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Sprengsätze in der Westpfalz: Polizei ermittelt weiter – Suizid mit Insulin

15. März 2019 | Kategorie: Regional, Südwestpfalz und Westpfalz, Westpfalz

Pen zum Spritzen von Insulin.
Foto: Pfalz-Express

Die Staatsanwaltschaft Kaiserslautern und das Polizeipräsidium Westpfalz haben am Freitag im Zentrum der Justiz in Kaiserslautern eine Pressekonferenz zum Fall Bernhard G. abgehalten.

Der Leiter der Staatsanwaltschaft Kaiserslautern, Dr. Udo Gehring, betonte, dass die Ermittlungen im Fall G. noch nicht abgeschlossen sind. „Die Taten sind überaus gefährlich und heimtückisch. Wir konnten und können nicht sicher sein, alle Taten entdeckt zu haben.“

Die Staatsanwaltschaft berichtete über die strafrechtliche Vergangenheit Gs. „Unter der Prämisse, dass G. die bisher bekannten Sprengfallen gelegt hat, sind seine Motive und seine Vorgeschichte interessant, weil sie Rückschlüsse auf eventuell noch unentdeckte Sprengfallen ermöglichen könnten“, so Gehring.

Diverse Vorstrafen

Die Sonderkommission beleuchtete daher intensiv die privaten und geschäftlichen Kontakte sowie zurückliegende Ermittlungsverfahren gegen G.. Beispielsweise wurde G. 1989 vor dem Landgericht Kaiserslautern wegen schwerer Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Er hatte 1985 mit einem Hammer auf einen Mann eingeschlagen.

Das Amtsgericht Kaiserslautern verurteilte den Landschaftsgärtner 2011 zudem wegen des Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz zu einer Geldstrafe, weil er unerlaubt Böllerschüsse mit einem Vorderlader und Treibladungspulver abgab. Außerdem besaß er ohne Genehmigung Schwarzpulver, das damals beschlagnahmt wurde.

Mit einer US-Amerikanerin aus Fischbach (Kreis Kaiserslautern) stritt sich G. geschäftlich wegen eines Rechnungsbetrags von etwas weniger als 3.000 Euro. Eine Geschädigte aus Otterberg stritt sich in einem zivilrechtlichen Verfahren ebenfalls über eine Rechnung, die ihr der Landschaftsgärtner 2018 stellte.

Zum Grund des Streits zwischen G. und dem getöteten Arzt machte die Staatsanwaltschaft keine Angaben, „da der Schutz der Privatsphäre hier Vorrang hat“, so Gehring. G. soll aber Bekannten gegenüber geäußert haben, er werde den Arzt „platt machen“.

Suizid mit Insulin

Oberstaatsanwalt Christian Schröder stellte das vorläufige Obduktionsergebnis Gs. vor. Demnach ergaben sich keinerlei Hinweise auf eine gewaltsame Fremdeinwirkung. Die bisherigen Ergebnisse der toxikologischen Untersuchungen und der sonstigen Ermittlungen lassen den Schluss zu, dass sich G. mit einer Überdosis Insulin selbst das Leben genommen und sich die Insulinspritzen selbst verabreicht hat. Die toxikologischen Untersuchungen sind noch nicht vollständig abgeschlossen.

Arzt mit Handgranate getötet

Zum Tod des Arztes erläuterte Schröder, dass der 64-Jährige vermutliche durch eine Handgranate ums Leben kam. Die derzeitigen Untersuchungsergebnisse legen den Verdacht nahe, dass die Granate in einem Behälter aus Holz deponiert gewesen sein könnte und beim Anheben oder Öffnen detonierte.

Waffen und Munition gefunden

Die Ermittler fanden im Wohnanwesen von G. Waffenteile, Munition, Kupferhülsen, 60 Stahlkugeln und zwei Kilogramm Schwarzpulver. Außerdem beschlagnahmten sie eine Standbohrmaschine, mit der G. die zu Sprengvorrichtungen präparierten Holzscheite hergestellt haben dürfte.

Warnung an die Bevölkerung

Hohe Priorität legte die Polizei auf die Warnung der Bevölkerung. „Wir können nach wie vor nicht ausschließen, dass G. weitere Sprengfallen bei Menschen deponiert haben könnte, die mit ihm Streit hatten“, so Kriminaldirektor Heiner Schmolzi. „Wir haben aber durch unsere Maßnahmen die Wahrscheinlichkeit weiterer Schäden wesentlich reduziert und einen Schadenseintritt konkret verhindert.“

Schmolzi erklärte, dass die Gefahr hauptsächlich für Menschen, die mit G. einen privaten oder geschäftlichen Konflikt hatten, besteht, sich dieser Personenkreis aber nicht sicher bestimmen ließ. Daher entschloss sich die Polizei zu dem ungewöhnlichen Schritt, den vollständigen Namen des Tatverdächtigen zu nennen und die Medien um Unterstützung bei der Suche nach möglichen gefährdeten Personen zu bitten.

Viele Zeugen melden sich

Der Leiter der Sonderkommission, Kriminaldirektor Frank Gautsche, erklärte, dass die Polizei bislang 169 Hinweisen nachgeht. Rund 120 Zeugen hatten sich unter einer extra eingerichteten Telefonnummer bei der Sonderkommission gemeldet.

„Aufgrund der Hinweise erkannten wir 109 Personen, die mit G. in einer konfliktträchtigen Beziehung standen und als potenziell gefährdet anzusehen sind. Mittlerweile konnten wir mit allen Personen in Kontakt treten und deren Wohnungen und Anwesen überprüfen. So konnten wir beispielsweise ein manipuliertes Holzscheit in Fischbach (Kreis Kaiserslautern) finden und kontrolliert zur Sprengung bringen“, erklärte Gautsche.

Es wurden auch einzelne Objekte in Hessen, Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein überprüft. Rund 30 Mal kamen dabei Sprengstoffspürhunde zum Einsatz. Das Bundeskriminalamt (BKA) unterstütze die Ermittler mit einem mobilen Röntgengerät, das 19 Mal eingesetzt wurde.

Aktuell werden beim BKA und beim Landeskriminalamt Rheinland-Pfalz noch Spuren untersucht. Hinweise auf weitere Sprengvorrichtungen haben sich derzeit nicht ergeben, stellte Gautsche fest. Weitere Funde kann er für die Zukunft nicht ausschließen. „Wir sind noch nicht am Ende unserer Ermittlungen“, betonte der Kriminaldirektor. (pol/red)

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