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Berlin – In Berlin sind am Sonntag Zehntausende Menschen zusammengekommen, um gegen die gemeinsamen Abstimmungen der Union mit der AfD im Bundestag zu demonstrieren.
Unter dem Motto „Aufstand der Anständigen – Demo für die Brandmauer“ begann die unter anderem von Campact organisierte Großdemo am Nachmittag mit einer Auftaktkundgebung auf der Reichstagswiese. Dort waren auch mehrere SPD-Spitzenpolitiker dabei. Auf Plakaten waren vor allem Sprüche zu lesen, die gegen CDU-Chef Friedrich Merz gerichtet waren – unter anderem „Fritz, hör auf Mutti“, „Das ist wohl ein schlechter Merz“ oder „Kein Merz im Februar“.
Als Redner traten unter anderem der aus der CDU ausgetretene Publizist Michel Friedmann und die Klimaaktivistin Luisa Neubauer auf. „Wir stehen hier, weil wir gegen Rassismus und Antisemitismus sind“, sagte Friedmann. Die Union habe bei der gemeinsamen Abstimmung in der Migrationspolitik einen „unentschuldbaren Fehler“ begangen. Man dürfe es sich aber nicht zu leicht machen, indem man sich auf die CDU stürze. Es sei die AfD, die das Land vor sich hertreibe.
Musikalisch traten unter anderem Nina Chuba und die Sängerin Mine auf. Von der Reichstagswiese zogen die Protestler nach der Auftaktkundgebung weiter zum Konrad-Adenauer-Haus. Die Veranstalter rechneten im Vorfeld mit etwa 20.000 Teilnehmern, später war von mehr als 80.000 Menschen die Rede. Die Polizei war nach eigenen Angaben mit etwa 500 Einsatzkräften vor Ort.
Zur Begründung für die Demo hieß es von den Veranstaltern, dass Unions-Kanzlerkandidat Merz „gemeinsame Sache mit der AfD“ mache. Die Merz-Union habe einen „gewaltigen Tabubruch“ begangen. Gemeinsam wolle man vor der CDU-Zentrale eine „unumstößliche Brandmauer gegen Rechtsextremismus, Hass und Menschenfeindlichkeit“ setzen, so der Aufruf. (dts Nachrichtenagentur)
Meinungskommentar
Dass Zehntausende Menschen auf die Straße gehen, ist Ausdruck einer lebendigen Demokratie. Wer sich gegen Extremismus in jedweder Form positioniert, setzt ein wichtiges Zeichen.
Kritisch zu sehen ist jedoch, dass allein die Tatsache, dass die AfD in einer Abstimmung ebenfalls zustimmt, eine Revolte auslöst. Wenn es um inhaltlich sinnvolle Gesetzesvorhaben geht, sollte die Debatte sich um deren Inhalt drehen – nicht darum, wer zustimmt oder ablehnt.
Die reflexhafte Empörung aus dem linken und grünen Spektrum zeigt, wie sehr politisches Lagerdenken die Sachpolitik überlagert. Wenn eine Partei aus Prinzip eine bestimmte Entscheidung ablehnt oder trifft, nur weil die AfD ebenso votiert, entsteht keine lösungsorientierte Politik. Diese Blockadehaltung führt zu einem Stillstand, der das Land auf Dauer unregierbar macht. Demokratische Parteien müssen in erster Linie für ihre eigenen Positionen einstehen, statt sich nur über Abgrenzung zu definieren.
Besonders deutlich zeigt sich das am Thema Migration: Laut aktuellen Umfragen wollen rund zwei Drittel der Deutschen eine Begrenzung der Zuwanderung. Doch anstatt pragmatische Lösungen zu ermöglichen, verhindert erneut eine empörte Minderheit lautstark jede Debatte darüber. Politik darf sich nicht von ideologischen Reflexen treiben lassen, sondern muss Lösungen für die Herausforderungen des Landes finden.
Die Redaktion

