht Prozent gegenüber dem Vorjahr. Damit wurde ein Drittel der weltweiten Forschungs- und Entwicklungsinvestitionen in der Automobilbranche durch deutsche Unternehmen getätigt.

Der Forschungs- und Entwicklungs-Standort Deutschland habe dabei eine besondere Bedeutung als Denkfabrik, betont der VDA: „Die inländischen Forschungs- und Entwicklungs-Aufwendungen stiegen 2014 besonders stark – um gut 14 Prozent“, heißt es. Davon entfielen etwa zwei Drittel auf die Fahrzeughersteller und ein Drittel auf die Zulieferer.

Da knapp ein Drittel der gesamtwirtschaftlichen internen Forschungs- und Entwicklungs-Aufwendungen auf die Hersteller von Kraftwagen und Kraftwagenteilen entfällt, und der Automobilbau mit zehn Prozent die Branche mit der höchsten Innovationsintensität ist, sind Innovations-Anstrengungen der Automobilindustrie für den kompletten Technologiestandort Deutschland insgesamt von herausragender Bedeutung.

Seit 2010 steigen die Forschungs- und Entwicklungs-Aufwendungen kontinuierlich. Bildquelle: pixabay.com©PublicDomainPictures (CC0 1.0).

Seit 2010 steigen die Forschungs- und Entwicklungs-Aufwendungen kontinuierlich.
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VDA-Präsident weiterhin optimistisch

Der Präsident des VDA, Matthias Wissmann, hob lobend hervor, dass der Innovationskurs unvermindert weitergeführt würde. Die Themen Digitalisierung, Emissions-Reduzierung – trotz VW-Abgas-Skandal, Elektro-Mobilität, Vernetztes und Automatisiertes Fahren stünden in de Forschungs- und Entwicklungsprioritätenliste der deutschen Mobilindustrie weiterhin ganz weit oben, um Absatz, Umsatz, Produktion, Export und Beschäftigung zu steigern.

Auch deshalb sieht er Trumps Pläne weniger kritisch als andere Autohersteller. Die deutsche Autoindustrie gehe davon aus, dass sich die neue US-Regierung auch das Ziel setze, den industriellen Sektor in den USA zu stärken, analysierte der Autolobbyist im Handelsblatt.

„Dazu gehören auch die Standorte der deutschen Hersteller und Zulieferer mit ihren vielen Beschäftigten“, sagte Wissmann. Die Automobilindustrie sei „in beiden Ländern der industrielle Kern mit hoher Innovationskraft“.

In der Wirtschaftspolitik Trumps sieht Wissmann kurzfristig gute Chancen für die Automobilindustrie: „Wenn Trump seine angekündigten Infrastrukturprogramme und Steuererleichterungen umsetzt, wird das zumindest kurzfristig eine positive Wirkung auf die Binnenkonjunktur entfalten und damit auch auf die Nachfrage nach neuen Autos“, sagte er.

Und weiter: „Mit dem Aufbau von Zöllen oder anderen Handelsbarrieren würden sich die USA langfristig ins eigene Fleisch schneiden“, kommentiert Wissmann Trumps abenteuerliche Strafzollpolitik und nimmt die Worte des neuen Präsidenten einerseits ernst. Andererseits müsse sich erst noch zeigen, „ob und wie diese Ankündigungen von der US-Administration umgesetzt werden“.

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