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Gedenkstein für im Krieg abgestürzte englische und australische Flieger gesetzt: Hoher Besuch des Verteidigungsministeriums

19. Oktober 2016 | Kategorie: Neustadt a.d. Weinstraße und Speyer, Regional
Der Gedenkstein soll an die abgestürzten englischen und australischen Offiziere erinnern. Fotos: ig heimatforschung

Der Gedenkstein soll an die abgestürzten englischen und australischen Offiziere erinnern.
Fotos: ig heimatforschung

Speyer. Im September 2015 haben Eric Wieman und Peter Berkel von der IG Heimatforschung Rheinland-Pfalz die vergessene Absturzstelle des australischen Lancaster Bombers DV174 der No. 460 Squadron Royal Australian Air Force im Speyerer Wald gefunden.

Mittlerweile wurde das nächste Ziel erreicht. Nachdem die Beiden bereits zwei Familien in Australien (Morrison und Cumming-Familie) und eine Familie in England (Fam. Davis) ausfindig gemacht haben, wurde am 1. Oktober der Gedenkstein feierlich enthüllt.

Nachdem Oberbürgermeister Eger, Pfarrer Dr. Mohr vom Bistum Speyer, Pfarrer Kronenberg von der evangelischen Kirche Speyer, das GDKE (Generaldirektion Kulturelles Erbe)/Denkmalbehörde Amt Speyer und eine Vier-Mann-Bundeswehrabordnung unter Oberstabsarzt Dr. Graf bereits für den 1. Oktober zugesagt hatten, wandte sich Wieman an das australische Verteidigungsministerium, um über das Vorhaben, den Stein am 1. Oktober zu enthüllen, zu sprechen.

„Es kam sofort eine positive Resonanz. Mein Ansprechpartner vom Verteidigungsministerium und Verteter der Australian High Commission in London setzte sich sofort mit der Australischen Botschaft in Berlin in Verbindung.

Vertreterin der australischen Luftwaffe sagt ihr Kommen zu

Der für Deutschland in Frage kommende australische Stabsoffizier hatte aber am 1. Oktober bereits Termine. Daraufhin teilte mir das Verteidigungsministerium in England spontan mit, dass Wing Commander Elsley, als Vertetung der Australischen Luftwaffe und Australischen High Commission aus London einfliegen werde,“ so Wieman.

Dies bedeutete eine hohe Ehre, denn Wing Commander Elsey agiert in Regierungskreisen, auf höchster Ebene.

„Als sie mich dann kontaktierte und wir uns abstimmten, konnte das Ganze anrollen“, berichtet Wieman.

In der Woche vor der Einweihung wurde das Gelände um den Stein gemäht, weitere Vorbereitungen getroffen, Hinweisschilder für Straße (Ausschilderung Meeting-Point) und Wald (für evtl. Nachzügler) fertiggestellt, und teilweise schon einen Tag vorher aufgebaut.

Aber eine Sache konnte man nicht beeinflussen: Das Wetter. Das Wetter sollte laut Vorhersage leider nicht gut werden. Organisiert wurden zwei Pavillons sowie einen Trompeter, Jan Rudolph, der am Ende der Zeremonie den für die Commonwealthstaaten bei Gedenkfeiern üblichen „Last Post“ spielen würde.

„Den Last Post wollte ich unbedingt dabei haben. Ein letzter, musikalischer Gruß an die dort gestorbenen Soldaten“, so Wieman.

Besuch der Absturzstellen

Am Morgen des 1. Oktober ging es in aller Frühe los. Um 10 Uhr war Treffpunkt mit den Gästen auf dem in der Nähe der Absturzstelle befindlichen Waldparkplatz.

Als alle Würdenträger und geladenen Gäste, insgesamt ca. 30 Personen, eingetroffen und persönlich begrüßt worden waren, lief die Gruppe gemeinsam zur Absturzstelle.

Auf dem Weg dorthin wurde die Flugroute des Flugzeugs, die damals direkt über unseren Köpfen verlief, erläutert. Ca. 200 Meter vor der Absturzstelle wurde die ungefähre Stelle im Dickicht angedeutet, wo Sgt. Harris, lt. Polizeibericht von 1943, aus dem Flugzeug gesprungen war und aufgefunden wurde. Das Flugzeug flog aber schon zu tief und sein Fallschirm konnte sich nicht mehr richtig öffnen.

Dann passierte die Gruppe die Stelle, die heute noch durch eine Vertiefung im sandigen Weg erkennbar ist, an der Flight-Sgt. Morrison gestorben war.

Am Tag nach dem Absturz in 1943 wurde er dort, eingeklemmt im abgebrochenen Heck des Flugzeugs, auf dem Weg neben der Absturzstelle, gefunden. Die Stelle wurde mit einem kleinen Gedenkkreuz versehen.

Die endgültige Absturzstelle, an der der fast vollständig ausgebrannte Rumpf (das Flugzeug hatte ja noch Sprit für den Rückflug nach England an Bord), das Cockpit, die Flügel mit Motoren gelegen haben und die anderen fünf Besatzungsmitglieder bis zur Unkenntlichkeit verbrannt sind, wurde mit Fähnchen markiert.

Am Gedenkstein warteten schon zwei Soldaten der Bundeswehr, die links und rechts vom Gedenkstein angetreten waren.

Begrüßung, Erläuterungen und Reden

Wieman agierte als Moderator der Veranstaltung.

Nachdem alle Anwesenden begrüßt wurden, neben allen Würdenträgern von Stadt, Militär und GDKE/Denkmalbehörde auch mehrere Zeitzeugen, der Sponsor des Gedenksteins sowie geladene Gäste, erläuterte Peter Berkel (Mit-Gründer IG Heimatforschung RLP) Näheres zum Absturz und zur Forschung an der Absturzstelle.

Danach hielt der Speyerer Oberbürgermeister Eger eine eindringliche und einfühlsame Rede. Anschließend folgte ein Feldgottesdienst durch Pfarrer Dr. Mohr und Pfarrer Kronenberg. Der Stein wurde enthüllt und durch die Kirche geweiht.

Höhepunkt war die Rede des australischen Gastes aus London, Wing Commander Ruth Elsley, als Vertetung des australischen Verteidigungsministeriums, der australischen Luftwaffe sowie des höchsten australischen Organs in London, der Australian High Commission.

In ihrer Rede trug sie u.a. auch zwei Gedichte vor, die das Publikum sehr berührten.

Im Anschluß daran sprach der Oberstabsarzt der Deutschen Luftwaffe und Bundesverdienstkreuzträger, Dr. Ullrich Graf, als kommandierender Offizier der 4-Mann Bundeswehrabordnung, die aus Veteranen der Fernspäh-/Fallschirmjäger- und ABC-Truppe bestanden. Dabei stockte den meisten Anwesenden der Atem, so eindringlich und passend war seine Rede.

Kranzniederlegung und „Last Post“

Als nächstes folgte die Kranzniederlegung und der „Last Post“ , der „letzte Wachposten“, als letzten Gruß an die Verstorbenen.

Wieman las die Namen von allen der dort gestorbenen Besatzungsmitglieder vor. Sein Schlußwort „May they rest in peace“ (mögen sie in Frieden ruhen) war für den Trompeter das Signal, den „Last Post“ zu blasen. „Das war der ultimative Höhepunkt. Es war für alle sehr bewegend“, erinnert sich Wiemann.
Nach dem „Last Post“ war die offizielle Zeremonie vorbei, und es wurde die Möglichkeit geboten, die Absturzstelle zu besichtigen. Wieman erläuterte den Gästen anhand der Funde und Befunde die Position und Einzelheiten zu Flugzeug und Forschung.

Bei einem anschließenden gemütlichen Beisammensein gab es noch viele Gespräche.

Dankeschön aus England und Unterstützung versprochen

Mittlerweile sei schon eine Nachricht und ein großes Dankeschön aus England eingetroffen, erzählt Wieman. Wing Commander Elsley wolle zukünftig die Heimatforscher auf der Suche nach Nachfahren unterstützen.

Nachfahren besuchen Absturzstelle

„Die Nachfahren aus England und Australien konnten an diesem Tag leider nicht dabei sein. Aber die Familien haben sich für Dezember 2016 und für den Frühling 2017 angekündigt. Dann werden sie Speyer, den Friedhof, auf dem die Besatzung zuerst begraben wurde, die Absturzstelle und den Gedenkstein sowie den Friedhof in Rheinberg, auf dem die Überreste der Besatzung heute begraben liegen, besuchen“, so Wieman.

Gedenksteinlegung auch in Limburgerhof angedacht

Der Bürgermeister von Limburgerhof war am 1. Oktober ebenfalls mit seiner Frau bei der Zeremonie anwesend.

In Limburgerhof war nach einer erfolgreichen Sondierung mit Genehmigung des Denkmalamtes ebenfalls eine Absturzstelle, die eines Stirling Bombers der Royal Air Force, gefunden worden. Auch dort hat das Team bereits zwei Nachfahren/Familien erreicht.

2017 ist dort eine Gedenksteinlegung angedacht.

Wieman: „Denn wenn wir eine Absturzstelle gefunden haben, wollen wir alles daran setzen, das diese Stellen nie wieder in Vergessenheit geraten. Das ist unser Ziel. Und wir freuen uns sehr, das uns dort von allen Seiten so viel Unterstützung zu Teil wird“.

Geocache für alle Absturzstellen

Am Gedenkstein in Speyer, und an allen anderen Absturzstellen zukünftig auch, ist ein Geocache geplant.

Tina Wollenschneider, Mitglied der IG, wird mit den nötigen Informationen versorgt und daraus eine Aufgabe für Geocacher machen.

„Also neben der Auffindung der Stelle und dem Gedenkstein noch eine zusätzliche, aktive Maßnahme, die bewirkt, dass die Stelle präsent ist und bleibt. Denn nur wenn Verstorbene vergessen werden, sind sie wirklich tot“, so Wieman und Berkel. (red)

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